Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Geschichten mit der Aneigung des »Parteigolds«, die später aufkamen. Die Partei schien immer noch ein unerschütterlicher Koloss zu sein, zumindest in meinen Augen.
Eine andere Sache ist die erste Million, die in meine eigene Tasche wanderte, »zum Verbrauch« – bis dahin war es noch ein weiter Weg. Wie weit, lässt sich wohl an meinem Auto ablesen: Das erste neue Importfahrzeug, einen Volvo 740, habe ich mir, glaube ich, 1992 zugelegt – genau weiß ich es nicht mehr. Damals aber, 1988, wäre es mir nicht im Traum eingefallen, dass ich einmal einen solchen Betrag für mich selbst ausgeben könnte.
Neue Ideen erfordern neue Mittel
Trotz dieser Methode der »Business-Akkumulation« hatten wir bald weniger Umlaufmittel als Ideen, in die man sie hätte investieren können. Also ging ich zur Bank. Natürlich zu unserer Bank, wo wir ein Konto hatten, zur Staatsbank, Zweigstelle Frunsenski-Bezirk. Die Geschäftsführererin, mir sonst überaus wohlgesonnen, lehnte ab.
Kredite an Unternehmen wurden damals ausschließlich im Rahmen des staatlichen Kreditplans vergeben, in dem wir natürlich nicht vorkamen. Doch statt Geld gab sie mir einen wertvollen Rat. Sie habe gehört, sagte sie, dass es neuerdings erlaubt sei, Geschäftsbanken zu gründen, »und wenn du so eine Bank gründest – einem Bankunternehmen kann ich auch Kredit geben.« Auf meine Frage, wohin ich mich wenden müsste, gab sie mir die Telefonnummer eines Bekannten, eines jungen Mannes im Hauptkontor der Shilsozbank. Ich ging also zu ihm. Er sagte: Alles realistisch, ihr könnt es versuchen. Dann gab er mir die nötigen Dokumente und bot mir seine Hilfe an. Wir meldeten also eine Handelsgesellschaft an, und gegen Ende 1988 hatten wir die registrierte Satzung der Bank KIB NTP (»Geschäfts- und Innovationsbank für wissenschaftlich-technischen Fortschritt«) auf dem Tisch. Stammkapital: 100000 Rubel. Das war echtes Geld, das bei der Staatsbank eingestellt war. Die Gründer waren das NTTM -Zentrum, die Kooperative Nigma und die Shilsozbank, Zweigstelle Frunsenski-Bezirk.
Irgendwann kam die Legende auf, Alexej Golubowitschs Eltern hätten bei der Zentralbank gearbeitet und uns in dieser Phase geholfen. Nichts dergleichen. Ich weiß nicht mehr, wann ich Golubowitsch kennenlernte, aber mit der Gründung der Bank hatte er nichts zu tun. Bei der Gründung der Bank half mir Frau Kruschinskaja von der Staatsbank der UdSSR , Zweigstelle Frunsenski-Bezirk – sie hatte mich schließlich mit den Jungs von der Shilsozbank zusammengebracht.
Ab diesem Moment begann ein anderes Leben, aber das begriff ich nicht sofort, sondern erst ein halbes oder ganzes Jahr später. Zunächst nahm ich freudig den Kredit entgegen und steckte ihn in den Ankauf einer weiteren Computerlieferung. Die Kreditquelle, die sich da aufgetan hatte, stieß etliche neue Projekte an, die nicht mehr unmittelbar mit dem NTTM -Zentrum zu tun hatten. Unter anderem den Import des berühmten Napoléon- »Cognacs« zu 1,50 Dollar die Flasche. Schon damals war ich auf clevere Weise gesetzestreu. Es waren Cognacflaschen der Form nach, aus Rauchglas. Auf dem Etikett die Aufschrift Napoléon . Von »Cognac« schrieben wir nichts, nicht einmal von »Brandy«. Trotzdem schickte ich einen Kontrolleur nach Frankreich in die Brennerei, die uns irgendeinen Weinbrand abfüllte. Das war also kein Betrug. Es war hochwertiger Alkohol mit Lebensmittelqualität aus Frankreich.
Allerdings muss ich ehrlich zugeben: Es lief nicht. Computer waren lukrativer. Mit Alkohol kann man nur dann Geld verdienen, wenn der Staat für alle Beschränkungen einführt außer für einen selbst (oder wenn man die bestehenden Beschränkungen schlichtweg ignoriert). Damals gab es aber keine Beschränkungen, und die Produktion war simpel. Man hatte nicht so viel Arbeit wie mit den Computern. Dafür gab es aber auch eine Wahnsinnskonkurrenz. Das war nicht rentabel.
Neue Ideen waren gefragt. Und sie kamen von unerwarteter Seite: Eine langjährige Freundin, die bei der Bank für Außenwirtschaft, der Vneshekonombankarbeitete, brachte mir eines Tages einen Leitfaden für das Eröffnen von Devisenkonten bei ihrer Bank. Wenige Tage später eröffnete unsere Bank als Kunde ein Devisenkonto bei der Vneshekonombank. Wir waren die einzigen, die sich so ein Ding ausdachten: als Bank zunächst über ein gewöhnliches Konto, kein Korrespondenzkonto, in einer anderen Bank mit Devisen zu arbeiten. Ein Korrespondenzkonto hätte uns niemand eröffnet.
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