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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sich ein Fluß seinen Weg, nicht durch die Mitte des Tales, sondern entlang der östlichen Felswand. Am südlichen Ende verschwand der schmale Fluß unter riesigen Felstrümmern und Steinplatten, die hier, wild übereinandergetürmt, eine gigantische Barriere bildeten. Vor langer, langer Zeit mußte hier die steile Felswand ihre oberste Schicht abgeschüttelt und unzählige Tonnen von Gestein hinabgestürzt haben.
    Die Dove zog eine letzte Schleife über dem Tal in einer Höhe, wo die steilen Felswände zurücksprangen und in langgezogenen Hängen zu fernen Graten aufstiegen.
    Modesty sah die Reihen der getarnten Baracken und Fahrzeuge und die punktkleinen umhereilenden Gestalten. Als das Flugzeug tiefer ging und sie den zwischen zwei mächtigen Felsmassiven kauernden Palast erblickte, hielt Modesty einen Moment lang den Atem an.
    Das also war das Ziel ihrer Reise. Das war das Sprungbrett für das, was Tarrant befürchtete, und es lag in einem so abgelegenen Gebiet, daß sich niemals ein Aufklärungsflugzeug hierher verirren oder die Linse einer Satellitenkamera darauf richten würde. Die Dove schwebte tiefer über den See, überquerte die langgestreckte Felskuppe und senkte sich auf die Landepiste hinab. Mit einem leichten Rumpler setzte sie auf. Das Dröhnen der Motoren erstarb, und die Maschine lief aus. Vor ihnen lag die Talenge, die von dem zehn Meter breiten Fluß und von der Straße eingenommen wurde. Als die Dove anhielt, kam aus der Talenge ein Lastwagen auf die Maschine zu.
    Karz sagte: «In den nächsten paar Wochen werden Sie alle Hände voll zu tun haben. Sie erhalten heute einen allgemeinen Überblick über das Unternehmen Säbelzahn, und morgen wird man Sie über die speziellen Aufgaben innerhalb Ihrer Abteilungen unterrichten.»
    Er sah Modesty Blaise und Willie Garvin über seinen großen Schreibtisch hinweg an. Sie hatten beide ihre Pullover abgelegt. Liebmann stand an der einen Seite des Schreibtischs und betrachtete sie mit distanziertem Blick.
    Modesty sah Willie an. Er fixierte Karz mit einem seltsamen Ausdruck. Offensichtlich war er von Karz beeindruckt, enorm beeindruckt sogar. Das war nicht verwunderlich. Ihr erging es nicht anders. Dieses kalte, statuenhafte Wesen glich einem Titanen. Nichts lag näher, als ihn zu fürchten, und es fiel schwer, ihn nicht zu fürchten. Diese Persönlichkeit hatte etwas so Bedrohliches, daß sie in jedem Menschen ein beklemmendes, albdruckartiges Gefühl der Nichtigkeit erweckte.
    Modesty Blaise fühlte sich in seiner Gegenwart wieder ein Kind werden. Und seltsamerweise fand sie gerade in diesem Gefühl Hilfe, denn als Kind hatte sie ihre schlimmsten Kämpfe allein ausfechten müssen. Sie biß die Zähne zusammen und mobilisierte ihr ganzes Inneres, das vor keinem Hindernis, keiner Gefahr zurückschreckte, weil es einfach der Lebenswille eines wilden Tieres war. Äußerlich zeigte ihr Gesicht nicht die geringste Gemütsbewegung.
    Kalt sagte sie: «Immer schön der Reihe nach, Karz.»
    In der kurzen Pause, die eintrat, spürte sie, wie sie Willie mit ihren Worten innerlich förmlich hochgerissen hatte. Es war, als sei ein immer stärker werdender hypnotischer Bann, der auf ihm gelegen hatte, zerrissen. In Bruchteilen von Sekunden war er wieder der alte.
    Er sagte brüsk: «Verdammt, das will ich auch meinen.»
    Sie freute sich über seine Reaktion und fuhr fort:
    «Wir wollen das Kind sehen.»
    Karz sah ihr eine halbe Minute lang in die Augen, dann nickte er unvermittelt, als habe sie eine Prüfung bestanden, und erwiderte: «Das Kind ist nicht hier. Es befindet sich in einem anderen Land.»
    «Woher wissen wir, daß es lebt?»
    «Sie werden es wissen, wenn diese Operation hier beendet ist. Ich sage Ihnen, es lebt und ist in Sicherheit. Erweisen Sie sich jedoch als
faul
, dann wird es sterben. Ein kurzer Funkspruch genügt.»
    «Und warum sollten wir Ihnen glauben?»
    «Weil das Kind mein Druckmittel ist. Ohne das Kind kann ich mich nicht auf Sie verlassen.»
    «Es könnte trotzdem tot sein. Sie brauchen uns ja bloß glauben machen, es sei am Leben.»
    «Das ist nicht meine Art. Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie können heute in einer Woche kurz mit ihr per Funk sprechen; und jede Woche danach ebenfalls.»
    «Einverstanden», sagte Modesty rasch. «Aber da ist noch etwas. Angenommen, wir tun unseren Job und die Operation mißlingt, was geschieht dann mit Lucille?»
    «‹Säbelzahn› kann nicht mißlingen.» Seine Stimme klang, als spreche er ein

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