Malory
charmanten Nichtsnutz, als angebracht war; rasch jedoch
unterdrückte
sie
diese
mütterlichen
Gefühle
wieder und machte sich an ihre morgendliche Arbeit.
Das Gewächshaus, seit langer Zeit viel zu klein für die Fülle der Pflanzen, war nun endlich vor ein paar Jahren vergrößert und vom Haus weg verlegt worden. Es lag jetzt hinter den Ställen, ein riesiges rechteckiges Ge-bäude mit Glasdach, beinahe so lang wie das Haupthaus. Die beiden Längsseiten waren fast ganz verglast, und vor allem im Winter waren sie von der feuchten Luft, die innen herrschte, ständig beschlagen. Dutzende von Kohleöfen standen überall verteilt und brannten Tag und Nacht.
Derek zog sofort seine Jacke aus, als er das Gebäude betrat. Der schwere Duft von Blumen, Erde und Dünger war überwältigend. In diesem riesigen Gebäude, indem mindestens sechs Gärtner arbeiteten, seinen Vater auf-zuspüren, war eine schwierige Aufgabe.
Aber schließlich fand er die Rosenbeete – und Jason Malory, der sich gerade über einige kostbare weiße Rosen beugte, die er verpflanzt hatte. Ein Fremder hätte seine Schwierigkeiten gehabt, in ihm den Marquis of Haverston
zu
erkennen,
mit
seinen
aufgerollten
Hemdsärmeln, der Schmutzschicht bis zu den Ellenbo-gen, Schmutzflecken auf seinem Hemd – schon wieder ein weißes Tennishemd endgültig ruiniert –, und einem Schmutzstreifen auf seiner feuchten Stirn, der wohl daher rührte, daß er sich geistesabwesend mit dem Hand-rücken den Schweiß von der Stirn gewischt hatte.
Er war groß, blond und hatte grüne Augen, wie die meisten Malorys. Nur wenige von ihnen hatten die schwarzen Haare und kobaltblauen Augen von Dereks Urgroßmutter
geerbt.
Es
hieß,
Zigeunerblut
wäre
durch ihre Adern geflossen, allerdings hatten weder Jason noch seine Brüder das jemals bestätigt.
Jason war so in seine Arbeit versunken, daß Derek sich erst ein paarmal räuspern mußte, um auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Als sich der große Mann endlich umdrehte, hellte sich sein gutgeschnitte-nes Gesicht zu einem Lächeln auf, und er machte Anstalten, seinen Sohn zur Begrüßung zu umarmen.
Derek sprang zurück und hob in gespieltem Entsetzen abwehrend eine Hand. »Wenn es dir nichts ausmacht –
ich habe gerade gebadet.«
Jason blickte an sich hinunter und schmunzelte. »Gut pariert. Aber ich freue mich, dich zu sehen, mein Junge.
Du kommst nicht mehr allzu häufig.«
»Und du kommst nicht mehr so oft nach London«, entgegnete Derek.
»Das stimmt.«
Jason zuckte mit den Schultern und trat zur Wasser-pumpe,
um
seine
Arme
in
der
darunterstehenden
Wanne abzuwaschen. Die nächststehenden Blumen bekamen eine zusätzliche Dusche, als er seine Arme über ihnen ausschüttelte.
»Mich bringen nur noch Geschäfte – und Hochzeiten –
in diese überfüllte Stadt«, meinte Jason.
»Ich mag den Betrieb.«
Jason schnaubte. »Du redest wie jeder junge Kerl, dem es nur ums Amüsieren geht. In dieser Hinsicht kommst du nach meinen Brüdern James und Tony.«
Ein leichter Tadel steckte in dieser Bemerkung, allerdings nicht deutlich genug, um Derek zu beunruhigen.
»Die sind doch verheiratet«, erwiderte er mit gespieltem Entsetzen. »Bei Gott, ich hoffe, ich bin nicht in diese Falle geraten, ohne es zu merken.«
»Du weißt ganz gut, was ich gemeint habe«, brummte Jason, und sein Gesichtsausdruck wurde strenger.
Das Gute daran, der Sohn des strengen, ernsthaften Oberhaupts der Familie zu sein, war, daß man ohne Umwege,
ohne
Neckereien
und
Herumalbern
mit
ihm reden konnte. Derek hatte schon früh gelernt, daß sein Vater zwar immer sehr streng tat, aber eher bellte, als daß er biß, zumindest verhielt er sich Derek gegen-
über so.
Derek grinste unerschrocken. Schließlich wußte jeder, daß James und Anthony Malory die bekanntesten Le-bemänner in London gewesen waren und daß beide erst mit Mitte dreißig Ruhe gegeben hatten.
»Natürlich weiß ich das«, erwiderte er also immer noch grinsend. »Und wenn ich so alt bin wie meine Onkel, habe ich dich schon zweimal zum Großvater gemacht.
Aber bis dahin ist noch ein wenig Zeit, und inzwischen möchte ich lieber in ihre Fußstapfen treten – natürlich ohne die Skandale, für die sie bekannt waren.«
Jason seufzte. Er hatte das Thema angeschnitten, und Derek hatte es wie immer elegant umschifft. Deshalb wandte er sich dem eigentlichen Thema zu.
»Ich habe dich gestern schon erwartet.«
»Gestern war ich auf dem Weg nach
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