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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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auf.
    »Eine russischsprechende Anwältin, Günther. Aus bestem Hause. Arbeitet für Fluchthafen, eine Hamburger Stiftung. Ein bißchen links angehaucht, aber nicht weiter tragisch. Gutmenschen eben. Unterstützen Asylbewerber und illegale Einwanderer, erstreiten ihnen eine Aufenthaltserlaubnis, helfen ihnen bei Anträgen. Et cetera pp.«
    Das pp. machte den abschätzigen Unterton erst perfekt.
    »Und Brue?«
    »Bankier. Brite. Wohnsitz in Hamburg.«
    »Bankier welcher Art?«
    »Privat. Für die Crème de la crème. Reeder. Große Tonnagen.«
    »Irgendeine Ahnung, was er da wollte?«
    »Ein absolutes Rätsel, Günther. Vielleicht können wir ihn das bald selber fragen – Dr. Kellers Zustimmung immer vorausgesetzt. Seine Bank hatte in Wien ein paar Probleme«, fügte er hinzu. »Scheint ein etwas zwielichtiger Charakter zu sein. Bist du bereit?«
    »Wofür?«
    Den Zeigefinger erhoben wie ein Impresario, bat Mohr um Ruhe, während er in einem Aktenkoffer kramte und einen braunen Umschlag zutage förderte, dem er einige ausgedruckte Seiten entnahm. Bachmann sah verstohlen zu Keller hinüber: keinerlei Regung. Erna Frey hatte ihre Mappe zugeklappt und sich zurückgelehnt, den Blick finster zu Boden gerichtet.
    »Liebesgrüße aus Moskau«, verkündete Mohr, während er die Seiten vor sich ausbreitete. »Frisch aus unserer Übersetzungsabteilung. Sie gestatten, Frau Frey?«
    »Ich gestatte, Herr Mohr.«
    Er begann zu lesen:
    »›2003 nahmen Organe des russischen Sicherheitsdienstes Ermittlungen gegen militante Banditen auf, die verdächtigt wurden, in der Region um Naltschik, die Hauptstadt der Russischen Republik Kabardino-Balkarien, grundlos bewaffnete Angriffe auf Ordnungskräfte durchgeführt zu haben‹«, intonierte Mohr mit bedeutungsschwerer Stimme. Er blickte in die Runde, um sich ihrer Aufmerksamkeit zu versichern.
    »›Als Anführer der kriminellen Gruppe, die sich durchweg aus dschihadistischen Dissidenten aus dem benachbarten Tschetschenien zusammensetzte, wurde ein gewisser Dombitow identifiziert, Vorsteher einer örtlichen Moschee und bekannt für die Verbreitung extrem radikalen Gedankenguts. Im Speicher von Dombitows Handy fanden sich Name und Telefonnummern – Pause – »›der Zielperson FELIX«‹ – vielsagende Betonung –, »zusammen mit den Namen und Telefonnummern anderer krimineller Mitglieder der Bande. Bei der Befragung gestand Dombitow, daß alle Namen auf seinem Handy den Mitgliedern einer militanten salafitischen Gruppierung gehörten, die sich der Verübung von Gewaltakten verschrieben hat, und zwar mit Hilfe von‹« – triumphierende Pause – »›selbstgebauten Sprengsätzen von minderer Qualität, aber hoher Effektivität.«‹
    Erna Frey hob leicht den Kopf. »Sie wurden gefoltert«, meldete sie mit betont sachlicher Stimme. »Wir haben mit Amnesty gesprochen. Wir sind uns nicht zu schade, auch frei zugängliche Quellen zu konsultieren, Herr Mohr. Laut Augenzeugenberichten, die Amnesty vorliegen, wurden sie geschlagen und mit Elektroden traktiert. Zuerst haben sie Dombitow gefoltert und danach alle, deren Namen er genannt hatte, also alle, die seine Moschee besucht haben. Gegen keinen einzigen lag auch nur der Hauch eines konkreten Beweises vor.«
    Mohr war sichtlich verärgert. »Sie kennen den Bericht schon, Frau Frey?«
    »Ja, Herr Mohr.«
    »Sie haben sich über meine Autorität hinweggesetzt und sich direkt an meine Übersetzer gewandt, Frau Frey?«
    »Unser Auswerter hat gestern nacht den russischen Polizeibericht heruntergeladen, Herr Mohr.«
    »Sie sprechen Russisch?«
    »Ja. Herr Bachmann ebenso.«
    Mohr hatte sich wieder gefangen. »Dann kennen Sie ja die Akte dieses FELIX.«
    Gereizt meldete sich Dr. Keller zu Wort. »Wollen Sie nicht einfach zu Ende lesen, bitte?«
    Mohr fuhr fort, und Bachmann tippte Erna Frey warnend mit dem Fuß an. Aber sie zog ihren Fuß weg, und er wußte, daß sie gar nicht daran dachte, sich zurückzuhalten.
    »›Die aufrührerischen Ansichten und terroristischen Aktivitäten des FELIX wurden von seinen Komplizen bestätigt, die ihn als einen schlechten Hirten beschriebene, las Mohr verbissen weiter. ›»Daraufhin wurde der Kriminelle FELIX für vierzehn Monate in ein Untersuchungsgefängnis verbracht, unter dem Vorwurf zweier Angriffe auf die Station der örtlichen Verkehrspolizei sowie der Aufwieglung seiner muslimischen Glaubensbrüder zu terroristischen Straftaten. Er bekannte sich in allen Anklagepunkten für schuldige«
    »Unter

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