Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Stunde die Quoten zuteilen konnte.
Und so war es nicht nur bei diesem Gesetz. Und nicht nur bei den Gesetzen, die den Ölsektor betrafen. Wir haben da einer riesigen Anzahl von Beamten die Suppe versalzen. Da bin ich sicher. Und dann die Geschichte mit dem Production Sharing Agreement. Ich erinnere daran, dass dank diesem Gesetz die Rohstoffvorkommen aus der allgemeinen Besteuerung ausgeklammert wurden, jedes Unternehmen musste sich direkt mit der Regierung über ein Besteuerungssystem für diese Vorkommen einigen. In der damaligen Zeit hatten die Beamten es darauf abgesehen, innerhalb von zwei Jahren damit drei Milliarden Dollar an Schmiergeldern zu verdienen. Das zur damaligen Zeit, kannst du dir das vorstellen? Und wir hatten dem ein Ende gesetzt. Wir, das waren die vier privaten Erdölgesellschaften: Lukoil, TNK , Sibneft und wir. Von 2000 bis 2003 vertraten wir in der Duma in 99 Prozent der Fragen eine konsolidierte Position. Das wurde einfach nur als die Position von Yukos wahrgenommen, weil Wolodja Dubow von Yukos in der Duma saß, und abgesehen davon war meist ich in diesen Fragen unterwegs – noch ein Yukosianer. Damals habe ich Mischa gewarnt, dass wir uns auf diese Weise Ärger einhandeln würden. Aber er bestand darauf, dass ich das machen sollte, er fand, ich könne das besser als die anderen. Ich kümmerte mich um die Duma, die Regierung und die Präsidialadministration. Wir hatten eine konsolidierte Position, aber ich war so eine Art Motor. Es kam so ein Gefühl auf, als wäre Yukos überall. Obwohl wir das im Namen der vier Unternehmen taten, mit denen wir uns darauf verständigt hatten, im Bereich der Gesetzgebung mit einer gemeinsamen Position aufzutreten. Wir kamen einmal im Monat zusammen, diskutierten die anstehenden Fragen, stritten und gingen dann weiter im Rahmen unserer Vereinbarungen vor.
Wenn ich das jetzt im Nachhinein alles bedenke und analysiere, komme ich zu dem Schluss, dass sie Mischa, und er war sich darüber wahrscheinlich im Klaren, als ›Rammbock‹ für ihre eigenen Auseinandersetzungen in Putins Umfeld benutzt haben. Heute, nachdem ich die Einzelheiten zueinander in Beziehung setzen kann und über neuere Informationen verfüge, habe ich daran keinen Zweifel mehr. Ein Puzzlestein passt zum anderen. Zum Beispiel das Verhalten von Kudrin und Gref damals. Als wir uns im Juli 2003, nach der Verhaftung von Platon Lebedew in einem Café trafen, schrieb Gref mir auf einen Zettel: ›Knöpft euch nicht Putin vor, sondern Ustinow‹. 196 Und Kudrin? Natürlich hatte er sich bei Putin über uns beschwert. Das hing mit unserer Arbeit in der Duma zusammen, sonst liefen wir uns ja nirgends über den Weg. Und an der Position der Öl-Lobby dort kam Kudrin schlichtweg nicht vorbei. Aber ich kann mit absoluter Bestimmtheit sagen, dass Kudrin weder die Nationalisierung von Yukos noch Chodorkowskis Verhaftung wollte. Ja, es stimmt, die Amtsträger waren gezwungen, sehr viele Fragen mit uns abzustimmen und uns um Hilfe zu bitten. Irgendwann einmal werde ich Kudrin daran erinnern, dass er alle Haushalte von 2000 bis 2003 mit unserer Hilfe verabschiedet hat. Er bat uns oft um Hilfe, er wusste ja um unsere Ressourcen in der Duma. Und wir haben ihm auch geholfen. Aber was die Besteuerung der Erdölwirtschaft anging, haben wir wirklich ernsthaft gekämpft. Dennoch hätte ich mir niemals erlaubt – wie hat er das gleich vor Kurzem gesagt? –, ihn zu ›erpressen‹? Etwas in die Richtung … So etwas hat es nie gegeben. Unsere Position war immer offen. Und unsere Beziehungen waren stets sehr korrekt. Mehr noch, in den wichtigsten Fragen konnten wir uns einigen, auch in Bezug auf die Besteuerung der Erdölwirtschaft.«
Michail Kassjanow: »Ich habe Chodorkowski im Jahr 2000 kennengelernt. Davor waren wir uns nie begegnet. Ich war damals Premierminister, und wir bereiteten eine Steuerreform vor. Mir war wichtig, dass die Business-Community verstand, wozu die Reform nötig war und welche Ziele wir damit verfolgten. Die Unternehmer sollten wissen, worauf sie sich einstellen mussten. Wir berieten uns mit ihnen, wir führten Diskussionen. Die Leute verstanden, was wir da machten, und konnten ihre Meinung äußern. Das war ein sehr positiver Prozess. Ich hatte ja einen Unternehmerrat gegründet, der beim Regierungschef angesiedelt war. In diesem Rat saßen Vertreter der großen, mittleren und kleinen Unternehmen, das gesamte Interessenspektrum also. Wir kamen regelmäßig zu Besprechungen zusammen.
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