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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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spielten eine unirdische, aber das Blut in Wallung bringende Marschmusik. Die Trompeter ließen die großen karachala genannten Trompeten erschallen, die - recht gedolmetscht -»Höllenhörner« hießen. Die Trommler schlugen auf kesselgroße, fellbespannte Kupferpauken ein, die ihnen links und rechts am Sattel hingen; dabei vollbrachten sie wahre Wunder, wie sie die Schlegel wirbeln und heruntersausen ließen, die Arme in die Höhe rissen, kreuzten und wieder auseinandernahmen, während sie donnernd den Takt für das nachfolgende Heer angaben. Zymbalspieler ließen gewaltige Messingscheiben gegeneinanderprallen, wobei es jedesmal hell in der Sonne aufblitzte. Schellenbaumspieler ließen ihr Instrument ertönen -Metallröhrchen verschiedener Größe, die an einem leierförmigen Rahmen herunterhingen. Zwischen den lauteren und plärrenden Tönen konnte man auch die leiseren Klänge von Saiteninstrumenten wie Lauten mit absonderlich kurzem Hals vernehmen, die besonders für das Spiel hoch zu Roß geeignet waren.
    Die Musik rückte ab und ging allmählich in dem Geräusch von Tausenden von Hufen unter, die hinterhergeklappert kamen, in dem Quietschen der Wagenräder, dem Knarren und Ächzen von Rüstung und Zaumzeug. Endlich einmal sahen die Bho nicht mitleiderregend oder verachtenswert aus, sondern so stolz und zuchtvoll und entschlossen, als zögen sie wirklich in den Krieg, und zwar aus eigenem Willen. Die Reiter saßen kerzengerade aufgerichtet im Sattel und blickten geradeaus, ohne nach links oder rechts zu sehen. Nur als sie an dem den Vorbeimarsch abnehmenden Orlok Bayan und seinen sardars vorbeikamen, richteten sie die Augen auf ihn. Wie der Wang Ukuruji bemerkte, sahen die Lockvögel tatsächlich wie echte Mongolenkrieger aus. Man hatte sie bewegen können, mit langen mongolischen Steigbügeln zu reiten -was einen schnellreitenden Bogenschützen instand setzte, sich aufzustellen und besser mit seinen Pfeilen zu zielen -statt mit den kurzen, die Beine zusammenschiebenden, in Kniehöhe sitzenden Steigbügeln, wie die Bho und die Drok, die Han und die Yi sie vorzogen.
    Als das letzte Glied der letzten Kolonne sowie die aus echten Mongolen bestehende Nachhut flußabwärts verschwunden waren, blieb uns Zurückbleibenden nichts weiter übrig, als zu warten und beim Warten für etwaige adleräugige Späher den Anschein aufrechtzuerhalten, als wäre Ba-Tang eine ganz gewöhnliche, scheußliche Bho-Stadt, in der das gewöhnliche, scheußliche Leben der Bho seinen Gang nahm. Tagsüber belebten unsere Leute die Marktbereiche, und wenn es anfing dunkel zu werden, versammelten sie sich auf den Hausdächern, als wollten sie beten. Ob wir wirklich ausgespäht wurden, weiß ich nicht. Doch selbst wenn das geschah, hätte unsere List von den Yi weiter im Süden nicht durchschaut werden können, denn alles verlief nach Plan - bis zu einem gewissen Grade jedenfalls.
    Etwa eine Woche nach dem Abrücken kam einer der Mongolen von der Nachhut in gestrecktem Galopp zurückgeritten und berichtete, das Heer der Lockvögel sei nun ein gutes Stück nach Yun-nan hineingekommen und rücke immer noch weiter vor. Die Yi hätten sich offensichtlich irreführen lassen. Kundschafter, berichtete er, hätten die einzeln im Gebirge verteilten Schützen sich zu kleinen Gruppen zusammenfinden sehen; jetzt strömten sie zutal wie die kleinen Wasserläufe, die zusammenfließen und schließlich einen Fluß bilden. Wir warteten noch eine Weile, und nach ein paar weiteren Tagen kam wieder ein Reiter herangesprengt, um zu melden, die Yi sammelten sich unmißverständlich um das hintere Viertel unseres vermeintlichen Heeres herum - ja, er habe sogar einen weiten Bogen um sie herumschlagen müssen, um mit dieser Meldung für uns überhaupt aus Yun-nan herauszukommen.
    Daraufhin nun setzte sich der echte Heerbann in Marsch, und der muß nun -obwohl er so unauffällig wie möglich und selbstverständlich ohne Marschmusik vorrückte -wirklich ein überwältigender Anblick gewesen sein. Das gesamte halbe tuk kam einer elementaren Naturgewalt gleich aus dem Tal von Ba-Tang herausgeströmt. Die in to-mans von jeweils zehntausend Reitern aufgeteilten fünfzigtausend Krieger wurden je von einem sardar angeführt; die tomans wiederum waren in zehn unter dem Befehl von Obersten stehenden Tausendschaften aufgeteilt und diese wieder in Hundertschaften unter Hauptleuten -wobei zehn aus jeweils zehn Reitern gebildete Glieder hintereinander herritten -und die einzelnen

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