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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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nichts mit der Entscheidung. Eure Onkel, so höre ich, haben ein paar Handelsunternehmungen vor. Das wäre leichtere Arbeit, die noch dazu Gewinn bringt -und wahrscheinlich auch sicherer und weniger gefährlich als das, was ich von Euch erwarten könnte. Ich erlaube Euch daher, Euch zuvor mit Euren Onkeln zu beraten, wenn Ihr wollt.«
    »Vielen Dank, Sire. Doch wenn es mir nur um Sicherheit und Gefahrlosigkeit zu tun wäre, hätte ich Venedig nicht verlassen.«
    »Ah, ja. Recht gesprochen: Wer hoch klettert, muß viel zurücklassen.«
    Und Chingkim setzte hinzu: »Es heißt aber auch: Für einen Mann mit Mut gibt es keine Mauern, ihm tun sich überall nur Wege auf.«
    Ich nahm mir vor, meinen Vater bei Gelegenheit zu fragen, ob er hier in Kithai all die vielen Sprichwörter gelernt hatte, von denen er ständig überfloß.
    »Dann laßt mich folgendes sagen, junger Polo«, fuhr Kubilai fort. »Ich würde Euch nicht bitten herauszufinden, wie dieser Erdbebenapparat hier funktioniert -und das wäre wahrlich eine schwierige Aufgabe -, ich werde Euch um etwas weit Schwierigeres bitten. Ich wünsche, daß Ihr soviel wie möglich darüber in Erfahrung bringt, wie mein Hof und meine Regierung funktionieren; denn das ist alles viel verzwickter als das Innere dieses geheimnisvollen Apparats.«
    »Ich stehe zu Euren Diensten, Sire.«
    »Kommt hier an dieses Fenster.« Er führte mich hin. Gleich denen in meinen Gemächern bestand es nicht aus durchsichtigen Scheiben, sondern aus dem schimmernden und nur lichtdurchlässigen Moskowiter Glas, das in sehr verschlungenen Fassungen saß. Kubilai hakte es auf, stieß es auf und sagte: »Schaut!«
    Wir blickten hinab auf ein beträchtlich großes Gelände der Palastanlage, das ich noch nicht besucht hatte; denn hier wurde immer noch gebaut, und was man sah, waren nur Haufen von Mauersteinen, Pflastersteinen, Erdhügel, Arbeitsgerät, Gruppen schwitzender Sklaven und…
    »Amoredèi!« rief ich aus. »Was sind das für Riesentiere? Wieso wachsen ihnen so sonderbare Hörner?«
    »Törichter Ferenghi, das sind keine Hörner, sondern die Stoßzähne, die das Elfenbein liefern. Dieses Tier heißt in den südlichen Tropenländern, in denen es heimisch ist, gajah. Ein
    mongolisches Wort gibt es nicht dafür.«
    Chingkim nannte mir das Farsi-Wort -fil -und das kannte ich.
    »Elefanten!« sagte ich ehrfurchtsvoll leise. »Selbstverständlich! Ich habe doch ein Bild davon gesehen, aber das kann nicht besonders gut gewesen sein.«
    »Lassen wir die gajah einmal beiseite«, sagte Kubilai. »Seht Ihr, was sie auftürmen?«
    »Es sieht aus wie ein riesiger Haufen aus kara-Blöcken, Sire.«
    »Das ist es auch. Der Hofbaumeister legt dort draußen einen weitläufigen Park für mich an; auf meinen ausdrücklichen Wunsch kommt auch ein Berg hinein. Außerdem habe ich ihn angewiesen, viel Gras drauf zu pflanzen. Habt Ihr in meinen
    anderen Höfen irgendwo Gras gesehen?«
    »Ja, Sire.«
    »Und habt Ihr nichts Besonderes daran bemerkt?«
    »Ich fürchte, nein, Sire. Es sah genauso aus wie die
    Grasflächen, durch die wir gereist sind - Tausende von li lang.«
    »Und genau das ist das Besondere daran - daß es sich nicht um das Ziergras handelt, wie es im Garten gedeiht, sondern um einfaches, ganz gewöhnliches grünes Gras, wie es auf den Ebenen wächst, auf denen ich groß geworden bin.«
    »Es tut mir leid, Sire, doch wenn ich daraus irgendeine Lehre ziehen soll…«
    »Mein Vetter, der Ilkhan Kaidu, hat Euch gegenüber erklärt, ich wäre zu etwas unter den Mongolen Stehendem entartet und
    herabgekommen. In gewissem Sinne hat er sogar recht.«
    »Sire!«
    »In gewissem Sinne. Ich bin vom Roß herabgestiegen, um diese Reiche zu regieren. Und als ich das tat, habe ich viele Dinge von den kultivierten Han schätzengelernt und sie mir zu eigen gemacht. Ich bemühe mich, weniger ungehobelt zu sein und mich geschliffenerer Manieren zu befleißigen, weniger zu fordern, als vielmehr diplomatisch vorzugehen, mich mehr als geweihter Kaiser zu benehmen denn als Kriegsherr und Eroberer. In all diesen Dingen habe ich mich von dem Mongolen von Kaidus Art wegentwickelt. Nur lehne ich meine Ursprünge nicht ab und vergesse sie auch nicht -meine Zeit als Krieger und mein Mongolenblut. All das geht aus diesem Hügel hervor.«
    »Ich bedaure, Sire«, sagte ich, »aber ich verstehe dies Beispiel immer noch nicht.«
    Er sagte zu seinem Sohn: »Erkläre du ihm das, Chingkim!«
    »Versteht Ihr, Marco, dieser Hügel soll ein

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