Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
dort unten befanden, vielleicht mit Ausnahme von Kyle, würden ohnehin gehört haben, dass ich mit Jesse geredet hatte. Darryl saß im Schaukelstuhl und sah mich aus dunklen Augen an. Ich blieb in der Tür stehen und erwiderte seinen Blick.
»Mercy?« Kyle wirkte angespannt, und er klang beinahe so müde, wie ich mich fühlte.
»Einen Moment«, murmelte ich, ohne den Blick von Darryl zu wenden. Ich wusste nicht, wieso er glaubte, mich gerade jetzt herausfordern zu müssen, aber ich wollte im Moment wirklich keine Befehle von ihm entgegennehmen.
Schließlich senkte Darryl den Blick. Es war weniger unterwürfig als geringschätzig, aber das genügte mir. Ohne ein Wort wandte ich mich von ihm ab und ging hinüber zu dem Zellengitter, an dem Kyle immer noch lehnte.
»Was ist denn?«, fragte Kyle.
»Dumme Werwolfsspielchen.« Ich hockte mich vor die Käfigtür. Warren hatte wieder seine menschliche Gestalt angenommen. Er lag mit dem Rücken zu uns zusammengerollt auf dem Bett, und jemand hatte ihm eine Decke übergelegt. »Darryl ist im Moment nur ein wenig durcheinander.«
Darryl schnaubte.
Ich sah ihn nicht an, aber ich spürte, wie ich den Mund mitleidig verzog. »Den Befehlen eines Kojoten zu gehorchen würde jedem Wolf gegen den Strich gehen«, sagte ich. »Und untätig dazusitzen, wenn Dinge getan werden müssen, ist noch schlimmer. Wäre Darryl ein geringerer Wolf, hätte er mich umgebracht, sobald ich hereinkam.«
Darryls Schnauben entwickelte sich zu einem ehrlichen Lachen. »Von mir droht dir keine Gefahr, Mercy. So verwirrt ich auch sein mag.«
Ich riskierte einen Blick und entspannte mich, weil Darryl nun nicht mehr träge Bereitschaft ausstrahlte, sondern nur noch erschöpft wirkte.
Ich lächelte ihn an. »Kann Warren schon wieder sprechen?«
Darryl schüttelte den Kopf. »Samuel sagte, das würde wahrscheinlich noch ein paar Tage dauern. Ich weiß nicht, welche Wirkung seine Veränderung auf diese Prognose hat.«
»Er hat im Schlaf geredet«, berichtete Kyle.
Er sah Darryl an, ohne seine Abneigung zu verbergen. Darryl hatte immer ein Problem mit Warren gehabt, auch bevor er herausgefunden hatte, dass Warren sich ihm nicht unterwarf. Dominante Wölfe waren immer reizbar in der Gegenwart anderer Wölfe, es sei denn, einer von ihnen war der Alpha. Das führte dazu, dass Darryl dazu neigte, in Warrens Gegenwart unangenehm autoritär zu werden.
»Was hat er denn gesagt?«, fauchte Darryl und ruckte abrupt mit dem Schaukelstuhl nach vorn.
»Nichts, was für dich interessant sein könnte«, erwiderte Kyle, als wäre es ihm gleich, wie gefährlich es ist, einen Werwolf zu reizen.
Ich interessierte mich mehr für die Art, wie Warren die Schultern anspannte.
»Ihr werdet ihn stören, wenn ihr anfangt, euch zu streiten«, sagte ich. »Darryl, hast du etwas von Bran gehört?«
Er nickte, immer noch auf Kyle konzentriert. »Er ist auf dem Weg hierher. Er muss sich vorher noch um ein paar andere Dinge kümmern, also kann er heute erst spät in der Nacht kommen.«
»Gut«, sagte ich. »Ich will, dass du jetzt raufgehst und etwas isst.«
Er sah mich überrascht an.
Ich lächelte. »Ein hungriger Werwolf ist ein mürrischer Werwolf. Geh und iss etwas, bevor du dich noch auf einen von uns stürzt.«
Er stand auf und streckte sich, und seine steifen Bewegungen sagten mir, dass er sehr lange auf diesem Stuhl gesessen hatte.
Ich wartete, bis er weg war, dann öffnete ich die Tür der Zelle.
»Darryl hat die letzten Stunden damit verbracht, mir immer wieder klarzumachen, dass das keine gute Idee ist«, bemerkte Kyle trocken.
»Wahrscheinlich hat er damit Recht«, stimmte ich zu. »Aber Warren hat zumindest heute früh auf mich gehört.«
Ich setzte mich ans Fußende des Betts und zog die Decke ein wenig nach unten, über Warrens Füße. Dann kroch ich zwischen Wand und Warren auf die Matratze.
Sein Gesicht war nur ein paar Zoll von meinem entfernt, und ich sah, wie seine zerschlagenen Nasenlöcher sich ein wenig bewegten. Ich atmete hinein, damit er wusste, dass ich es war. In den Stunden, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte sich sein Aussehen nicht verbessert; seine Prellungen
waren dunkler geworden, Nase und Lippen mehr geschwollen. Darryl hatte Recht; er sollte schneller heilen, als er es tat.
Aber Kyle sagte, er habe gesprochen.
»Schon gut«, sagte ich zu ihm. »Nur Kyle und ich sind hier.«
Seine Lider flatterten, und er öffnete ein Auge einen Spaltbreit, dann schloss er es
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