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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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sich Alpha mit einer neuen Sache. Sie hatten ihre Zentrale in Labor 2, wo Katherines Ratten gehaust hatten, bevor sie in ein anderes Labor verlegt worden waren. Katherine war ihnen gefolgt. Vermutlich hatte man sie vor die Wahl gestellt, bei mir zu bleiben oder die Ratten zu begleiten. Immer wenn ich eintrat, glaubte ich, sie noch zu riechen – die Ratten, meine ich –, aber das konnte nicht sein, denn wir hatten die Räume durch Absaugen der Luft gereinigt.
    Alphas Beine hatten Ähnlichkeit mit meinem früheren Prototyp, waren aber höher, schlanker und aus Titan. Außerdem gab es weniger Isolierband und Gussformen aus Kohlenstoffpolymer. Ich fuhr langsam um sie herum, um einen Eindruck zu gewinnen. Fürs Erste hatte ich mir nichts Besonderes vorgenommen und wollte nur Passform und Gleichgewicht prüfen. Zum Gehen hingen zu viele Kabel herum. Es gab noch keine Nervenschnittstelle. Trotzdem, als mir meine Assistenten aus dem Stuhl halfen und mich in die Fassungen hoben, hämmerte mein Herz wie wild. Ich ging in Stellung. »Okay.«
    Jason hielt den Steuerkasten. Er schaltete den Strom ein. Nichts passierte. Aus den Beinen waberte Rauch. Laute Rufe. Hände packten mich und hievten mich heraus. Sie zerrten Feuerlöscher heran und besprühten die Beine mit Schaum. Als das Missgeschick bereinigt war, begannen wir wieder von vorn.
    Ich rief beim Empfang an, um mich mit einer Telefonauskunft verbinden zu lassen. »Wenn Sie eine Nummer wissen wollen, kann ich für Sie nachsehen«, erklärte die Dame. Ich lehnte ab. Nachdem sie mich durchgestellt hatte, fragte ich bei der automatischen Auskunft nach dem Krankenhaus. Sie bot mir eine direkte Verbindung an, und ich sagte Ja. Es klingelte. Im Krankenhaus wurde abgenommen. Ich öffnete schon den Mund, um nach Lola Shanks aus der Prothetik zu fragen, da machte es klick in der Leitung.
    Ich ließ den Hörer sinken und starrte ihn an. Schließlich legte ich ihn zurück auf die Gabel. Offenkundig war es sinnlos, es noch einmal beim Empfang zu probieren. Doch wenigstens hatte ich das Problem jetzt verstanden und konnte mich um eine Lösung bemühen.
    Zu dieser Zeit wurden mir viele Nadeln in den Körper gebohrt. Keine Spritzen, sondern hauchdünne Metallspäne mit eingelassenen Elektroden. Der Plan war, diese in meine verkürzten Oberschenkel einzuführen, damit sie die Signale aus meinem Gehirn lesen und sie in motorisierte Bewegung umsetzen konnten. Dafür stellten wir mit Leuten, die aus anderen Projekten zu uns versetzt wurden, ein neues Team zusammen. Zuerst hieß es Delta, doch das führte zu Verwirrungen, wenn jemand den Ausdruck delta-v, die Bezeichnung für eine Änderung der Geschwindigkeit, benutzte, was häufig vorkam. Deshalb benannte es sich in Omega um. Wir verwandelten ein Labor in ein Behandlungszimmer, und ich lag auf dem Tisch, während mir eine hochgewachsene Laborassistentin namens Mirka Nadeln in den Leib stach. Bei der ersten Sitzung war das qualvoll, doch danach nicht mehr so schlimm, nachdem wir festgestellt hatten, dass mich die Vorrichtung auch dann lesen konnte, wenn ich hackedicht war. Also pumpte ich mich mit Schmerzmitteln voll und ließ mein Bewusstsein davontreiben, während Mirka mit Metallspänen an mir herumhantierte, um den besten Empfang für die elektrische Sprache meines Gehirns zu bekommen.
    Meine Beine schmerzten ununterbrochen. Die Vermutung lag nahe, dass dies eine Nebenwirkung der täglichen Bearbeitung mit Nadeln war, aber es hatte schon vorher angefangen. Es war wie Phantomschmerzen. Ich wehrte mich gegen diese Auffassung, weil sie mir einfach zu blöd war. Physiologische Schmerzen konnte ich gelten lassen. Selbst neurologische Erscheinungen. Schließlich war die Neurologie die Wissenschaft von den Nerven. Es ging um nachweisbare chemische Reaktionen. Doch die Psychologie war eine Märchenwissenschaft. So ähnlich wie das Erklären von Vulkanausbrüchen mit Geschichten über zornige Götter, verstoßene Stiefsöhne, Rache und Verrat. An psychologische Schmerzen glaubte ich nicht.
    Aber ich brauchte Schlaf. Also nahm ich eines Abends ein Paar Beine mit in die Schlafkabine. Es waren frühe, leichtgewichtige Modelle, eigentlich nur Stangen, die wir als Prototypen benutzt und danach verworfen hatten. Ich stellte sie neben das Bett und knipste das Licht aus. Später, als mich das Kreischen meiner nicht existenten Muskeln weckte, zerrte ich die Beine herauf, schob die Schenkel in die Fassungen, packte die Füße und beugte diese primitiven

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