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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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sensorische Rückmeldung. »O Charlie.« Über ihre Wangen tanzten Sonnenstrahlen, die sich in den Scheiben eines Gebäudes auf der anderen Straßenseite spiegelten. Mehrere Haare, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten, leuchteten orange. Ich spürte, wie ich aus meinem Körper gehoben wurde. Ja, genauso fühlte es sich an: Ich ließ die physische Gestalt hinter mir und wurde zu etwas Gewichtslosem, Unantastbarem.
    Dann zuckte ein harter Lichtsplitter über Lolas Gesicht. Ich drehte mich um, denn ich hatte den Motor gehört. Vor dem Caféfenster sprang ein weißer Kleintransporter über den Bordstein und spuckte Wachleute von Better Future aus.
    »Verdammt.« Mehr brachte ich nicht heraus, bevor sie in das Café stürzten und die ersten Tische umstießen. Teller krachten zu Boden, Leute schrien. Mitten im allgemeinen Tumult erspähte mich Carl. Er hob seine Waffe und brüllte: »Auf den Boden legen!« Er wirkte nervös. Das gefiel mir gar nicht. Nicht, solange er mit der Waffe auf mich zielte. »Hinlegen!«
    Ich konnte mich nicht hinlegen. Das war eine physische Unmöglichkeit. Wusste Carl das denn nicht? Lola umklammerte meine biologische Hand. In ihren Augen bemerkte ich Furcht und war traurig. Vor einer Sekunde war sie noch glücklich gewesen, und Carl hatte alles ruiniert.
    »Hinlegen!«
    Ich hatte mich der naiven Illusion hingegeben, dass mich Better Future nicht aufspüren konnte. Aber natürlich hatte die Firma Vorkehrungen getroffen. Schließlich trug ich Gerätschaften im Wert von mehreren Millionen Dollar mit mir herum. Fünf Meter vor mir hatten die Wachleute einen waffenstarrenden Halbkreis gebildet. Mir fiel ein, dass sie keine Ahnung hatten, ob meine Beine eine Bedrohung für sie waren. In ihren Augen war damit zu rechnen, dass ich die Contours mit Feuerkraft ausgerüstet hatte.
    »Charlie, du darfst nicht zulassen, dass sie dich zurückbringen«, flüsterte Lola. »Sie haben deine Patientenakte im Krankenhaus vernichtet.«
    Als ich ein Geräusch hörte, riss ich den Kopf herum. Zwei Wachleute schlichen von hinten auf mich zu.
    »Los!« Carl kam auf mich zu.
    »Nein!« Mit einem Schritt trat Lola vor mich und breitete die Arme aus. Als wollte sie auf Carl zufliegen und ihm die Waffe entwinden oder den Zorn der Götter auf ihn herabrufen. Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass Carl auf Lola zielte und ihr zweimal ins Herz schoss.
    Es machte PLANG! PLANG!

6
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    »Also, das ist wirklich bedauerlich«, sagte Cassandra Cautery. »Ich bin zutiefst betroffen.«
    Ich konnte sie nicht sehen. Meine Augen ließen sich nicht richtig öffnen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war und wie ich hergekommen war.
    »Wichtig ist jetzt vor allem«, fuhr sie fort, »dass wir erst mal durchatmen.«
    Mein rechtes Lid löste sich zäh. Das linke war noch festge klebt. Trotzdem erkannte ich einen unscharfen Klecks, den ich allmählich als Cassandra Cauterys Gesicht identifizierte. Ein gerahmt in wässrig blondes Haar. Hinter ihr war eine Zimmerdecke. Eine Zimmerdecke, die ich kannte. Ich war in der Arbeit.
    »Möchten Sie einen Schluck Wasser? Sie haben bestimmt Durst.«
    Mühsam konzentrierte ich mich, um sie ins Visier zu bekommen. »Ag.« Ein ätzender, unerbittlicher Geruch stach mir in die Nase.
    Cassandra Cautery verschwand und kehrte mit einem kleinen Plastikbecher zurück. »Trinken Sie.«
    Ich versuchte, mich aufzusetzen. In meinem Kopf waberte Nebel, schwer und schwindelerregend.
    »Ich glaube, da hat es an der Kommunikation gehapert, und zwar auf beiden Seiten«, erklärte Cassandra Cautery. »Daraus sollten alle Beteiligten eine Lehre ziehen.«
    Lola.
    »Natürlich ist es verständlich, dass Sie bestürzt sind. An Ihrer Stelle wäre ich das auch. Aber Sie dürfen eins nicht vergessen: Es war eine Situation, in der viel auf dem Spiel stand. Unsere Leute mussten ihre Entscheidungen in Sekundenbruchteilen treffen.«
    »Lola.« Diesmal schaffte ich es, den Namen auszusprechen. Flatternd öffnete sich mein linkes Auge. In einer Minute konnte ich mich bestimmt schon aufsetzen. Und danach konnte ich endlich die Hand um Cassandra Cauterys dünnen Hals legen und zudrücken.
    »Es ist das Unbekannte«, meinte sie. »Da werden die Leute kopfscheu, aus Angst vor Katastrophenszenarios.«
    Ich erinnerte mich daran, wie Lola die Hand nach mir ausgestreckt hatte. Wie ich versucht hatte, sie aufzufangen. Aber meine Beine hatten sich nicht bewegt. Sie waren inaktiv. Wie festgewurzelt. Langsam hatte sich auf Lolas Gesicht der

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