Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
Vom Netzwerk:
stand auf, um nach der Ausrüstung zu sehen.
    Jack massierte sich den Nacken, der sich wie eine gespannte Feder anfühlte. Er hatte es wieder getan. Der mächtige Krieger, Stolz genannt, hatte sein Ego überwältigt und den Weg aus seinem Unterbewusstsein gefunden. Er war der Ursprung für viele Auseinandersetzungen mit Samantha gewesen. Stolz. Ehre. Die hochnäsigen Gefühle tanzten auf Messers Schneide, in einem Arm der Respekt vor der eigenen Würde, im anderen die fatale Überheblichkeit.
    Jack lehnte sich gegen die Plane, die den größten Teil der mitgebrachten Instrumente und Ausrüstung bedeckte, und ließ die beiden Seelen in seiner Brust ihren Streit miteinander ausfechten. Der eine Kämpfer wurde durch Stolz, Bitterkeit und Zorn genährt. Der andere war, mit einem Wort gesagt, friedvoll. Diese rationale Seite beruhigte Jack immer. Sie war vergesslich - vergebend. Sie war der Teil, der die Wunden heilte, die der andere im Nu tief aufgerissen hatte.
    Jack ließ seine Gedanken zurückschweifen bis nach Princeton. Nie zuvor hatte er einen Menschen getroffen, der mehr auf Konkurrenz aus war als Samantha. Sie war nicht nur eine Frau in einer Männerwelt, es ging weit darüber hinaus. Sie hatte ihren Abschluss in Anthropologie noch vor ihm gemacht - Jacks konträre Sichtweise hatte nicht gut zu derjenigen der Fakultät gepasst. Aber Jack war es egal, er war leicht in die Rolle des Rebellen geschlüpft.
    Zuerst schien es Samantha gefallen zu haben, wie er seine bizarren Theorien entwickelt hatte. Jack erinnerte sich, dass sie das erste Jahr nach dem Abschluss mühelos hinter sich gebracht hatten. Sie hatten dieselben Träume und Fantasien miteinander geteilt, und zusammen hatten sie selbst an den weltlichsten Aufgaben ihren Spaß. Und dann war da noch der Sex. Die körperliche Leidenschaft zwischen ihnen hatte außer Konkurrenz gestanden und war durch ihre gemeinsame Leidenschaft zum Lernen noch verstärkt worden. Nach und nach allerdings war Jacks rebellisches Wesen von etwas eingenommen worden, das Samantha bedenklich stimmte. Einige seiner Theorien zerrissen ganze Bastionen der Wissenschaft - zum Beispiel den Darwinismus.
    Er erinnerte sich an Samanthas Vorträge spät in der Nacht darüber, dass er seine Forschung dazu benutzte, ordentliche Professoren zum Narren zu halten. Es hatte nicht immer gut getan, was sie ihm erzählt hatte.
    Vielleicht hatte sie ja Recht gehabt.
    In den beiden folgenden Jahren hatte Jack sich gewundert, wie schnell er zum Außenseiter geworden war. Er hatte sich einen Namen als Aufrührer gemacht, als Eindringling, der sich in fremdes Terrain einmischte. Zu dem Zeitpunkt hatte Samantha begonnen, sich zu verändern. Sie hatte sich so sehr nach Erfolg gesehnt, und die einzige Möglichkeit, diesen zu erreichen, war, die gegenwärtig akzeptierte Meinung des Establishments zu unterstützen. Ihre Beziehung hatte nicht plötzlich geendet - dadurch wäre es natürlich einfacher gewesen. Nein, Jack hatte mit der Zeit bemerkt, wie sie sich schrittweise zurückzog. Sie wurde kalt. Reserviert.
    Bald darauf war das Unvermeidliche eingetreten, als Jack genug Mut aufgebracht hatte, sie wegen dreier möglicher Termine für die Hochzeit zu fragen. Er hatte gewusst, was kommen würde, was den Schmerz aber nicht linderte. Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, und Jack erinnerte sich an die leichte Übelkeit, als ihre Worte von der Betonwand des Labors widergehallt waren: »Das bring ich nicht fertig.«
    Ach, scheiß drauf. Scheiß auf sie, dachte Jack und rückte den Schlafsack unter seinem Kopf zurecht. Sein Herz pochte laut. Es erinnerte ihn daran, welche seiner Seelen sich stärker fühlte. Vielleicht, weil er ihr erlaubte, stärker zu sein.
    Jack bemerkte kleine Flecken von Land, umrundet von weißen Wasserringen - Wasser auf einem Riff; vielleicht die Kanaren.
    Warum war er noch immer so wütend?
    Obwohl die Sache schon Jahre zurücklag, hatte er nicht vergessen können, wie der kleine Diamant im Licht gefunkelt hatte, als sie ihn vom Finger abgestreift hatte. Ebenso wenig hatte er vergessen, wie herablassend das »Es tut mir Leid«, geklungen hatte, als sie ihn in seine Hand gelegt hatte.
    Jack kroch hinüber, wo Ricardo sich in das Packnetz eingenistet hatte, und wühlte in seiner Tasche, um die Flasche Glenfiddich herauszuholen, den Single-Malt-Scotch, den er und Ricardo so gerne tranken. Der Alkohol brannte in seiner Kehle. Er fand, Single-Malts schmeckten besser, wenn man sie nippte -

Weitere Kostenlose Bücher