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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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stieg ich ein, und sie fuhr los. Die Richtung stimmte. Sie brauchte nicht mal zwei Minuten bis zu dem alten Wohnblock, in dem meine Eltern lebten. Am Straßenrand hielt sie an, ließ den Motor laufen, lächelte wieder spöttisch: «Siehst du, die Hose ist noch zu. Mami wäre stolz auf dich. Wirst du ihr erzählen, dass du zu dem Schmuddelkind ins Auto gestiegen bist?»
Ihr darauf zu antworten hielt ich für überflüssig, wollte aussteigen, da legte sie mir eine Hand auf den Arm und sagte in ernstem Ton: «Moment noch, Konni. Ich weiß, ich bin ein garstiges Weib. Aber die Sache mit deiner Scheidung tut mir wirklich Leid. Ich wollte es nicht auf die Spitze treiben. Zuerst wollte ich dich nur noch einmal schnuppern lassen, deine Erinnerung auffrischen und dir dann einen Tritt geben, so wie du mir einen verpasst hattest. Aber nachdem wir einmal angefangen hatten, kam ich so schnell nicht von dir los. Ich habe mir die Sache nicht leicht gemacht. Ich habe ernsthaft überlegt, ob ich bei dir bleiben …»
«Ich habe dir nie einen Tritt verpasst», unterbrach ich sie.
«Ich war nach der Sache in der Sporthalle durchaus bereit, mich heimlich mit dir zu treffen. Nur nicht unbedingt nach dem Hochamt vor der Kirche, wie es dir vorschwebte.»
Im Schein einer Straßenlampe sah ich, dass sie mit den Achseln zuckte. «Vergessen wir das. Ich war ein dummes Ding damals, und dumme Dinger denken nicht über den nächsten Tag hinaus. Ich wollte eben aller Welt zeigen, dass du zu mir gehörst.»
Ich sah, wie sie den Blick senkte, fühlte förmlich, wie ihre Augen von meinem Gesicht über den Hals nach unten wanderten. «Vielleicht war es nur diese verfluchte Sprossenwand. Ein irres Gefühl war das. Und mittendrin war es vorbei. Es war das erste Mal, dass ich bei dir nicht auf meine Kosten kam. Ich fand, du warst mir noch etwas schuldig.»
«Na, dann habe ich meine Schulden vor neun Jahren ja doppelt und dreifach bezahlt», sagte ich. Es klang nicht halb so lässig, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich hatte Herzklopfen und wusste nicht genau, ob aus Furcht oder Verlangen. Völlig resistent geworden war ich jedenfalls nicht in den letzten Jahren. Der Motor lief noch. Ihr Blick strich über die Gürtelschnalle meiner Hose und erreichte den Stoff darunter. Ich fühlte ihn wie eine Hand.
«Ich habe mir so eine Wand ins Schlafzimmer setzen lassen», sagte sie. «Aber Rex hat nicht dein Standvermögen. Und er würde mich lynchen, wenn er wüsste, dass ich hier mir dir über alte Zeiten plaudere.» Ihr Blick hatte sich regelrecht festgesaugt.
«Dann lass es doch», sagte ich. «Zwingt dich ja niemand.»
Sie seufzte vernehmlich. «Wenn das so einfach wäre, Konni. Was ich mit dir hatte, habe ich bei keinem anderen gefunden. Mich juckt es schon seit Stunden in den Fingern. Und nicht nur dort. Hältst du immer noch so lange durch? Wahrscheinlich nicht. Du musst ja völlig aus der Übung sein.»
Ich wollte irgendetwas Läppisches erwidern, aber mir fiel nichts ein. Ich wollte aussteigen, drei Straßen weitergehen, zu Hanne ins Bett kriechen, hoffen, dass sie aufwachte und genug über Sex gelesen hatte, um in der richtigen Stimmung zu sein. Ich wollte Hannes gepressten Atem hören, ihre Haut riechen und wissen, dass ich alles hatte, was ich brauchte.
Da sagte Maren: «Noch einmal zum Abschied, Konni. Jetzt bin ich dir etwas schuldig. Du findest schon wieder eine, der du es regelmäßig besorgen kannst. Du musst nur anfangen zu suchen. Das tust du bestimmt, wenn ich dich wieder auf den Geschmack bringe.» Und bevor ich darauf reagieren konnte, gab sie Gas.
Sie fuhr nicht weit, hielt wenig später mitten auf dem Parkplatz beim Rathaus. Links von uns lag eine Häuserzeile, auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Maren löschte die Scheinwerfer, stellte den Motor ab, kroch über Schaltknüppel und Handbremse zu mir herüber und rutschte in den Fußraum.
«Bist du wahnsinnig?», protestierte ich. «Mitten in der Stadt …»
Das war nun wirklich nicht das richtige Argument, ihr klar zu machen, dass ich eigentlich nicht wollte. Aber was heißt eigentlich?
Sie legte mir eine Hand auf den Mund. «Kehr nicht wieder den Spießer hervor, Konni. Niemand wird uns stören.»
    Es ging auf fünf zu und wurde schon hell, als ich wieder auf der Straße vor dem alten Wohnblock stand und dem Golf hinterherschaute. Unwillkürlich warf ich einen Blick zu den Fenstern im zweiten Stock hinauf. Aber dahinter schliefen wohl noch alle. Auch Olli. Vor ein paar Monaten hatte er

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