Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
ihren Blick rasch über die Tische gleiten. Stephen war nicht da, Gott sei Dank. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Nun, das war merkwürdig – de Roche saß auf dem Ehrenplatz neben dem König. Ihr Bruder hockte auf seinem Platz am entfernten Ende der Tafel und wirkte beunruhigt.
Nachdem der König sie und Robert begrüßt hatte, wies er sie an, sich neben de Roche zu setzen. Isobel ließ sich auf ihren Platz nieder, ohne de Roche in die Augen zu sehen. Nach seinem wechselhaften und ausfälligen Verhalten der letzten Tage war ihr bei dem Gedanken, sich eine Platte mit ihm teilen zu müssen, etwas mulmig.
Isobel fiel nichts ein, was sie zu ihm sagen könnte. Sie war erleichtert, als der König sich zu einer Rede erhob.
»Es ist ein freudiger Anlass«, sagte der König und streckte die Arme aus. »Heute feiern wir die symbolische Vereinigung von England und der Normandie …«
Isobel hörte kaum ein Wort von dem, was der König sagte. Sie schreckte jedoch aus ihren Gedanken auf, als Robert neben ihr von seinem Platz aufsprang.
»Bei allem Respekt, Sire, ich muss Euch bitten, diese Verlobung noch ein Weilchen aufzuschieben«, sagte Ro bert angespannt. »Wir haben die Bedingungen des Ehekontraktes noch nicht bis in alle Einzelheiten ausgehandelt.«
»Da Ihr mir nicht in der Lage schient, diese einfache Aufgabe abzuschließen, habe ich es auf mich genommen, den Bruder der Braut dabei zu unterstützen«, sagte der König. »Wir haben uns vor einer Stunde getroffen. Eine Einigung war schnell erzielt.«
»Unter Eurer Führung war es gewiss rasch erledigt«, sagte Robert starr.
»Marquis de Roche war außerordentlich großzügig«, entgegnete der König gelassen. »Ich versichere Euch, dass Lady Hume keinen Anlass zur Klage finden wird.«
Isobel hatte das Gefühl, als beobachtete sie aus weiter Entfernung, wie die Dinge sich entwickelten. Das konnte doch sicherlich nicht passieren. Nicht jetzt.
Ihr war undeutlich bewusst, dass Robert leise vor sich hin fluchte, während er sich setzte. Er legte ihr die Hand auf den Arm und flüsterte: »Ich hatte keine Ahnung, was der König heute vorhatte.«
»Marquis de Roche wünscht, dass die Hochzeitszeremonie in seiner Heimatstadt Rouen stattfindet«, verkündete der König. »Dort wird dann auch das Aufgebot bestellt.«
»Merde!«, zischte Robert neben ihr.
Isobel richtete den Blick auf das unberührte Essen vor sich, während der König noch lange weitersprach. Sie zuckte jedes Mal bei dem Wort »Verlobung« zusammen, begriff jedoch sonst nichts.
Gott stehe ihr bei. Es war zu spät.
Als der König seine Rede beendet hatte, war de Roche an der Reihe. Er erhob sich, und seine Wörter über die Verbindung zweier Königreiche, Gottes Wille und das Schicksal des Königs flossen aus seinem Mund wie dickflüssiger Honig.
Isobel zuckte zusammen, als sie plötzlich eine schwere Hand auf ihrer Schulter spürte, und blickte in zwei harte, graue Augen auf.
»Es ist an der Zeit, den Ehekontrakt zu unterzeichnen und uns ewige Treue zu schwören«, sagte de Roche.
Zum Klang halbherzigen Applauses zog er sie auf die Füße. Geoffrey schritt vom Ende der Tafel auf sie zu.
»Es tut mir leid, dass ich dich überrumpelt habe«, flüsterte er ihr zu, während er den Ehevertrag vor ihr ablegte. »Der König hat keinen weiteren Aufschub geduldet.«
Sie nahm die Feder und unterschrieb, ohne vorher zu lesen.
De Roche unterzeichnete schwungvoll, dann nahm er ihre Hand. Seine tiefe Stimme schallte durch den Saal, als er sein förmliches Versprechen gab.
Alle Augen im Saal richteten sich auf sie. Panik ergriff sie. Sie konnte das nicht tun. Nicht jetzt. Noch nicht. Niemals. Sie machte einen Schritt zurück, den Blick auf die Tür gerichtet.
König Heinrich stand vor ihr, verstellte ihr den Weg. Sie öffnete den Mund, um es ihm zu sagen.
Um ihm was zu sagen? Dass sie das jetzt nicht tun konnte? Sicherlich würde der König einen Grund von ihr verlangen.
Ich muss warten, bis ich weiß, ob ich schwanger bin. Ich habe die Sünde der Wollust begangen, noch dazu mit einem anderen Mann als dem, den ich versprochen habe zu heiraten.
Das konnte sie ihm nicht sagen. Nicht vor all diesen Zeugen.
Der König räusperte sich. Als sie in seine unwiderstehlichen haselnussbraunen Augen schaute, spürte Isobel zum ersten Mal die schiere Macht seines Willens. Vor ihr stand der König, der England vereint hatte, der Kriegsherr, dem seine Männer willig in die Schlacht folgten. Aus jeder Faser seines
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