Melodie des Südens
sich einfach nicht mehr um alles kümmern.
»Luke und Pearl packen kräftig mit an, scheint mir«, sagte sie.
Ginny schaukelte das Baby, einen Arm unter seiner Sitzfläche, einen am Rücken. »Mein Gott, wie ich meine Babys vermisse.«
»Sind Sie schon lange allein hier, Miss Ginny?«
Für einen Moment schloss sie die blassen Augen. »Na, vielleicht achtzehn, neunzehn Jahre. Ist schwierig, die Jahre zu zählen, vor allem jetzt, wo ich nicht mehr so gut sehe, dass ich schreiben könnte. Würde aber auch nichts nützen, weil ich alles Papier schon längst aufgebraucht habe.«
In Mariannes Kopf entstand allmählich ein Plan. Aber sie würde genau darüber nachdenken müssen, bevor sie damit herausrückte.
Als Pearl vom Feld kam, hatte Miss Marianne DuPree schon mit ins Haus genommen. Sie klopfte an den Türrahmen, und Ginny steckte den Kopf zur Tür heraus. »Du holst dein Baby, hm?«
Sie brachte DuPree heraus, der von seinem Schläfchen aufgewacht und jetzt bester Stimmung war. Er streckte die Hände nach Pearl aus, und sie hatte das Gefühl, als müsste ihr das Herz brechen. Dem Herrn sei Dank für dieses Kind, für Luke und für DuPree. Dem Herrn sei Dank, mehr brauchte sie in diesem Leben nicht.
Zurück im Schuppen, machte sie ein Feuer in der Feuerstelle, die sie aus einer Grube und einigen Steinen gebaut hatte. Wenn Luke vom Pflügen hereinkam, wollte sie ein schönes Abendessen bereitet haben. Es gab Wild, das Mr Yves am Morgen geschossen hatte, frische Erbsen, Mais, Okra und Tomaten. Und im Haus drüben wurde genau das Gleiche gegessen, dachte Pearl. Diese Farm würde viel abwerfen, wenn man sich richtig darum kümmerte.
Als Luke sich am Brunnen gewaschen hatte, setzte er sich Pearl gegenüber und nahm den angestoßenen Porzellanteller, den sie ihm reichte. Er hatte noch nie von etwas anderem gegessen als von Holz oder Blech. Was er aber besonders zu schätzen wusste, war die Menge. »Du lieber Himmel, Pearl, ich habe ja noch nie so viel Essen auf einem Teller gesehen.« Glücklich lächelte sie ihn an.
DuPree aß mit von Pearls Teller und grub seine Finger in die Erbsen und Okraschoten. »Er isst gut, hm?«
Luke nickte und sah Pearl an. Er musste doch verstehen, dass sie dieses Kind liebte, dachte sie und lächelte immer noch. Vielleicht, mit Gottes Hilfe, würde er es irgendwann auch lieben.
Sie aßen und redeten über die Farm, über die nötigen Arbeiten. Pearl verstand nicht viel von Landwirtschaft, sie hatte den größten Teil ihres Lebens in der Küche verbracht, aber selbst sie konnte erkennen, dass diese Farm heruntergekommen war, sowohl die Gebäude als auch das Land. »Der Wald holt sich die Felder zurück«, sagte Luke. »Wenn sie ein Maultier hätte, könnte sie den Boden durchpflügen, wie es sich gehört. Einen Pflug hat sie nämlich, der steht in der Scheune.«
»War das mal eine gute Farm?«
Luke nickte. »Irgendwann einmal bestimmt.«
DuPree war fertig mit essen und kletterte von Pearls Schoß. Eine Taube landete in seiner Nähe, und er tappte hinter ihr her. Wohin die Taube auch ging, DuPree folgte ihr. Wenn er zu nahe kam, hüpfte der Vogel ein oder zwei Fuß breit weiter.
Die Taube kam näher an Pearls Feuerstelle heran, aber die ausstrahlende Hitze ließ sie umdrehen und ihrem Verfolger entgegengehen. Endlich war sie in seiner Reichweite, und DuPree griff zu, aber der Vogel schlug mit den Flügeln und verwirrte ihn. Der Kleine fiel hin, und blitzschnell hatte Luke ihn am Arm gepackt und zog ihn weg von den heißen Steinen und dem schmauchenden Feuer. DuPree heulte los, verwirrt und verängstigt. Pearl setzte den Teller ab, aber Luke hielt ihn schon sicher im Arm.
Sie kam um das Feuer gelaufen, um ihn zu trösten und zu beruhigen, aber dann blieb sie staunend stehen. Luke hielt den Kleinen fest an seine Schulter gedrückt und umfasste mit einer seiner riesigen Hände DuPrees Kopf. »Ist ja schon gut«, murmelte er leise. »Ist ja gut.« Er wiegte ihn und streichelte seinen Rücken. DuPree legte ihm die Arme um den Hals, und Pearl schlug eine Hand vor den Mund. Doch, ja, lieber Gott, das sah schon fast so aus wie Liebe.
24
Miss Ginny hatte eingewilligt, ihnen ihren Wagen zu leihen, aber das Holz war so geschrumpft, dass kein Metallteil mehr hielt, und so stellten Yves und Bertrand fest, dass zuerst grundlegende Reparaturmaßnahmen nötig waren, bevor sie mit diesem Gefährt Gabriel bis zum Schiffsanleger in Natchez bringen konnten.
Die Männer brachten alle Werkzeuge in
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