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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Plastikblöcke mit den Händen auf und ab. Die Idee dazu hatte ich aus einem Aufsatz über die Behandlung von Phantomschmerzen mit Spiegeln, die eine optische Täuschung auslösten und das Gehirn des Patienten davon überzeugten, dass die betroffene Extremität noch da war. Man sieht, warum ich das gesamte Fachgebiet mit Skepsis betrachtete. Dennoch spürte ich beim Beugen, wie sich nicht vorhandene Muskeln entspannten und Pseudoblut zu fließen begann. Energisch wackelte ich mit dem Plastik. Nur gut, dass mich niemand dabei beobachten konnte. Ein erleichtertes »Ahhh« drang aus meinem Mund.
    Endlich fingen die Beine von Alpha nicht mehr Feuer. Ich saß in ihnen und machte einen vorsichtigen Schritt. Sie bewegten sich geschmeidig, das Wimmern des Servoantriebs war fast unhörbar. Der Boden bekam keine Sprünge. Nichts knallte oder rauchte. Ich ging zur Wand. Es klappte nicht reibungslos, aber natürlich war mir die Ausrüstung noch fremd. Ich kehrte um und marschierte zurück zur Mitte. Als ich ein Bein hob, verlor ich nicht das Gleichgewicht und fiel auch nicht heraus. Ich beugte den Fuß. Er war gespalten. Im Grunde ähnelte er eher einem Huf. Ich senkte ihn und hob das andere Bein. Immer noch aufrecht. Als ich mich umsah, bemerkte ich viele glückliche Gesichter. Auch ich lächelte, denn wir hatten einen echten Fortschritt erzielt.
    Als Nächstes war die Nervenschnittstelle dran. Damit verbrachte ich mehr Zeit als mit allem anderen. Wenn ich eine Idee zu einer mechanischen Sache hatte, konnte ich normalerweise jemand anderen damit beauftragen. Aber das Lesen von Nerven war etwas Persönliches. Vergleichbar mit dem Herausfiltern von Regentropfen aus einem Gewitter, das nur ich sehen konnte. Ganze Tage lag ich in Labor 1 mit achtunddreißig Drähten, die von meinen Schenkeln baumelten und versuchten, meine Gedanken zu entziffern. Eine seltsame Art, sich selbst kennenzulernen. Wenn ich zum Beispiel daran dachte, mit dem großen Zeh zu wackeln, schnellten meine Wellen hinauf zu 42,912 Gigahertz. Doch das Gleiche passierte auch, wenn ich mir Countrymusik vorstellte. Ich hätte nie vermutet, dass hier eine Ähnlichkeit vorliegen könnte. Aber dann fiel mir ein, wie man mit den Zehen im Takt der Musik wippte. Wie auch immer, es war wichtig, dass man solche Dinge herausfand, bevor ich die Beine draußen trug und jemand plötzlich Kenny Rogers auflegte.
    Sobald wir eine grundlegende neurologische Topografie hatten, übte ich mit Software. Wir luden Drahtmodelle auf den Computer, und ich versuchte, sie mit dem Verstand zu steuern. Zuerst reagierten sie überhaupt nicht. Dann ruckten und zuckten sie und wollten sich in drei Richtungen zugleich bewegen. Fehler um Fehler näherte ich mich im Kriechtempo einer praktikablen Lösung. Am Ende jeder Sechsstundensitzung fühlte ich mich benommen und orientierungslos. Ich rollte durch den Korridor und sah die ganze Welt als Linien und Scheitelpunkte. Ich träumte, ich wäre ein Drahtmodell aus grünem Licht.
    Irgendwann fingen meine Assistenten an, klobige Brillen zu tragen. Es sah lächerlich aus. Die Gläser waren milchig, fast das Gegenteil einer Sonnenbrille. Am Ende der Woche war die Hälfte von Gamma damit ausgestattet. Ich achtete nicht weiter darauf in der Annahme, dass es sich um einen Modetrend für junge Leute handelte. Doch als ich in Labor 1 zu einem Termin mit Mirka und ihren Nadeln erschien, zog sie sich auch so ein Ding über, und ich fragte danach.
    »Das ist eine Z-Brille.« Trotz der undurchsichtigen Gläser glaubte ich zu erkennen, dass Mirka überrascht war, weil ich das nicht wusste. »Haben Sie sie noch nicht ausprobiert?«
    Ich schüttelte den Kopf, und Mirka nahm die Brille ab. Ein Detail daran war mir noch gar nicht aufgefallen: zwei Drähte, die in dünnen Metallkontakten endeten. Diese zupfte sich Mirka nun von den Schläfen. Ein wenig verunsichert befestigte ich die Kontakte nach ihren Anweisungen an meinem Schädel und setzte die Brille auf. Alles wirkte flach. Dann erwachte Mirkas Gesicht zum Leben. Ich hatte nicht gewusst, dass meine Augen so eine niedrige Auflösung hatten.
    »Die Kontrastverstärkung ist nett«, sagte Mirka. »Aber der eigentliche Vorteil ist der Zoom. Man zieht die Augenbrauen zusammen. So.«
    Ich machte es ihr nach. Unvermittelt sprang mir ihr Gesicht entgegen, und ich riss die Arme hoch.
    Mirka lachte. »Und andersrum zum Wegzoomen.« Sie zeigte es mir. »Sehen Sie?«
    Ich suchte mir eine Ecke des Labors aus und ließ sie

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