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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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gewählte Konsul. Als Konsul habe ich das Recht, den Feldherrn zu bestimmen, und der Senat von Rom hat mir für die Dauer des Krieges gegen König Mithridates ein prokonsularisches Imperium übertragen. Und ich wählte — wie es mein Recht ist! — die Legionen, die mit mir gehen sollten. Ich wählte euch. Die Männer, die mit mir durch dick und dünn gegangen sind, einen zermürbenden Feldzug nach dem anderen mit mir durchgestanden haben. Ihr kennt mich, und ich kenne euch. Ich liebe euch nicht, auch wenn Gaius Marius seine Männer liebt, wie ich glaube. Und ich hoffe, daß ihr mich nicht liebt, auch wenn Gaius Marius von seinen Männern geliebt wird. Ich habe nie geglaubt, daß Männer sich lieben müssen, damit die Arbeit gemacht wird. Warum sollte ich euch also lieben? Ihr seid Halunken und Schlingel aus den stinkenden Abwasserlöchern Roms und seiner Umgebung! Und doch — bei den Göttern, ich achte euch hoch! Ich habe euch wiederholt aufgefordert, euer Bestes zu geben — und beim Jupiter, ihr habt es immer gegeben!«
    Einer fing an zu klatschen, und bald klatschten alle außer einer kleinen Gruppe von Männern neben der Rednerbühne, den Militärtribunen — vom Volk gewählte Beamte, die die Legionen des Konsuls befehligten. Die Militärtribunen des Vorjahres, unter ihnen Lucullus und Hortensius, hatten gern unter Sulla gearbeitet. Die für dieses Jahr gewählten Männer haßten Sulla, denn sie hielten ihn für einen harten und zu anspruchsvollen Vorgesetzten. Sulla ließ diese Männer nicht aus den Augen, während die Soldaten klatschten.
    »Ja, Soldaten, wir wären übers Meer gesegelt und hätten in Griechenland und Kleinasien gegen Mithridates gekämpft. Diesmal hätten wir nicht die Felder unseres geliebten Italiens niedergetrampelt, nicht italische Frauen vergewaltigt. Ach, was wäre das für ein Feldzug geworden! Wißt ihr, wieviel Gold Mithridates hat? Berge! Allein in Klein-Armenien häuft sich das Gold in über siebzig Burgen bis zum Mauersims! Gold, das vielleicht unser geworden wäre. Ich will damit nicht sagen, daß Rom leer ausgegangen wäre — ganz im Gegenteil! Wir hätten in Gold gebadet! Wir — und Rom! Von den üppigen asiatischen Frauen, den Sklaven in Hülle und Fülle ganz zu schweigen. Lauter gute Dinge, mit denen nur Soldaten etwas anfangen können.«
    Sulla zuckte die Achseln und streckte die leeren Handflächen nach vorne. »Es soll nicht sein, Männer. Die Versammlung der Plebs hat uns unseres Auftrags enthoben. Eigentlich entscheidet die Volksversammlung sonst nicht über Kriege und Feldherren. Aber die Entscheidung steht im Einklang mit den Gesetzen. So sagt man mir zumindest. Obwohl ich mich natürlich frage, wie es legal sein kann, einen Konsul im Jahr seines Konsulats zu stürzen! Aber ich gehorche Rom, wie ihr alle. Verabschiedet euch besser von euren Träumen vom Gold und von fremden Frauen. Wenn nämlich Gaius Marius nach Osten zieht, um gegen König Mithridates von Pontos zu kämpfen, wird er seine eigenen Legionen mitnehmen. Er wird nicht meine befehligen wollen.«
    Sulla stieg vom Podium, schritt durch die Reihen seiner vierundzwanzig Militärtribunen, ohne sie eines einzigen Blickes zu würdigen, verschwand in seinem Zelt und überließ es Lucullus, die Männer vom Platz zu schicken.
    »Das war ein Meisterstück«, sagte Lucullus, als er zur Berichterstattung ins Feldherrnzelt kam. »Du hast dir nie als Redner einen Namen gemacht, und ich wage zu behaupten, daß du die Regeln der Redekunst mißachtest. Aber du verstehst es zweifellos, deine Botschaft an den Mann zu bringen, Lucius Cornelius.«
    »Danke Lucius Licinius«, sagte Sulla fröhlich und zog Panzer und Faltenrock aus. »Ich bin ganz deiner Meinung.«
    »Und jetzt?«
    »Warte ich darauf, daß mir offiziell das Kommando entzogen wird.«
    »Und dann willst du es wirklich wagen, Lucius Cornelius?«
    »Was?«
    »Den Marsch auf Rom.«
    Sulla riß die Augen weit auf. »Mein lieber Lucius Licinius! Daß du an so etwas überhaupt denken kannst!«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Eine andere Antwort bekommst du nicht.«

    Zwei Tage später war es soweit. Die ehemaligen Prätoren Quintus Calidius und Publius Claudius trafen mit einem Brief in Capua ein, der das offizielle Siegel des Publius Sulpicius Rufus trug, des neuen Herrn von Rom.
    »Ihr dürft mir den Brief nicht hier in meinem Zelt übergeben«, sagte Sulla. »Die Übergabe hat in Anwesenheit meines Heeres stattzufinden.«
    Wieder mußte Lucullus die Legionen zur

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