Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
Zeitungen abgebildet gewesen war. Sie musste um die fünfzig Jahre alt sein. Kleidete sich wie ein Teenager in bauchfreiem Pulli, eng anliegender Jeans und Ballerinas, lachte ununterbrochen und drehte dabei braune Haarsträhnen um einen Finger, dies alles vor den Augen ihres zwölfjährigen Sohnes, der sie peinlich berührt beobachtete. Jemand musste ihr eingeredet haben, lautes Lachen sei ein Zeichen für Jugendlichkeit.
    Ein Stück weiter erzählte eine einstige Schönheit, in deren langes blondes Haar sich graue Strähnen mischten und die für ihre drei Ehemänner berühmt war, von denen einer reicher gewesen war als der andere, dass sie allen Verführungen abgeschworen habe. Nunmehr pflege sie ihre Seele und wandele auf den Spuren des Dalai Lama. Sie trank warmes Wasser mit einer Zitronenscheibe, meditierte und suchte eine Babysitterin für ihren Ehemann, damit sie sich ihrem spirituellen Streben widmen konnte, ohne durch sexuelle Verpflichtungen aufgehalten zu werden. Sex! Wenn ich bloß daran denke, welchen Stellenwert man ihm in unserer Gesellschaft beimisst!, empörte sie sich und wedelte gereizt mit einer Hand.
    Eine andere Frau krallte sich an den Arm ihres Mannes wie eine Blinde an das Geschirr ihres Hundes. Er tätschelte ihren Arm, sprach sanft auf sie ein und erzählte ihr detailreich von seiner letzten Gletscherabfahrt mit seinem Freund Fabrice. Seine Frau schien nicht mehr zu wissen, wer Fabrice war, und Speichel lief ihr aus dem Mund. Zärtlich wischte er ihr die Lippen ab.
    Und dann dieser mit Botox vollgepumpte Mann! Iris hatte ihr erzählt, dass er Schuhgröße einundvierzig hatte, aber seine Schuhe in Größe sechsundvierzig kaufte und sie mit zusammengerollten Socken ausstopfte, um große Füße vorzuweisen und alle glauben zu machen, er habe einen gewaltigen Penis. Wenn er zeichnete – er war Innenarchitekt –, spitzte ein Assistent seine Bleistifte an und legte sie ihm in die Hand. Ein Friseur kam eigens einmal im Monat aus New York, um ihm die Haare zu schneiden und Strähnchen zu färben. Die Kosten dafür: dreitausend Euro. Flugticket inbegriffen, prahlte er. Alles in allem ist es gar nicht so teuer …
    Joséphine erkannte sie alle.
    Sie trank ein Glas Champagner nach dem anderen. In ihrem Kopf drehte sich alles.
    Was mache ich hier überhaupt? Ich habe diesen ganzen Menschen nichts zu sagen.
    Sie ließ sich auf ein Sofa fallen und betete zum Himmel, dass sie niemand ansprach. Ich werde unauffällig verschwinden, mich zurückziehen und hinausgehen.
    Doch dann …
    … kam der große Auftritt der Windbeutel. Auf silbernen Tabletts, die die Filipinos mit ausgestreckten Armen vor sich hertrugen. Rufe erschallten, Beifall brandete auf, gefolgt von einem allgemeinen Ansturm auf die Tische, auf denen sie abgestellt wurden.
    Joséphine nutzte die Gelegenheit, um aufzustehen, griff nach ihrer Handtasche und wollte sich gerade davonschleichen, als Gaston Serrurier ihr in den Weg trat.
    »Ach … Sie recherchieren bei den Reichen und Verderbten?«, fragte er in sarkastischem Ton.
    Joséphine lief rot an.
    »Dann habe ich also recht. Sie sind eine Spionin. Für wen arbeiten Sie? Für mich, hoffe ich … An Ihrem nächsten Roman …«
    Joséphine stammelte nein, nein, sie recherchiere nicht.
    »Das sollten Sie aber! Diese Gesellschaft ist eine wahre Fundgrube für Geschichten. Hier fänden Sie genug Material, um die Briefe der Madame de Sévigné zu schreiben, das wäre doch eine nette Abwechslung zum zwölften Jahrhundert. Und ich käme dabei auch auf meine Kosten. Nehmen Sie zum Beispiel dieses rührende Paar …«
    Er deutete mit dem Kinn auf die Frau, die sich an den Arm ihres Mannes klammerte.
    »Sie sind die Einzigen, die ich hier tatsächlich anrührend finde«, sagte Joséphine.
    »Soll ich Ihnen ihre Geschichte erzählen?«
    Er nahm sie beim Ellbogen und führte sie zu einem Sofa, wo sie sich nebeneinander niederließen.
    »Hier sitzen wir doch gut, finden Sie nicht? Wie im Kino. Sehen Sie sie an. Alle stürzen sich auf Bérengères Windbeutel. Wie dicke, gefräßige Fliegen, Fliegen, die sich ganz leicht zum Narren halten lassen … Denn es ist nicht Bérengère, die diese köstlichen kleinen Windbeutel backt. Sie kommen von Madame Keitel, einer Konditorin aus dem fünfzehnten Arrondissement. Wussten Sie das?«
    Joséphine gab sich schockiert über diese gemeine Unterstellung.
    »Tss, tss«, zischte Serrurier. »Vergebliche Liebesmüh … Sie sind eine schlechte Lügnerin. Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher