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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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hünenhaften Bewacher um. »Wenn Sie die Geschichte tatsächlich nicht kennen«, sagte Melnik, »erzähle ich sie Ihnen. Sollte ich an der Borowizkaja nicht den richtigen Mann zu Gesicht bekommen, können Sie damit wenigstens Ihre Zellengenossen unterhalten .
    Hunter war einer der besten Kämpfer des Ordens, ein Jäger wie er im Buche steht. Sein Spürsinn war der eines Tiers, und er selbst war unserer Sache vollkommen ergeben. Er war es, der diese Schwarzen vor eineinhalb Jahren aufspürte. An der WDNCh. Schon mal davon gehört?«
    »An der WDNCh?«, wiederholte Homer nachdenklich. »Ja, unverletzliche Mutanten waren das, die Gedanken lesen und unsichtbar werden konnten, nicht wahr? Ich dachte, die hießen ‚Dunkle‘?«
    »Wie auch immer. Er ging jedenfalls als Erster den Gerüchten nach und schlug Alarm, doch wir hatten damals weder genügend Mann noch genügend Zeit. Also verweigerte ich ihm die Unterstützung. Ich war mit anderen Dingen beschäftigt.« Melnik bewegte seinen Armstumpf.
    »Hunter machte sich allein auf den Weg. Bei unserem letzten Kontakt teilte er mir mit, dass diese Kreaturen den Willen anderer beherrschen konnten und alles um sich herum in Angst und Schrecken versetzten. Er war ein unglaublicher, ja ein geborener Krieger. Er allein war so viel wert wie eine ganze Einheit.« »Ich weiß«, murmelte Homer. »Und er kannte keine Angst. Er hat damals einen jungen Kerl zu uns geschickt mit einer Nachricht, dass er nach oben gehen würde, um mit den Schwarzen abzurechnen.
    Wenn er nicht mehr auftauchen würde, sollten wir daraus schließen, dass die Gefahr größer war als ursprünglich angenommen. Er verschwand. Wir gingen davon aus, dass er umgekommen war. Wir haben ein eigenes Nachrichtensystem: Wer lebt, ist verpflichtet, einmal wöchentlich darüber Mitteilung zu machen. Verpflichtet!Er aber schweigt schon seit über einem Jahr.«
    »Und was ist aus den Schwarzen geworden?« Melnik verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln.
    »Wir haben die ganze Gegend mit Smertsch-Raketen glattgebügelt. Seither haben wir von den Schwarzen nichts mehr gehört. Kein Briefchen, kein Anruf. Die Ausgänge an der WDNCh sind verschlossen, das Leben geht wieder seinen normalen Gang.
    Der Junge hat das damals mental nicht verkraftet, aber soweit ich weiß, hat man ihn wieder hingekriegt. Er lebt jetzt ein ganz normales Leben, hat sogar geheiratet. Hunter dagegen . den hab ich auf dem Gewissen.« Er rollte über eine Stahlrampe die Treppe hinab, sehr zum Schrecken der dort unten versammelten Bibliothekare, wartete auf den keuchenden Alten und fügte hinzu: »Letzteres solltest du deinen Zellengenossen besser nicht erzählen.«
    Eine Minute später war die ganze Prozession bei der Zelle angekommen. Melnik ordnete an, die Zellentür nicht zu öffnen; er stützte sich auf seinen Adjutanten, biss die Zähne zusammen, erhob sich und blickte durch das Guckloch. Ihm genügte ein Bruchteil einer Sekunde. Dann, erschöpft, als hätte er den ganzen Weg von der Arbatskaja zu Fuß zurückgelegt, fiel Melnik zurück in den Sessel, ließ seinen erloschenen Blick über Homer gleiten und verkündete das Urteil: »Das ist er nicht.«
    »Ich glaube nicht, dass meine Musik mir gehört«, sagte Leonid auf einmal ernst. »Ich weiß gar nicht, wie sie in meinen Kopf kommt. Ich komme mir manchmal vor wie eine Art Flussbett. Ich bin nur das Instrument. Wenn ich spielen will, setze ich die Flöte an die Lippen. Aber es ist, als würde jemand anders mich an seine Lippen setzen - und es entsteht eine Melodie.«
    »Das ist die Inspiration«, flüsterte Sascha. Er breitete die Arme aus. »Wie auch immer, es gehört nicht mir, es kommt von außen. Und ich habe kein Recht, es in mir zurückzuhalten. Es wandert durch die Menschen.
    Ich beginne zu spielen und sehe, wie sich alle um mich scharen: Reiche und Arme, die, die von Schorf überzogen sind, und andere, die vor Fett glänzen, Verrückte, Krüppel, bedeutsame Menschen - einfach alle. Irgendetwas bewegt meine Musik in ihnen, so dass sich alle auf eine Tonart einstimmen. Ich bin sozusagen die Stimmgabel. Ich kann sie in Harmonie bringen, wenn auch nur für kurze Zeit. Sie klingen dann so rein. Sie singen. Wie soll ich das erklären?«
    »Du erklärst es sehr gut«, sagte Sascha nachdenklich. »Ich habe es selbst gemerkt.«
    »Ich muss versuchen, es ihnen einzupflanzen. In dem einen mag es verkümmern, aber in einem anderen geht die Saat vielleicht auf. Ich rette jedoch niemanden - das kann

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