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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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drei Jahren, hatte Dieter die Wohnung umdekoriert.
Damals war sie mit teuren Kunstgegenständen und überteuertem Schnickschnack
überladen gewesen. Jetzt hatte er sich auf wenige gute Möbelstücke und ein
paar wirklich gute Gemälde konzentriert. Die Wände, damals in einer abstoßenden
Pfirsichfarbe gehalten, waren jetzt blendend weiß.
    »Du kannst einem wirklich auf den Wecker gehen«, sagte Dieter, als er
hereinkam.
    »Hör auf zu jammern und hol mir einen Kaffee«, gab Walter zurück. »Ich
brauche einen.«
    Was durchaus den Tatsachen entsprach, doch daß er Dieter
herumkommandierte, hatte einen anderen Grund: Er wollte ihn wieder daran
gewöhnen, dienstbar zu sein.
    Dieter begriff das sofort und erwiderte: »Ja, ich würde gern selbst
einen trinken. Ich hatte gerade die Kaffeemaschine angestellt.«
    Um mir zu zeigen, daß er zwar bereit ist, mir gefällig zu sein, daß
ich Servilität aber nicht erwarten darf, dachte Walter. Wir kämpfen unsere
Schlachten auf einem merkwürdigen Feld aus, dachte Walter.
    Dieter rief ihm aus der Küche in Erinnerung: »Ich habe lange nichts
mehr von dir gehört, Walter! Ich habe sogar gehört, daß du nicht mehr im
Geschäft bist!«
    »Was für ein Geschäft ist das, Dieter?«
    Dieter lachte und kam mit einem Silbertablett wieder, auf dem eine
kleine gläserne Kaffeekanne stand und zwei kleine Tassen.
    »Immer noch schwarz?« fragte er. »Immer noch.«
    Dieter goß zwei Tassen mit starkem Kaffee voll und sagte dann: »Man
vermißt dich in Hamburg, Walter. Der Mann, mit dem wir jetzt zu tun haben, ist
gut im Geschäft, aber grob.«
    »Aber er zahlt trotzdem noch in Dollar.«
    Dieter zeigte mit einer ausholenden Bewegung auf die Gemälde und
lächelte: »Ja.«
    Es war nützlich, Dieter daran zu erinnern, daß er letztlich nur ein
Zuhälter war. Ein zwar teurer Zuhälter, aber trotzdem ein Lude. In Walters
Zeit als der Große Skandinavische Lude und Tödliche Anwerber hatte er für seine
Fliegenfänger oft hochpreisige Köder aus Dieters Stall gekauft.
    »Wie waren deine Weihnachtseinkäufe?« fragte Walter.
    Dieter zuckte die Schultern. »Mittelmäßig.«
    Dieter brachte alljährlich für den amerikanischen Markt ein paar junge
Leute aus Deutschland herüber und kehrte mit ein paar frischen jungen
amerikanischen Cowboys nach Hamburg zurück.
    »Du hast schon immer den besten Kaffee gehabt«, sagte Walter.
    »Zabars.« Dieter zuckte die Schultern. »Juden.«
    »Ich brauche ein paar Informationen«, sagte Walter.
    »Alles, was du willst«, sagte Dieter. Er meinte alles, was bezahlt
oder gegen etwas anderes eingetauscht werden konnte.
    »Mir fällt gerade ein«, sagte Walter und verfiel wieder ins Deutsche,
»wie sehr ich in meinem eigenen Land ein Fremder bin.«
    »Ein Problem, das nur Amerikaner kennen«, gab Dieter zurück.
    Walter überhörte den Spott und sagte: »In Hamburg weiß ich, wie man an
jeden Fleischtopf herankommt, aber in New York bin ich praktisch ein Fremder.«
    »Trotzdem hast du den Weg hierher gefunden.«
    »Es ist ein vielbegangener Weg.«
    »Mehr als du ahnst.« Dieters Augen hellten sich auf.
    Walter erkannte die Herausforderung. Dieter hatte irgendeinen
mächtigen neuen Beschützer gefunden und wartete auf die Frage, wer es sei,
damit er Einwände erheben konnte. Walter ließ die Frage fallen.
    »Das Good Night...«, begann er.
    »Bedaure«, gab Dieter knapp zurück. »Da kann ich dir nicht helfen. Da
bin ich total PNG.“
    » PNG?«
    »Persona non grata.«
    »Kennst du einen Mann namens Michael Howard?« fragte Walter. »Nein.«
    »Auch unter dem Namen Howard Benson bekannt?“
    »Nein.«
    Walter gab eine Personenbeschreibung von Howard, ließ dabei aber jeden
Hinweis auf American Electronics aus.
    »Ich nehme nicht an, daß er ein Kunde von dir ist«, sagte Walter.
    Dieter fragte: »Für wen arbeitest du neuerdings, Walter?“
    »Oder ist er?«
    Dieter setzte ein charmantes Lächeln auf. »Würde ich es dir sagen,
wenn er es wäre?“
    »Ist dir der Ausdruck unerwünschter Ausländer bekannt?« fragte
Walter.
    »Ich habe eigene Verbindungen.«
    Da haben wir es wieder, dachte Walter. Schon wieder unentschieden.
    »Jedenfalls«, sagte Dieter, »ist es kein Thema. Ich kenne diesen Mann
nicht.«
    »Ich versuche, seinen Liebhaber zu finden.«
    »Er gehört nicht zu meinen Jungs.«
    »Ah, verstehe.«
    »Ich verkaufe meist an die alten Schwuchteln im Regent's Row«, sagte
Dieter.
    »Du bist selbst eine alte Schwuchtel, Dieter.«
    »Deshalb weiß ich, was sie

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