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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Monat nach der Bekanntgabe der Fusion von Yukos und Sibneft, Ende Mai 2003, erschien unter dem Titel »Der Staat und die Oligarchie« ein aufsehenerregender Bericht des Rates für nationale Strategie . 194 Zu den Autoren gehörte der bekannte Politologe und PR-Mann Stanislaw Belkowski. In dem Bericht heißt es: »Da die Institution der Präsidentschaft aus Sicht der herrschenden Schicht ihre historische Mission erfüllt hat und nicht mehr gebraucht wird […] und da die Oligarchen als natürliche Personen nicht über die politischen Ressourcen für einen Sieg bei Direktwahlen im ganzen Land verfügen, hat die Schlüsselfigur der herrschenden Schicht beschlossen, die Vollmachten des Präsidenten der Russischen Föderation zu beschränken und Russland von einer Präsidialrepublik in eine präsidial-parlamentarische Republik (quasi-französisches Modell) umzuwandeln. Der wichtigste Ideologe dieser Transformation ist der Chef der NK Yukos (»YukosSibneft«), Michail Chodorkowski, der von anderen Schlüsselfiguren des Oligarchenpools offen oder verdeckt unterstützt wird (R. Abramowitsch, O. Deripaska, M. Fridman). Eine Transformation der staatlichen Ordnung erfordert gewisse Änderungen in der Verfassung der Russischen Föderation. Diese Änderungen könnten einem existierenden Plan der Oligarchen zufolge bereits 2004 mithilfe der von den Megaunternehmen kontrollierten Staatsduma (in der neuen Zusammensetzung der Unterkammer des Parlaments, das im Dezember 2003 gewählt wird) und einer überwältigenden Mehrheit der gesetzgebenden Versammlungen in den Subjekten der Russischen Föderation durchgesetzt werden. Dabei wird, so der Plan, die Loyalität der Staatsduma durch ein System der Wechselwirkung zwischen den Oligarchen und den wichtigsten Parteien und die Loyalität der Parlamente in den Subjekten der Russischen Föderation durch den großen Einfluss oligarchischer Finanz- und Industriegruppen auf die Wirtschaft der Regionen sichergestellt. Gemäß dem Projekt der Schlüsselfigur der herrschenden Schicht könnte bereits 2004 eine neue russische Regierung gebildet werden, die der Kontrolle des Parlaments unterstünde und diesem gegenüber rechenschaftspflichtig wäre. Als wichtigster Kandidat für die Rolle des Vorsitzenden einer solchen Regierung, die nach Maßgabe einer neuen Verfassung zu bilden wäre, gilt Michail Chodorkowski. Nicht auszuschließen ist übrigens auch, dass der Präsident von YukosSibneft lediglich dekorative Zwecke erfüllt und die Schlüsselfigur innerhalb eines Jahres einen neuen Kandidaten für den Posten des Premierministers bekanntgibt.« 195
    »Jeder hatte in dieser Geschichte seine eigenen Interessen«
    Wassili Schachnowski: »Du musst verstehen, jeder hatte in dieser Geschichte seine eigenen Interessen. Wirklich jeder! Du fragst, wie es sein kann, dass alles bei Chodorkowski zusammenlief, auf ihn fokussiert war. Das kam so – ich bin zum Beispiel der Meinung, dass uns unsere ganze Anti-Korruptionsarbeit in der Duma riesige Probleme eingebracht hat. Wir haben dafür gesorgt, dass so viele Gesetzeslücken für die Korruption geschlossen wurden, und damit haben wir uns natürlich sehr viele Feinde gemacht. Wir waren dabei, die Gesetze von diesen Korruptionselementen zu bereinigen. Ein typisches Beispiel: Einer der Hauptgeschäftszweige des Ministeriums für Energiewirtschaft vor 2001 war die Zuteilung der Quoten für den Erdölexport. Wir setzten eine sehr einfache Lösung durch: Dass nur Förderunternehmen Erdöl exportieren durften. Dabei blieb es natürlich immer noch dem Staat vorbehalten zu entscheiden, wie viel Erdöl exportiert werden sollte. Wir sagten also: Okay, das ist das Recht des Staates, das ist euer Recht. Ihr legt zum Beispiel fest, dass 300 Millionen Tonnen Erdöl exportiert werden. Dann werden diese 300 Millionen Tonnen Erdöl proportional nach dem Fördervolumen aufgeteilt. Und fertig, weiter wird einfach arithmetisch festgelegt, wer wie viel Erdöl exportieren kann. Wer wie viel gefördert hat, das weiß der Staat, da lässt sich nicht schummeln, weil alles in das System von Transneft eingespeist wird. Das war’s. Danach müssen nur noch die Quoten proportional zum Fördervolumen zugeteilt werden. Weißt du, wie viel Geld die Leute dadurch verloren haben? Früher wurden doch für die Zuteilung der Quoten Schmiergelder gezahlt. Und nun saß da im Ministerium ein Beamter, der einmal im Monat eine einfache mathematische Aufgabe zu lösen hatte und innerhalb einer halben

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