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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Oktober in engem Kontakt. Wie Leonid Newslin in einem Interview mit der Zeitschrift Kommersant-Dengi berichtet, hatte Chodorkowski ab einem bestimmten Moment »einen Großteil der Last auf sich genommen. Der Umfang der Aufgaben, vor denen das Unternehmen stand, war so gewaltig, dass er sich selbst um die Lobbyarbeit und die gesellschaftliche Tätigkeit kümmern musste. Er hatte zu allem eine eigene Meinung und traf den Premierminister, den Präsidenten, den Leiter der Präsidialadministration und dessen Stellvertreter – anders als früher, als meine Leute und ich einen Großteil dieser Aufgaben zu erledigen hatten. Seine Vorstellungen waren konkreter geworden, er wusste, was er wollte und baute Beziehungen ohne Mittelsmänner auf. […]
    Von den Leuten, die sich mit Kommunikationsfragen befassten, sahen die meisten, in welche Richtung wir uns bewegten, ihnen war klar oder sie hatten zumindest gehört, wie Putin und sein Umfeld Chodorkowskis Vorgehen bei Offenes Russland oder Yukos aufnahmen. Andererseits kann man auch Chodorkowski verstehen. Er hatte sich direkt mit dem Präsidenten über eine Fusion der beiden Unternehmen verständigt. Er hatte sich auch darüber direkt mit dem Präsidenten verständigt, dass dieser Zusammenschluss in eine weitere Fusion oder einen Aktientausch mit den Amerikanern münden würde. Dafür hatte er Carte blanche erhalten.
    In der ersten Zeit hatte er direkt mit dem Präsidenten Kontakt, später, als sich, wie man heute weiß, die Lage geändert hatte, konnte er immer noch jederzeit den Chef der Präsidialadministration und den Premierminister ansprechen. Er besprach seine Aktivitäten gewiss auch mit den Kollegen vom Russischen Industriellen- und Unternehmerverband. Mit Woloschin und Surkow stimmte er sie nicht nur ab, das wäre nicht das richtige Wort, er koordinierte sie regelrecht mit ihnen. Für mich ist völlig klar, dass zum Beispiel Woloschin und Kassjanow über Chodorkowskis Redebeitrag zu Severnaya Neft informiert waren, dass sie im Voraus darüber Bescheid wussten.« 193
    Michail Kassjanow: »Ich war bei Putins Treffen mit den Unternehmern im Februar 2003 dabei. Letztlich war ich derjenige, der Putin darum gebeten hatte, sich regelmäßig mit Wirtschaftsvertretern zu treffen, damit sie das Gefühl hätten, am Geschehen beteiligt zu sein. Und es war auch nicht das erste Treffen dieser Art. Das Thema wurde jeweils abgestimmt: Im Büro des Russischen Industriellen- und Unternehmerverbandes (RSPP) wurde ein Themenkomplex festgelegt, und dann wurde mit Alexander Woloschin und mir vereinbart, welche Themen für die Besprechung mit dem Präsidenten und dem Premierminister besondere Aktualität hatten. Chodorkowskis Redebeitrag war nicht spontan. Wir hatten das Thema der Korruption – wie die Wirtschaft das sieht und welche Möglichkeiten es gibt, sie zu bekämpfen. Chodorkowski war vom RSPP damit beauftragt worden, über die Korruption zu sprechen. Andere hatten andere Themen. Er sprach ausführlich, brachte Grafiken, Zahlen und Parallelen zu anderen Ländern. Um zu illustrieren, dass es Korruption im Land gibt, führte er das Beispiel des gerade erst bekanntgegebenen Verkaufs von Severnaya Neft an.
    Aus meiner Sicht war Putin auf so eine Bemerkung nicht vorbereitet und verlor einfach die Fassung. Was er sagte, war keine vorbereitete Erwiderung, sondern eine rein emotionale Reaktion. Er war verärgert und sprach in gereiztem Ton: Wir wissen, wie ihr zu euren Vermögenswerten gekommen seid und so weiter, wir werden uns das genauer ansehen. Wenn man diese Antwort im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Oligarchen sieht, das Thema der Privatisierung abschließend gesetzlich zu regeln, dann fügt sich alles in eine Reihe.«
    Alexej Kondaurow: »Am Tag nach diesem Auftritt ging ich zu Chodorkowski. Natürlich hatte er gewusst, dass er vor laufenden Kameras sprach. Das hatte er alles gewusst. Ich sagte zu ihm: ›Warum mussten Sie damit kommen? Ihnen ist doch klar, dass wir jetzt Probleme kriegen.‹ Er sagte: ›Ich hatte einen Auftrag vom RSPP .‹ Ich war sicher, dass es Probleme geben würde. Er sagte, wir werden sehen. Ich versuchte herauszufinden, ob er nicht hätte ablehnen können, ob es sonst niemanden gab, der das hätte vorbringen können. Ich verstand schon, dass es notwendig war und so weiter, aber hätte es denn wirklich sonst niemanden gegeben, dem man das hätte übertragen können? Da sah er mich an, lächelte und sagte: ›Hitzköpfe gibt es nur wenige.‹«
    Einen

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