Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
sein Licht getaucht. Das Lachen hatte eine verborgene Schönheit freigesetzt, die ihre Augen, ihre Haut, ihr Lächeln funkeln ließ.
»Sie sollten häufiger lachen«, sagte Gaston Serrurier und sah sie ernst an.
Joséphine spürte, wie in diesem Moment eine Verbundenheit zwischen ihnen aufkeimte. Eine zärtliche Vertrautheit. Als hauchte er einen keuschen Kuss auf ihre gesenkten Lider, den sie schweigend entgegennahm. Sie schlossen einen Pakt. Sie akzeptierte seine großzügige Schroffheit, er erfreute sich an ihrer heiteren Unschuld. Er spornte sie an und brachte sie zum Lachen, sie überraschte ihn und rührte sein Herz. Wir werden ein schönes Freundespaar abgeben, dachte sie, als ihr zum ersten Mal seine lange, gerade Nase, sein gebräunter Teint und das schwarze, durch einzelne weiße Fäden aufgelockerte Haar eines spanischen Hidalgo auffiel.
»Na gut, also weiter … Eine schöne Hochzeit … Eine schöne Wohnung, die ihre Eltern ihnen geschenkt hatten, ein feudales Landhaus in der Bretagne, das ebenfalls den Schwiegereltern gehört. Kurzum, der Beginn eines schönen Lebens. Sehr schnell hat er sie geschwängert, sie bekam zwei hübsche Kinder … und danach hat er sie nie wieder angerührt. Sie hat sich darüber kaum gewundert, weil sie glaubte, so gehe es bei allen Paaren zu. Und dann, eines Tages, Jahre später, im Winterurlaub, hatte sie ihre Wollmütze in ihrem Zimmer vergessen – ihrem gemeinsamen Zimmer, sollte ich präzisieren –, sie ging also wieder nach oben und fand ihren Mann … im Bett … mit einem Freund. Seinem besten Freund. In voller Aktion. Es war ein fürchterlicher Schock. Seitdem lebt sie unter dem Einfluss von Prozac und klammert sich an den Arm des Mannes, der sie betrogen hat. Und jetzt wird die Geschichte wirklich bemerkenswert … denn er wandelte sich zum besten Ehemann der Welt. Aufmerksam, zärtlich, bemüht, geduldig. Man kann sogar behaupten, dass sie von diesem Moment an, seit dieser grausamen Enttäuschung, endlich ein richtiges Paar geworden sind … Erstaunlich, nicht?«
»Da haben Sie recht …«
Die Liebe ist erstaunlich. Philippe sagt, dass er mich liebt, und schläft mit einer anderen. Sie legt ihre Uhr auf seinen Nachttisch, ehe sie unter die Dusche geht, schmiegt sich zum Einschlafen in seine Arme …
»Und das ist nur eine Geschichte unter vielen. Keiner der hier Anwesenden, ich betone ausdrücklich, keiner, führt das Leben, das er zu führen vorgibt. Sie alle spielen Theater. Bei manchen ist es ein wahrer Spagat, bei anderen sind es bloß kleine Schlenker. Aber sie alle bewegen sich abseits der Pfade, denen sie zu folgen behaupten … Sie hingegen, Joséphine, Sie sind anders … Sie sind eine merkwürdige Frau.«
Er legte eine Hand auf ihr Knie. Sie wurde feuerrot. Er bemerkte es und legte einen Arm um ihre Schultern, um sie vollends in Verlegenheit zu bringen.
Diese Umarmung erregte die Aufmerksamkeit von Bérengère Clavert, die nicht weit von ihnen entfernt stand.
Ein paar Kinder hatten Windbeutel in eine Orangensaftkaraffe gefüllt, und die kleinen Meisterwerke schwammen an der Oberfläche. Wie unordentlich das aussah!
Sie wollte die Karaffe gerade in die Küche zurückbringen, als ihr zufällig Serruriers Geste ins Auge stach …
Was hat dieses Mädchen bloß so Außergewöhnliches an sich? Philippe Dupin, der italienische Mittelalterexperte, Serrurier! Muss sie sich denn alle unter den Nagel reißen?, dachte sie gereizt und stieß die Tür zur Küche auf.
Sie prallte mit einem Filipino zusammen, der ins Schwanken geriet, beinahe das Tablett in seinen Händen fallen ließ, sich mit einer Hand an der heißen Herdplatte abfing, aufschrie, sich gerade noch halten konnte und es schaffte, nichts zu Bruch gehen zu lassen. Bérengère zuckte mit den Achseln – Wie kann man nur so klein sein, man sieht ihn ja gar nicht unter seinem Tablett! – und wandte sich wieder ihrem ursprünglichen Gedanken zu: Joséphine Cortès. Sie ködert sie mit ihrem Nonnengetue. Muss man denn mittlerweile ein Keuschheitsgelübde ablegen, um die Männer zu betören?
Sie schalt eine der Aushilfen, die Orangengeleestäbchen einzeln auf einen Teller legte.
»Mein Gott, schütten Sie sie drauf! Wenn Sie so weitermachen, sind die Gäste weg, ehe Sie fertig sind!«
Die junge Frau starrte sie verwirrt an.
»Ach, ich vergaß! Die versteht ja gar kein Französisch! You’re too slow! Hurry up! And put them directly on the plate! «
»Okay, Madame«, sagte das Mädchen mit
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