Mit verdeckten Karten
Besitz waren, und bedankte sich, die Kamenskaja sagte, daß die ersten Überprüfungen Platonows Angaben bestätigt hätten, daß die Überprüfung aber noch nicht abgeschlossen sei, und wenn sie, Kira, das Ergebnis erfahren wolle, solle sie am nächsten Tag wieder anrufen.
Kira wirkte nervös und angespannt, irgend etwas schien sie zu beunruhigen.
»Ist etwas nicht in Ordnung?« erkundigte sich Platonow vorsichtig.
»Ja«, gab sie zu. »Etwas ist heute passiert, ich weiß nicht, was es war, aber irgendwie bin ich beunruhigt. Ich habe ein ungutes Gefühl und weiß nicht, warum das so ist.«
»Vielleicht hattest du den Eindruck, daß du beschattet wirst«, bot Platonow als Erklärung an und flehte innerlich zu Gott, daß es nicht der Fall sein möge.
»Vielleicht«, stimmte sie zu. »Ich sage ja, ich weiß selbst nicht, was los ist, aber irgend etwas stimmt nicht.«
»Die Situation ist ungewohnt für dich«, beruhigte sie Pla-tonow. »Am Anfang meiner Arbeit bei der Miliz hatte ich auch ständig das Gefühl, daß etwas nicht stimmt, daß ich etwas übersehen oder einen Fehler gemacht habe, das ist am Anfang ganz normal.«
»Versuchst du jetzt nicht nur, mich zu beschwichtigen?«
»Nein, Ehrenwort, das ist in deiner Situation ganz normal. Du brauchst dir wirklich keine Gedanken zu machen.«
Kira war sofort ruhiger geworden. Jetzt saß sie in der Küche, sie hatte ein Kilo Buchweizengrütze vor sich auf dem Tisch ausgekippt und las systematisch die Schmutzteilchen und schwarzen Körner aus. Dmitrij saß im Zimmer vor dem Fernseher, in einem gemütlichen, weichen Sessel. Auf dem Bildschirm erschien der Vorspann einer berühmten, mit mehreren Oscars ausgezeichneten Komödie.
»Kira«, rief er zur Küche hin, »laß deine Grütze, und komm her! Der Film fängt an.«
Es vergingen zehn Minuten, aber Kira kam nicht.
»Kira! Hörst du mich?« rief Platonow erneut.
»Ja, ich höre dich«, rief sie zurück.
»Warum kommst du nicht zum Fernseher? Willst du den Film nicht sehen?«
»Ich werde schon noch kommen. Mach dir keine Sorgen!«
Platonow gefiel diese Reaktion nicht. Er erhob sich ruckartig aus dem Sessel und ging in die Küche.
»Was ist mit dir?« fragte er leise. Sie saß mit gesenktem Kopf da, ihre dünnen langen Finger huschten flink durch die Körner auf dem Tisch. »Habe ich dich irgendwie beleidigt?«
»Aber nein, überhaupt nicht«, sagte sie gleichmütig, ohne den Kopf zu heben.
»Und warum kommst du dann nicht zum Fernseher? Du hast doch selbst gesagt, daß du den Film sehen möchtest. Willst du nicht mit mir in einem Zimmer sein? Gehe ich dir auf die Nerven?«
Kira hob endlich den Kopf und sah Platonow lächelnd an.
»Dima, achte nicht auf mich, ich habe eine blödsinnige Angewohnheit. Ich kann eine Arbeit nie unterbrechen, ich muß immer alles zu Ende bringen, was ich angefangen habe, selbst dann, wenn es sich um völlig nebensächliche Dinge handelt. Ich weiß, viele finden das dumm und lächerlich, aber ich bin nun einmal so. Ich kann diese verdammte Grütze jetzt nicht liegen lassen, obwohl ich mich nachher ärgern werde, weil ich den Film verpaßt habe. Aber wenn ich mich jetzt vor den Fernseher setze, werde ich keine Ruhe haben, ich werde wie auf Kohlen sitzen und ständig an diese blöde Grütze denken. Mit dir hat das überhaupt nichts zu tun, Ehrenwort.«
»Und du sagst mir wirklich die Wahrheit?« fragte Dmitrij mißtrauisch nach.
»Ja, wirklich«, sagte sie mit einem entwaffnenden Lächeln. »Geh du wieder vor den Fernseher, nachher erzählst du mir den Film.«
»Soll ich bei dir in der Küche bleiben?« fragte er.
»Nein, wozu?«
»Aus Solidarität«, sagte Dmitrij scherzhaft, »damit dir nicht so langweilig ist.«
»Mir ist nie langweilig«, erwiderte sie mit großer Ernsthaftigkeit und widmete sich wieder der Grütze. »Geh du ruhig wieder an den Fernseher, und schau dir den Film an, mit mir würdest du wenig Spaß haben. Wenn ich mit etwas beschäftigt bin, das so monoton ist wie das hier, ist mit mir nichts anzufangen. Ich kann nicht zuhören und gebe ständig die falschen Antworten.«
Als es Zeit zum Schlafengehen wurde, wurde Platonow wieder nervös, aber alles verlief genauso wie in der ersten Nacht. Kira klappte ihm wieder die Liege in der Küche auf, sie wünschte ihm gute Nacht und ging hinüber in ihr Zimmer. Ihre Augen blieben dabei kühl und ruhig, es flackerte nichts von dem unverständlichen Feuer in ihnen auf, das Dima so beängstigte. Offensichtlich hatte
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