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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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könnte ich sagen, denn
     ich habe mich wegen ihres stolzen Alters von ihrer Familie adoptieren lassen, meine
     eigene Herkunft ist bislang allzu neuen Datums gewesen, um mir zu behagen.
    Doch ich vergesse darzulegen, was an
     der Eislaufbahn so eigentümlich ist – nämlich dass sie in Wahrheit gar nicht riesig
ist
, sondern nur so wirkt. Es ist eine alte Täuschung und
     unerklärlich; doch eine Täuschung ist es allemal. Mit dem Auge gemessen, ist sie
     achtzehn Meter im Quadrat und achtzehn Meter in der Höhe; aber ich habe das Bandmaß
     angelegt und festgestellt, dass sie tatsächlich nur zwölf Meter im Quadrat und zwölf
     Meter in der Höhe misst. Das sind die korrekten Zahlen; sonderbar ist, dass der
     Salon noch genauso groß aussieht wie vorher, als ich noch nicht nachgemessen
     hatte.
    Es ist ein schönes Haus
     und kostet doch sehr wenig, es ist ein Sinnbild der Einfachheit und, was die
     Ausstattung angeht, ziemlich primitiv. Das Wasser wird mit der Hand von einem
     Brunnen zum Erdgeschoss gepumpt und von Hand die Treppe hinaufgetragen.
     Abwasserrohre gibt es nicht; die Senkgruben befinden sich genau unter den Fenstern.
     Das ist bei allen Villen der Fall.
    Die Türen in diesem Haus sind, wie die Türen in der Mehrzahl
     der Häuser und Hotels Italiens, schlichte, dünne, ungetäfelte Bretter mit weißem
     Anstrich. Das macht sie zu den schwächsten und unansehnlichsten Türen, die die
     Geschichte kennt. Der Knauf ist kein Knauf, sondern ein Ding wie der Griff eines
     Handbohrers – halten kann man ihn nur mit Daumen und Zeigefinger. Aber selbst dann
     noch ist er weniger albern als unser amerikanischer Türknauf, der sich ständig
     lockert und sich in der Hand nutzlos dreht und dreht, ohne etwas zu bewirken.
    Die Fenster sind alle von der
     vernünftigen kontinentalen Art; sie lassen sich getrennt öffnen wie Türflügel; und
     wenn sie für die Nacht verriegelt sind, klappern sie nicht, und man kann
     einschlafen.
    In den Schlafzimmern und in den Wohnzimmern gibt es raffinierte kleine Kamine,
     und an der Südgrenze der Großen Sahara ist unlängst ein großer, aggressiv
     aussehender deutscher Ofen installiert worden.
    Die Treppe besteht aus Granitblöcken, die Flure im ersten Stock
     sind aus rotem Backstein. Es ist ein sicheres Haus. Erdbeben können es nicht
     erschüttern, Feuer können es nicht verbrennen. Bis auf die Möbel, die Vorhänge und
     die Türen gibt es überhaupt nichts Brennbares. Es ist auch gar nicht viel Mobiliar
     vorhanden, nur Sommermobiliar – oder, wenn Sie so wollen, Sommernacktheit. Als
     neulich abends eine Kerze die Vorhänge in einem Zimmer über mir in Brand setzte, wo
     Exemplare der Familie schliefen, wurde ich von Rufen und Schreien aus dem Schlaf
     gerissen und war zu Tode erschrocken, bis mir jemand durch das Fenster erklärte, was
     los war: dass die Fensterbehänge und -vorhänge Feuer gefangen hätten. In Amerika
     wäre ich daraufhin verängstigter denn je gewesen, aber hier war das nicht der Fall.
     Ich riet den Exemplaren, das Feuer in Ruhe zu lassen und zu Bett zu gehen, was sie
     auch taten; und als sie einschliefen, war von den angegriffenen Stoffen nichts mehr
     übrig. In Amerika prahlen wir oft mit unserer Feuerwehr, der tüchtigsten und
     wunderbarsten der Welt, aber in Europa haben sie etwas Besseres, womit sie prahlen
     können – eine vernünftige Bauweise, die Menschenleben vor Bränden schützt und
     Feuerwehren überflüssig macht. Wir prahlen, aber eigentlich sollten wir uns schämen,
     von so etwas abhängig zu sein.
    Die Villa hat ein geräumiges Aussehen, ein weitläufiges Aussehen; und wenn das
     Sonnenlicht hereinströmt und die heiteren Farben der glänzenden Fußböden, Wände und
     Decken erhellt, erweckt ihr Anblick den Eindruck eines aufgeschlossenen,
     freundlichen Willkommens, und doch kann ich mich nicht erinnern, je ein
     kontinentales Wohnhaus gesehen zu haben, das in jedem Detail den amerikanischen
     Maßstäben an ein Heim entspricht. Ein amerikanisches Haus schlägt einem ein
     Schnippchen, so wie die tiefliegenden unübersetzbaren Idiome einer fremden Sprache –
     ein Schnippchen, das ein Fremder nicht begreifen kann, ein Schnippchen, das nicht
     vermittelbar und nicht beschreibbar ist; und dieses schwer fassbare Schnippchen,
     dieses ungreifbare Etwas, worin auch immer es besteht, ist genau das Etwas, das
     einem amerikanischen Haus ein heimeliges Gesicht und ein heimeliges Gefühl verleiht
     und es zur

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