Maschinenmann: Roman (German Edition)
Gefühl.
Ich stapfte hinaus, stoppte und ging wieder hinein. Ich konnte die Körperteile nicht hierlassen. Wer konnte sagen, wohin sie in meiner Abwesenheit verschwinden würden? Ich packte einige Finger und einen Unterarm, dann sah ich eine Hand, die ich noch lieber mochte. Ich versuchte, die auf dem Boden verstreuten Finger und Sachen neu zu ordnen. Höchste Zeit zum Abhauen. Wenn die Wachleute eintrafen, musste ich weg sein. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hinsollte, irgendwohin musste ich ja. Plötzlich fiel mir Lolas Herz ein, das Herz, an dem ich arbeitete. Ich warf alle Teile auf die nächste horizontale Fläche und machte mich auf den Weg zu Labor 3. Für alle Fälle fuhr ich mit dem Finger über das Sicherheitsdisplay, aber es zeigte mir Rot, also machte ich einen Schritt zurück und trat auch diese Tür ein. Diesmal versuchte ich, es sanfter hinzukriegen, trotzdem flog sie aus den Angeln und krachte durch einen Wandleuchter. Glas regnete auf den Boden. Bestimmt würden die Assistenten bei diesem Lärm aus ihren Labors herüberdiffundieren wie in einem osmotischen Prozess. Einem berstenden Geräusch konnten sie einfach nicht widerstehen. Ich polterte hinein und zog das schwarze Tuch von Lolas Herz. Bestürzt riss ich die Augen auf. Es lag in dreißig Stücke zerstreut auf der Stahlwerkbank. Ich hatte völlig vergessen, dass ich zuletzt an den Klappen herumgebastelt hatte. Bis ich das wieder zusammengesetzt hatte, vergingen Stunden. Ich konnte nicht einmal die Einzelstücke aufsammeln, ohne Kontakte zu zerkratzen und Schaltungen zu verbiegen. Schon hörte ich den Aufzug. Zumindest glaubte ich das. Es konnte auch irgendetwas anderes gewesen sein. Ich brauchte bessere Ohren . Ich ließ das zerlegte Herz liegen und steckte den Kopf hinaus in den Korridor. Niemand. Aber es war nur eine Frage der Zeit.
Ein Lift stand offen und war leer. Ich durfte nicht mehr länger warten. Mit einem Rumpeln rannten die Contours los. Drinnen drückte ich auf E, und natürlich passierte nichts. Ich fuhr mit dem Finger über das Display. Es gab einen bedauernden Piepton von sich, und ich las: MELDEN SIE SICH BEI DER FIRMENLEITUNG. Ich stieg aus der Kabine und trat gegen die Treppenhaustür. In meiner Panik vergaß ich, die Kraft zu kontrollieren, und die Tür sauste vom Geländer zurück in meine Richtung. Ich riss die Arme hoch, doch sie hätte mich enthauptet, wenn sie nicht vom Rahmen abgeprallt wäre. Donnernd schlitterte sie die Betonstufen hinunter. »Whoa«, ächzte jemand hinter mir. Assistenten näherten sich. Hinauf, befahl ich den Contours, und sie fegten über die Treppe. Auf dem dritten Absatz erstarrten sie mitten im Schritt. O Gott, sie haben mich abgeschaltet. Aber ich spürte kühle Treppenhausluft auf der Netzmatrix meiner Metallbeine, und das bedeutete, dass ich Strom hatte. Um einen weichen Reset auszulösen, stellte ich mir vor, dass mein linkes Knie dreimal hochging. Die Hufe hoben sich und kamen zusammen. Ein Fehler. Eine Art Regression. Das musste ich mir näher ansehen. Ich setzte mich in Bewegung, und zwei Stockwerke später erstarrte ich erneut. Wieder Reset. Es musste an den Stufen liegen. Schließlich gelangte ich zu einer Tür mit der Aufschrift ERDGESCHOSS . Statt zu treten, lehnte ich mich dagegen, und sie sprang stöhnend auf. Ein Mann in Anzug starrte mich staunend an. Keine Wachleute. Das war auch gut so, weil ich aufgewühlt war und keine gänzlich logischen Entscheidungen traf. Wenn jemand sich mir in den Weg stellte, war mit dem Schlimmsten zu rechnen. Ich musste Lola finden. Ich hatte keine Ahnung, was ich damit erreichen wollte, doch ich war zuversichtlich, dass uns gemeinsam eine Lösung einfallen würde. Die Contours hielten sich an diesen Gedanken und rannten los. Sie zerbrachen jede Fliese auf dem hinteren Weg zu Gebäude A und drückten die Tür zur Treppe auf. Nach fünf Minuten und zehn weichen Resets befand ich mich acht Etagen höher. Es war furchtbar. Da hatte jemand bei den Gerätetests geschlampt. Aber ich schaffte es. Schwer schepperte ich an Topfpflanzen vorbei und pochte mit einer Metallfaust an Lolas Tür. »Lola! Lola!« Ich konnte es nicht erwarten und stieß die Tür auf. Allmählich hatte ich den Bogen heraus. Ich stampfte in ihre Suite, aber sie war leer. Auch im Bad war sie nicht. Sie war nirgends. Das konnte nicht sein. Lola war doch immer hier. Ich war völlig ratlos.
Die Contours setzten sich in Bewegung. Ich musste meine Gedanken zurückverfolgen, um zu erkennen, wo
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