Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
deshalb hast du Angst. Man hat immer Angst vor dem Unbekannten …«
»Glaubst du, wenn Männer einen erst einmal gehabt haben, wollen sie einen nicht mehr?«
»Ach was! Außerdem hat Gaétan dich nicht ›gehabt‹ … Gaétan ist in dich verliebt.«
»Glaubst du wirklich?«
»Natürlich!«
»Ich liebe Gaétan, und ich will nicht, dass er ein gemeiner Mistkerl ist …«
»Aber er ist kein gemeiner Mistkerl, Liebes … Ich bin mir sicher, dass er ein Problem hat. Vielleicht geschieht ihm gerade etwas ganz Schreckliches, worüber er nicht einmal mit dir zu sprechen wagt. Er schämt sich dafür, er glaubt, du würdest ihn fallen lassen, wenn du davon erfährst … Frag ihn einfach. Sag ihm, ich weiß, dass dir etwas Schlimmes passiert ist, worüber du nicht mit mir reden willst … und du wirst sehen, dann erzählt er dir davon, und du bist beruhigt.«
»Weil, weißt du … bevor ich mich mit Emma gestritten habe, sind wir mit ein paar Freunden in ein Café gegangen, und da … da habe ich gehört, wie die Jungs über die Mädchen gesprochen haben. Und was sie gesagt haben, war einfach FÜRCHTERLICH ! Sie haben über Freundinnen von uns gesprochen. Sie sagten, die, die ist ein billiges Flittchen, da darf jeder mal drüber. Und die hat zwar ’ne hässliche Fresse, aber sie fickt gut. Wir saßen direkt daneben, und sie sagten all diese grauenhaften Sachen! Und das Schlimmste ist, dass ich mich nicht getraut habe, etwas zu sagen. Emma und ich sind aufgestanden und zu ihr nach Hause gegangen. Und da habe ich an Gaétan gedacht, und ich habe mir gedacht, womöglich spricht er genauso über mich, womöglich hat er all seinen Freunden von unserer Nacht erzählt. Das ist gemein.«
»Aber nein! Wie kannst du nur glauben, er würde …«
»Wir reden nie so über die Jungs! Ich schwöre dir, es war grauenhaft. Und in ihren Geschichten waren nicht sie die Mistkerle, nein, das waren die Mädchen. Sie waren alle billige Schlampen, Sexspielzeug! Da waren überhaupt keine Gefühle im Spiel, Maman, nichts! Ich habe mich so davor geekelt. Und darum habe ich Emma von Gaétan erzählt, und da hat sie gesagt, dass sie schwer beleidigt ist, weil ich ihr vorher nichts davon erzählt habe … dass ich sie nicht als Freundin betrachte, nicht als richtige Freundin, und wir haben uns gestritten … Maman, ich verstehe nichts von der Liebe, absolut gar nichts …«
Und was ist mit mir?, dachte Joséphine. Ich bin ahnungslos wie ein dummes Landei. Es sollte einen Verhaltenskodex geben, Regeln, an die man sich halten kann. Für Zoé und mich wäre das ideal. Wir sind nicht gewappnet für die Verstrickungen und Strategien der Liebe. Wir möchten, dass alles geradeaus läuft, dass alles immer schön ist, schön und rein. Wir möchten alles geben und wünschen uns, dass der andere alles nimmt. Ohne Berechnung und Zweifel.
»Maman, was wollen die Männer?«
Joséphine fühlte sich entsetzlich hilflos. Ein Mann liebt einen nicht wegen der inneren Werte, ein Mann liebt einen nicht, weil man immer da ist, ein Mann liebt keine pflichtbewusste kleine Soldatin. Ein Mann liebt einen wegen einer Verabredung, zu der man nicht gekommen ist, wegen eines Kusses, den man ihm verweigert, wegen eines Wortes, das man nicht ausspricht. Serrurier hatte es erst gestern gesagt, man darf auf keinen Fall berechenbar sein.
»Ich weiß es nicht, Zoé … Es gibt dafür keine Regeln, weißt du …«
»Aber du musst das doch wissen, Maman! Du bist schließlich alt …«
»Danke, mein Schatz!«, sagte Joséphine lachend. »Jetzt fühle ich mich gleich viel besser!«
»Willst du damit sagen, dass man es nie weiß … Niemals?«
Joséphine nickte bekümmert.
»Aber das ist ja furchtbar! Hortense macht sich diese ganzen Gedanken nicht …«
»Hör auf, dich ständig mit Hortense zu vergleichen!«
»Sie leidet nicht! Sie hat nicht gezögert, als sie sich zwischen Gary und ihrem Job entscheiden musste. Sie hat ihre Sachen gepackt und ist gefahren. Sie ist stark, Maman, sie ist so verdammt stark …«
»Sie ist eben Hortense …«
»Und wir sind nicht wie sie …«
»Überhaupt nicht!«, sagte Joséphine, die die Situation mittlerweile recht komisch fand, lächelnd.
»Darf ich bei dir schlafen, bis der Wecker klingelt und ich zur Schule muss?«
Joséphine rückte zur Seite und machte ihr Platz. Zoé legte sich dicht neben sie. Wickelte eine Haarsträhne um ihren Daumen. Steckte den Daumen in den Mund und erklärte: »Ich hab’s satt, dass die Jungs uns
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