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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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die Gurte, der Behandlungstisch und die vielarmige Maschinerie darüber – anscheinend offen der Luft des Raumes ausgesetzt. Die Begrenzungen der Würfel wirkten so zufällig und sinnlos wie politische Landesgrenzen.
    Doch die Wände des Sitzungszimmers selbst schienen auf dieselbe unauffällige Art zu glänzen, wie Desjardins bemerkte. Der gesamte Raum war mit einer Isolationsmembran ausgesprüht worden.
    Patricia Rowan, die von hinten angestrahlt wurde, stand zwischen der Tür und den Modulen. »Ken. Schön, Sie wiederzusehen.«
    Lubin schloss die Tür. »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Dr. Desjardins hat Sie natürlich verraten. Aber das dürfte Sie wohl nicht weiter überraschen.« Ihre Kontaktlinsen flackerten von den leuchtenden Informationen, die darüber hinwegliefen. »Angesichts Ihres kleinen Problems gehe ich davon aus, dass Sie ihn selbst in die gewünschte Richtung gelenkt haben.«
    Lubin trat einen Schritt vor.
    »Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, Horatio«, sagte Rowan.
    Etwas an Lubins Haltung veränderte sich. Seine Muskeln verkrampften sich einen kurzen Moment lang kaum wahrnehmbar. Dann entspannte er sich wieder.
    Ein verbaler Auslöser , wurde Desjardins klar. In Lubins Hirnrinde war gerade irgendein Unterprogramm aktiviert worden. Innerhalb einer Sekunde hatten sich seine Absichten verändert …
    Mr. Lubins Verhalten wird von einem konditionierten Bedrohungsreaktions-Reflex bestimmt , fiel ihm wieder ein. Es ist unwahrscheinlich, dass er Sie als Gefahr betrachtet. Es sei denn …
    Oh, mein Gott. Desjardins schluckte. Sein Mund war plötzlich sehr trocken. Sie hat ihn nicht aktiviert, sondern deaktiviert …
    Und er hatte es auf mich abgesehen …
    »… wäre ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen«, sagte Rowan gerade. »Es gab ein paar Ausbrüche in Kalifornien, die nicht zu den Prognosen passten. Ich nehme an, Sie haben sich auf einer Insel vor Mendocino aufgehalten …?«
    Lubin nickte.
    »Wir mussten die ganze Insel niederbrennen«, fuhr die Firmenchefin fort. »Schade drum … es gibt nicht mehr sehr viele Orte, an denen noch echte Wildtiere leben. Eigentlich können wir es uns nicht leisten, noch mehr von ihnen zu verlieren. Dennoch. Sie haben uns keine andere Wahl gelassen.«
    »Moment mal«, sagte Desjardins. »Er ist infiziert ?«
    »Natürlich.«
    »Dann müsste ich eigentlich tot sein«, sagte Lubin. »Es sei denn, ich bin irgendwie immun dagegen …«
    »Das sind Sie nicht. Aber Sie sind sehr widerstandsfähig.«
    »Warum?«
    »Weil Sie nicht ganz menschlich sind, Ken. Das verschafft Ihnen einen gewissen Vorteil.«
    »Aber …« Desjardins hielt inne. Patricia Rowan wurde nicht von einer Isolationsmembran geschützt. Trotz der möglichen Vorsichtsmaßnahmen, die sie hätte treffen können, atmeten sie alle dieselbe Luft.
    » Sie sind immun«, beendete er den Satz.
    Sie neigte den Kopf. »Weil ich noch weniger menschlich bin als Ken.«
     
    Lubin schob versuchsweise die Hand durch die Oberfläche eines der Würfel. Die Seifenblasenmembran teilte sich und legte sich hauteng um seinen Unterarm. An der Stelle, wo sie seinen Arm umschloss, schillerte sie verräterisch, wurde jedoch vollkommen unsichtbar, wenn Lubin seine Hand still hielt. Er knurrte.
    »Je eher wir anfangen, desto schneller sind wir fertig«, sagte Rowan.
    Lubin trat durch die Membran. Einen Moment lang war die gesamte Oberfläche des Würfels von zuckenden, öligen Regenbogen bedeckt. Dann befand er sich im Innern des Würfels, und die Membran wurde wieder klar, nachdem sie sich hinter ihm geschlossen hatte.
    Rowan blickte Desjardins an. »Viele unserer Proteine – insbesondere die Enzyme – funktionieren in der Tiefsee nicht so gut. Angeblich werden sie von dem Druck in nicht optimale Formen gepresst.«
    Das sterile Feld wurde eingeschaltet, und Lubins Würfel verdunkelte sich leicht, als sei seine Oberfläche ein klein wenig dicker geworden. Natürlich stimmte das nicht. Die Membran war immer noch lediglich ein Molekül stark. Allerdings hatte sich ihre Oberflächenspannung erhöht. Lubin könnte jetzt sein gesamtes, nicht unbeträchtliches Körpergewicht gegen die Barriere werfen, und sie würde sich nicht öffnen. Sie würde nachgeben – sich dehnen und verzerren und durch den Schwung der Bewegung durch den halben Raum getragen werden wie eine Gummisocke mit einem Gewicht in der Spitze. Aber sie würde nicht zerreißen, und nach ein paar Sekunden würde sie sich zusammenziehen und wieder ihre

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