Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
saurer Sahne, Buletten und Borschtsch. Eine offene Prügelei ziehe ich der fein gesponnenen Intrige vor; schnellen heftigen Streitigkeiten und einem ebenso schnellen Frieden gebe ich den Vorzug gegenüber jahrelangen Konflikten.
Gleich nach der ersten Reise war ich mir jedenfalls sicher: In Israel gibt es tüchtige und interessante Menschen, aber sie sind völlig anders. Anders als ich, anders als mein Vater. Ihre Gewohnheiten und ihre Kultur sind so anders, dass mir selbst die Amerikaner deutlich näher stehen.
Was die Einstellung zu Juden innerhalb Russlands angeht, haben wir es, denke ich, mit einer doppelten Dummheit zu tun. Es ist dumm, Leute nach ihrer Nationalität zu beurteilen; und es ist dumm, die reale Gefahr für unsere nationale Kultur nicht zu sehen, die sich aus einem ganz anderen, inner- und interzivilisatorischen Konflikt ergibt. Gleichwohl existiert ein objektives Problem: In Russland ist der Aufbau des Nationalstaats noch nicht abgeschlossen, und in dieser Phase werden Fragen der nationalen Identität übertrieben sensibel wahrgenommen. Darüber muss man sich im Klaren sein und nicht das Unmögliche versuchen.
All das mindert aber nicht die Verantwortung der Elite, die die Pflicht hat, die gesellschaftlichen Entwicklungen in zivilisierte Bahnen zu lenken, statt die Phobien der Massen für ihre eigennützigen Ziele auszunutzen. Mein persönliches Verhältnis zu Menschen beruht auf meiner Einschätzung ihres geistigen Potenzials. Wer mehr mitbekommen hat, von dem erwarte ich auch mehr.
Was ist Nationalität? Ein Eintrag im Pass, eine kulturelle Zugehörigkeit? Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Charakter und Kultur? Ich bin mir sicher, dass es so ist. Nationalität ist Kultur plus kleinere genetische Besonderheiten, die sich in unserer globalisierten Welt immer mehr verwischen. Und Charakter ist Kultur plus einige physische Besonderheiten des Organismus.
Ich bin durch und durch Russe. Im Umgang mit einfachen Polizisten und Staatsanwälten, im Gefängnis wie im Lager in Tschita, habe ich mich immer völlig entspannt gefühlt. Und in der Schule, an der Hochschule erst recht. Das steckt in mir. Ja, ich werde als »Intelligenzler« wahrgenommen. Ich rede die Leute mit »Sie« an, ich halte Distanz, ich spreche korrekt … Wir bewegen uns nicht auf demselben Niveau, aber mir sind diese Menschen nicht fremd. Wie mir auch viele meiner Bekannten aus Amerika nicht fremd sind. Manche sind mir fremd, andere nicht. Aber unsere Leute tun mir mehr leid. So ist das. Weil sie unglücklich sind. Eben deshalb könnte ich auch schwer ohne Russland auskommen. Hier habe ich das Gefühl, gebraucht zu werden. »Dort« ist auch ohne mich alles gut. Obwohl ich dort ebenso leicht Geld verdienen und berühmt werden könnte. Das weiß ich. Ich habe es ernsthaft erwogen.
Ein jüdischer Mathematiker hat sich einmal darüber empört, dass ich meine Kraft und mein Talent für und in Russland verschwende, wie er fand. Ich will nicht mit ihm streiten – sein geistiges Leben spielt sich in einer anderen Welt ab, einer Welt der Zahlen und der globalen Ideen. Ich dagegen bin ein Krisenmanager. Ich mag Menschen, und ich mag Eisen. Und Eisen mag ich sogar viel lieber als Gold. In jeder Hinsicht.
Übrigens bin ich keineswegs ein Asket. Ich habe nur einfach meine eigenen, spezifischen Bedürfnisse. Wenn um mich herum zuviel Luxus ist, fühle ich mich unwohl. Meiner Frau geht es genauso. Aber einkaufen gehen wir gern. Schreibwaren, Papier, elektronische gadgets . Spielsachen … die »schwere Kindheit« eben. Wir haben uns als Kinder einfach nicht sattgespielt.
Insofern ist der Typus des Kapitalisten – in der Bedeutung, wie ich dieses Wort bis zur Perestroika verstanden habe, nämlich als »reicher Mann« – für mich nicht besonders nachvollziehbar. Er ist mir fremd. Der Kapitalist als »Eigner« dagegen, als Lenker, jemand, der Gold zu Eisen macht – dieser Typus ist mir nah und vertraut. Geld und Aktien sind gute Auswahlmechanismen, um wirklich tatkräftige Leute zu finden.
Übrigens sind Manager und Unternehmer ganz verschiedene Arten von Kapitalisten. Ich bin ein Manager, aber ich verstehe mich darauf, Unternehmer zu finden, ihre Ideen aufzugreifen und zu verwirklichen.
Kommerzieller Schnickschnack
Nun zu den NTTM -Zentren. 30 Ich möchte vorausschicken, dass ich grundsätzlich nichts davon halte, Mythen zu widerlegen. Das ist zwecklos. Wenn bisher jemand versucht hat, mir irgendwelche Fakten zuzuschreiben,
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