MoR 01 - Die Macht und die Liebe
entgegen. Schließlich ließ er sich auf eine Verbindung ein, die ihn mindestens zehn Millionen Sesterze kosten würde.
Gaius Julius Caesar ergriff die Hand und schüttelte sie lang. »Also abgemacht!« rief er lachend.
Sie kehrten ins Haus zurück. Caesar schickte einen verschlafenen Sklaven nach dem alten sagum von Gaius Marius.
»Wann darf ich Julia sehen und sprechen?« fragte Marius.
»Morgen nachmittag«, antwortete Caesar und öffnete eigenhändig die Haustür. »Gute Nacht, Gaius Marius.«
»Gute Nacht, Gaius Julius.« Marius trat in die kalte Winternacht hinaus.
Aber er spürte die Kälte nicht. Auf dem Heimweg war ihm so warm ums Herz wie schon lange nicht mehr. Sollte der ungebetene Gast, jenes gewisse Gefühl, das ihn immer wieder überfiel, tatsächlich recht behalten? Konsul! Wenn ihm das gelang, dann mußte er auch einen Sohn haben. Einen zweiten Gaius Marius.
Als die beiden Töchter Caesars am nächsten Morgen zum Frühstück in ihr kleines Wohnzimmer kamen, war Julilla so unruhig, daß sie sich nicht setzen konnte, sondern ständig von einem Bein aufs andere hüpfte.
»Was ist denn los?« fragte ihre Schwester gereizt.
»Spürst du nichts? Irgendwas ist los, dabei wollte ich mich doch heute vormittag mit Clodilla auf dem Blumenmarkt treffen - ich habe es ihr fest versprochen! Aber ich glaube, wir müssen heute wieder zu so einem langweiligen Familienrat dableiben.« Julilla verdrehte die Augen.
»Du bist wirklich undankbar!« sagte Julia. »Kennst du sonst noch ein Mädchen, das bei einem Familienrat mitreden darf?«
»Ach Quatsch, so ein Familienrat ist doch nur langweilig. Nie reden wir über etwas Interessantes, immer nur über Sklaven, Geldsorgen und Lehrer. Ich will nicht mehr in die Schule. Homer und der blöde alte Thukydides hängen mir zum Hals raus! Was soll ich damit?«
»Diese Autoren bilden dich«, sagte Julia streng. »Du willst doch auch einmal einen tüchtigen Ehemann, oder nicht?«
Julilla kicherte. »Ich stelle mir unter einem tüchtigen Mann jemand anders vor als Homer und Thukydides. Ach, ich wollte heute so gerne ausgehen!« Sie hopste hin und her.
»Wie ich dich kenne, tust du das auch, wenn du es dir in den Kopf gesetzt hast«, sagte Julia. »Setz dich jetzt bitte hin und iß!«
Ein Schatten verdunkelte die Tür. Die Mädchen blickten auf und öffneten erstaunt den Mund. Ihr Vater! Hier!
»Julia, ich möchte mit dir sprechen«, sagte Caesar und trat ein. Ausnahmsweise schenkte er Julilla keine Beachtung,
»Oh, tata! Nicht einmal ein Gutemorgenküßchen?« fragte die Lieblingstochter schmollend.
Gedankenverloren sah er sie an und kniff sie in die Wange. »Willst du nicht etwas unternehmen, mein Schmetterling?«
Julilla strahlte. »Danke, tata, danke! Darf ich auf den Blumenmarkt gehen? Und zum Porticus Margaritaria?«
»Wie viele Perlen willst du dir heute kaufen?« fragte ihr Vater lächelnd.
»Tausend!« rief sie und wollte losrennen.
Caesar drückte ihr noch einen Silberdenar in die Hand. »Das reicht zwar nicht einmal für eine einzige kleine Perle, aber vielleicht reicht es für einen Schal.«
»Oh, danke tata, danke!« Julilla gab ihm einen Kuß und war verschwunden.
Caesar blickte seine älteste Tochter freundlich an. »Setz dich, Julia.«
Erwartungsvoll setzte sie sich, sagte aber kein Wort. Marcia kam herein und nahm neben ihrer Tochter auf dem Sofa Platz.
»Was ist los, Gaius Julius?« fragte Marcia neugierig.
Caesar blieb stehen, verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und richtete schließlich seine leuchtend blauen Augen auf Julia. »Hat Gaius Marius dir gefallen, Liebling?« fragte er.
»Ja, warum, tata?«
»Was hat dir an ihm gefallen?«
Sie überlegte einen Augenblick. »Ich glaube, seine schlichte, aufrichtige Art zu sprechen. Und weil er so natürlich wirkt. Er hat bestätigt, was ich mir schon immer gedacht habe.«
»Ja?«
»Dieser Tratsch, den man immer hört - daß er kein Griechisch kann, daß er ein dummer Bauer ist, daß er sich auf Kosten anderer einen Ruf als Feldherr geschaffen hat. Mir kam es immer so vor, als ob die Leute zuviel redeten. Das konnte einfach nicht alles wahr sein. Jetzt, wo ich ihn kennengelernt habe, bin ich mir sicher, daß ich recht habe. Er ist kein dummer Bauer und durchaus nicht ungehobelt. Er ist intelligent und sehr belesen! Sein Griechisch klingt zwar nicht besonders schön, aber seine Grammatik und sein Wortschatz sind ganz ausgezeichnet. Er kleidet sich nicht besonders
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