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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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zu meiner Mutter. Aber dass die mich nicht gefragt hatte: «Weißt du schon, wer tot ist?», war nicht weiter verwunderlich. Vielleicht hätte ich Maren mein Beileid aussprechen müssen. Doch für mich war ihr Vater immer noch der skrupellose Unternehmer mit dem Gesicht einer Bulldogge, der kleine Leute wie Mücken an die Wand klatschte, wie geschaffen für ein Feindbild. Es erstaunte mich, zu hören, die Firma sei praktisch pleite.
«Ich weiß», seufzte sie. «Es ist kaum zu glauben. Aber es gibt wohl nichts daran zu rütteln. Mit Gebrauchtwagen war schon lange kein gutes Geschäft mehr zu machen. Um die Baubranche ist es noch schlimmer bestellt. Und Immobilien, da braucht es nur ein paar Mieter, die nicht zahlen. Los wird man sie nicht so leicht, wenn sie Kinder haben, schon gar nicht. Und wenn du bei Leerständen nicht sofort neu vermietest, setzt das Sozialamt dir Asylbewerber rein. Dann dauert es kein halbes Jahr, bis alle soliden Mieter weg sind. Mit drei Objekten ist es ihm so ergangen. Das war sein Ende, nicht mehr Herr im eigenen Reich zu sein, hat er nicht verkraftet. Wir haben ihn in aller Stille beigesetzt.»
Zweiundneunzig war er geworden, ein biblisches Alter, fand ich, hörte noch so einen wehmütigen Seufzer. «Ich wäre vor neun Jahren besser geblieben. Er konnte sich ja schon zu der Zeit nicht mehr persönlich um alles kümmern. Und dieser Geschäftsführer», sie schüttelte frustriert den Kopf. «Der Mann hat eine sehr soziale Ader, aber keine Ellbogen. Nur dachte ich damals, ich wäre hier erstickt. Und jetzt ist es nicht mehr zu ändern. Mein Mann ist schon seit Anfang der Woche hier, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ich wollte nicht auch noch das Wochenende ohne ihn verbringen und dachte, ich überrasche ihn. Aber er hat gar keine Zeit für mich.»
Danach wandte sie sich noch einmal meinem Leben zu. Da ich offenbar kein privates hatte, erkundigte sie sich nach dem Beruf. Dass ich immer noch bei der Polizei war, erstaunte sie offenbar sehr. «Aber du hattest doch gekündigt.»
«Das ließ sich leicht rückgängig machen», sagte ich. «Fähige Köpfe lässt man nicht gerne gehen. Und ich kann sehr gut ohne Frau leben, aber nicht ohne meinen Job.»
Nun lächelte sie. «Von dir eingenommen bist du gar nicht, du fähiger Kopf. Was klärst du denn jetzt auf?»
«Ich persönlich gar nichts mehr», antwortete ich. «Ich bin auf der Karriereleiter hochgestiegen und lasse nur noch aufklären.»
Damit war ihre Neugier anscheinend befriedigt. Fragen stellte sie jedenfalls keine mehr.

Sonntag, 25. Mai
    Kurz nach zwölf dachte ich einmal flüchtig an Hanne, fragte mich, ob sie noch mit Esthers Buch in der Wanne oder schon im Bett lag und auf mich wartete. Aber ich hatte nicht das Bedürfnis, heimzugehen. Gegen eins begann sich der Saal allmählich zu leeren. Die einzelnen Grüppchen rückten enger zusammen. Wir setzten uns zu Peter Bergmann, Schweinchen Dick und zwei Frauen ans Kopfende der Tafel. Es wurde richtig gemütlich. Ich kam auch endlich mal aufs Klo, als der gute Willibald Maren zu einem langsamen Walzer aufforderte. Länger hätte ich es auch nicht mehr ausgehalten.
    In den Toiletten hätte ich dann beinahe lauthals gelacht über die Furcht, sie könne mich begleiten oder mir folgen. Da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens. Sie war seit einem halben Jahr verheiratet, vermutlich mit einem Tarzan oder einem Gorilla, auf jeden Fall mit einem, der sie bestens bediente. Mich brauchte sie nicht mehr. Ob ich enttäuscht war? Nein, eigentlich nicht. Ich hatte ja auch alles, was ich brauchte, und wollte Hanne doch gar nicht betrügen.
    Während meiner Abwesenheit erfuhr Maren dann doch noch, dass ich vor fünf Jahren Vater geworden war. Nicht von Brigitte, die war mit der ersten Gruppe aufgebrochen. Porky passte einen Moment nicht auf, schäkerte mit den beiden Frauen, und schon begann Peter auszuplaudern, was er selbst erst vor wenigen Stunden erfahren hatte. Stark angetrunken erzählte er von dieser tüchtigen Arzthelferin, die sich von einem Waschlappen einen Braten in die Röhre schieben ließ.
    Als ich zurückkam, war Müller gerade aufmerksam geworden und meisterte die Lage brillant, haute mir sein Patschhändchen auf die Schulter und dröhnte: «Konrad, du alter Schwerenöter, was höre ich denn da? Du hast Nachwuchs? Was ist es denn geworden, Junge oder Mädchen?»
    «Ein Junge», sagte ich.
     
    Maren erkundigte sich, warum ich die Mutter meines Sohnes nicht geheiratet

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