Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Arbeit aufgenommen, die von Juri Saostrowzew, dem Stellvertretenden Direktor des FSB und Leiter der Abteilung Wirtschaftssicherheit, geführt wurde.
Nach Angaben der Yukos-Gesellschafter hatte man dort im Februar oder März 2003 damit begonnen, kompromittierendes Material gegen die Yukos-Führung zusammenzutragen, also gleich nach Chodorkowskis Auftritt während der Begegnung des Russischen Industriellen- und Unternehmerverbands mit Putin am 19. Februar. Zwischen Chodorkowski und dem Präsidenten war es dabei zu einem ziemlich heftigen Schlagabtausch gekommen, als zur Sprache kam, dass die staatliche Erdölgesellschaft Rosneft, deren Interessen Igor Setschin vertrat, die Firma Severnaya Neftzu erhöhten Preisen erworben hatte.
Einigen meiner Quellen beim FSB zufolge hatte man sich dort aber auch schon früher, gegen Ende 2002, erstmals für Yukos interessiert. Es ist nicht auszuschließen, dass das angespannte Verhältnis zwischen dem »Amt« und Yukos auf die Geschichte mit Wladimir Gussinski, dessen Verhaftung und das weitere Schicksal seines Vermögens zurückging. Zur Erinnerung: Yukos hatte Gussinski damals einen Wechselkredit in Höhe von 200 Millionen gewährt, worauf Alexej Kondaurow und Leonid Newslin telefonisch zum FSB bestellt wurden.
Leonid Newslin: »Irgendwann war klar, dass das Fernsehen die Basis der neuen Staatsmacht bildete. Alles, was mit diesem Thema zu tun hatte, musste staatlicher Kontrolle unterliegen. Und nun war da diese Geschichte mit Gussinski und unserer Unterstützung für ihn. Hätten wir uns damals einverstanden erklärt, wie der FSB es von uns wollte, unseren Kredit an NTW vor Gericht gegen Gussinski zu verwenden, also eines der Werkzeuge zu sein, mit denen er ›kaltgestellt‹ werden sollte, dann hätten wir vielleicht auf Kooperation in einem bestimmten Rahmen hoffen können. Ich muss dir aber ehrlich sagen, dass wir dieses Thema mit Chodorkowski nicht einmal besonders ausführlich besprochen haben, obwohl ich einen gewissen Druck auf uns spürte. Uns war klar, dass wir so nicht handeln würden. In unseren Beziehungen zu Putin und vielleicht auch zu Woloschin und Abramowitsch war das aber ein weiterer Minuspunkt.«
Alexej Kondaurow: »Wäre nicht Mischas Auftritt bei dem Treffen mit Putin im Februar 2003 gewesen, dann hätte unser Schicksal vielleicht auch anders aussehen können, das schließe ich nicht aus. Aber ich verurteile ihn nicht. Er hat so gehandelt, wie er es für richtig hielt. Die Risiken waren ihm bewusst und mir auch. Ich war der Meinung, dass die Risiken ernster sind, als er dachte. Mischa stand damals ja in engem Kontakt mit Alexander Woloschin, Abramowitsch und Surkow. Ich vermute, sie alle haben ihm versichert, dass die Risiken geringer waren als in meiner Vorstellung. Ich dagegen ging von meiner Analyse von Putins Persönlichkeit und von bestimmten Informationen aus, die mir vorlagen.
Dass sich um uns herum etwas zusammenbraute, kam mir erstmals Ende März zu Ohren. Wahrscheinlich hatte man irgendwann nach Mischas Auftritt vom Februar angefangen, gegen uns zu arbeiten. Als die Fusion mit Sibneft genehmigt wurde, war diese Arbeit also längst im Gange.
Ich erinnere mich noch an ein Gespräch mit Chodorkowski im Mai. Wir mieteten schon seit mehreren Jahren immer im Mai ein Boot an und machten damit im kleinen Kreis, zusammen mit den Familien, eine Fahrt auf der Moskwa. Mischa und ich sprachen damals über die Fusion und darüber, warum Abramowitsch plötzlich beschlossen hatte zu fusionieren, warum er Sibneft weggeben wollte. Ich weiß noch, dass ich zu Chodorkowski sagte: ›Ich verstehe das so, dass Abramowitsch unter dem jetzigen Regime bestimmte Risiken für sich sieht, er weiß, was Putin für einer ist. Deshalb will er hier Schluss machen und abhauen. Wir müssen das auch aus dieser Perspektive betrachten.‹ Mischa entgegnete mir, er hätte alle Fragen mit Putin abgestimmt. Ich aber denke nach wie vor, dass der Zusammenschluss mit uns für Abramowitsch vorteilhaft war: Er hätte immer noch ein anständiges Paket behalten können, nach dem Zusammenschluss mit den Amerikanern wäre der Konzern transnational geworden, und für Roman wäre alles in Butter gewesen. Alles wäre legal gelaufen, und er hätte sich später nicht vor einem Londoner Gericht bloßstellen lassen müssen. Roman wollte auf diesem Wege, also über eine Fusion mit Yukos, das Land verlassen. Daraus wurde nichts. Schließlich konnte er dann aber doch noch sein Unternehmen versilbern und
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