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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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zurückkehren ließ, selbst wenn die Kantigkeit schmerzte.
    Das fehlte nun … Es fehlte, so schien es, auch den Mitarbeitern Pullendorfs und Recks, die so oft den Druck, der auf sie ausgeübt wurde, beklagt hatten. Und doch hatten sie ihr Übernächtigtsein wie das Erkennungszeichen eines geheimen Ordens stolz zur Schau getragen. Jetzt waren sie ausgeruht und fanden keine Freude daran.
    Schneckenhäuser
    Am 5. September wurde Hanns-Martin Schleyer entführt. Breisinger, zu Besuch im Schweizer Kanton Thurgau, eilte zurück, berief eine Sondersitzung des Kabinetts ein, kondolierte den Familien der erschossenen Begleitpersonen Schleyers und folgte der Einladung des Bundeskanzlers, am Großen Krisenstab in Bonn teilzunehmen. In Stammheim und anderen Gefängnissen wurde gegen die einsitzenden Mitglieder der ›Rote Armee Fraktion‹ eine Kontaktsperre verfügt.
    Noch widerstanden die Parteien der Versuchung, politisches Kapital aus den Ereignissen zu schlagen. Aber Breisinger hatte die Vorwürfe nicht vergessen, die wegen der angeblichen Isolationsfolter, des Abhörens von Verteidigergesprächen und der Zwangsernährungspraktiken gegen ihn und seine Regierung erhoben worden waren. Er bereitete sich darauf vor, bei nächster Gelegenheit abzurechnen.
    Alles, was er seit Jahren vergeblich forderte, sollte gegen die laxe Bundesregierung aufgefahren und zum Beweis genommen werden, daß die Eskalation der Gewalt, wie sie mit der Ermordung Siegfried Bubacks und Jürgen Pontos begonnen und jetzt mit dem Kölner Überfall ihren traurigen Höhepunkt erreicht hatte, bei kompromißloser staatlicher Härte zu vermeiden gewesen wäre. Kontaktsperregesetz, Sicherungsverwahrung für terroristische Gewalttäter, Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts, Verbot radikaler kommunistischer Gruppierungen, Auflösung der Allgemeinen Studentenausschüsse, bundesweites Festhalten am Radikalenerlaß – eine stattliche Geschützbatterie war es, die sich in Stellung bringen ließ. Breisinger war von der Überzeugung beseelt, auch diesmal recht behalten zu haben.
    Justizminister Dr. Rentschler dagegen, der mit leiser Stimme im Kabinett über die Anweisungen an den Stammheimer Justizvollzugsdienst berichtete, machte einen nervösen, niedergeschlagenen Eindruck.
    In der dritten Oktoberwoche hatte Bernhard Gundelach Frühdienst. Anders als sonst nahm er ihn ernst. Schon vor sieben Uhr saß er am Schreibtisch. Die Herausforderung des Staates durch Terroristen war in ein neues Stadium getreten: In Mogadischu stand die gekidnapte Lufthansamaschine, von Hanns-Martin Schleyer gab es wieder Lebens- und Leidenszeichen. Und die selbsternannten Kriegsgefangenen im Hochsicherheitstrakt waren, wie unter der Hand zu hören war, trotz Kontaktsperre gut informiert und aufgekratzt wie vor dem nahenden Ende einer siegreichen Schlacht.
    Es galt, wachsam zu sein.
    Am 18. Oktober, um sieben Uhr zehn, klingelte in der Baracke das Telefon. Innenministerium, Lagezentrum, Walz. Guten Morgen. Mit wem spreche ich?
    Regierungsrat Gundelach, Staatskanzlei.
    Sie sind der Chef vom Dienst?
    Sozusagen.
    Schleyer ist tot, dachte Gundelach. Aus den Morgennachrichten und den Eilmeldungen des Tickers wußte er von der gelungenen Erstürmung des Jets in Somalia. Das ist der Preis. Es mußte so kommen.
    Drei Terroristen in Stammheim sind tot, sagte der Beamte knapp. Eine vierte Person, Irmgard Möller, ist schwer verletzt. Es handelt sich unzweifelhaft um Selbstmorde.
    Gundelach spürte, wie ihm die Luft wegblieb. Der ›Mescalero‹-Brief fiel ihm ein, jenes anonyme, nach dem Schleyer-Attentat an der Göttinger Universität verteilte Pamphlet. War es ähnliches, was er jetzt empfand: klammheimliche Freude?
    Wann erfolgten die … Suizide?
    Das wird gegenwärtig untersucht. Die Toten wurden vor etwa einer Stunde beim morgendlichen Kontrollgang gefunden. Es gibt da ein Problem –.
    Ein Problem? Baader und Raspe haben sich erschossen.
    Erschossen? Um Gottes willen, womit denn?
    So erschrocken war er, daß ihm das Törichte seiner Frage nicht einmal bewußt wurde.
    Mit Pistolen. Wir wissen nicht, wie sie in die Zellen gelangt sind.
    Das gibt es nicht, dachte Gundelach. Das ist ganz und gar unmöglich. Hochsicherheitstrakt. Kontaktsperre. Pausenlose Überwachung. Da kommt doch keine Maus rein, ohne daß Alarm ausgelöst wird.
    Und die Schüsse wurden auch nicht gehört, von niemandem?
    Offenbar nicht.
    Wieder ertappte sich Gundelach dabei, Befremdliches zu wünschen. Vielleicht hat ein

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