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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Liciniana sich nicht ein einziges Mal dazu hinreißen ließ, eine deutliche Vorliebe für diesen oder jenen Freier zu äußern, fielen ihre Bemerkungen bei Mamercus auf fruchtbaren Boden. Immerhin brachte Servilia eine riesige Mitgift sowie einen alten patrizischen Namen mit und war zudem, wie Porcia Liciniana Mamercus versichert hatte, von einnehmender Erscheinung.
    So wählte Mamercus, um ja nichts falsch zu machen, den Mann aus, der in Porcia Licinianas Beurteilung am besten abgeschnitten hatte: Marcus Junius Brutus. Brutus war ein Senator Anfang Dreißig und somit über jugendliche Eskapaden und Fehltritte erhaben. Wenn der ältere Brutus starb (was nicht mehr lange dauern würde, wie Porcia Liciniana versichert hatte), würde er zum Oberhaupt seiner Familie aufsteigen. Davon abgesehen war er ein vermögender Mann und von einwandfreier, wenn auch plebejischer Herkunft.
    Servilia kannte Brutus nicht, und selbst nachdem Porcia Liciniana sie von ihrer bevorstehenden Vermählung unterrichtet hatte, durfte sie Brutus bis zum Tag ihrer Hochzeit nicht sehen. Daß sie sich dieser uralten Sitte beugen mußte, ging ausnahmsweise nicht auf die gestrenge Porcia Liciniana zurück, sondern war die direkte Folge einer in ihrer Kindheit über sie verhängten Strafe. Weil sie im Haushalt ihres Onkels Drusus für ihren verfemten Vater spioniert hatte, hatte Drusus sie mit einer Art Hausarrest belegt. Servilia durfte in Drusus’ Haus nie mehr ein eigenes Zimmer bewohnen, und genausowenig war ihr gestattet, das Haus zu verlassen, es sei denn in Begleitung einer Aufsichtsperson, die jeden ihrer Schritte und jedes ihrer Worte überwachte. Das war zwar viele Jahre vor ihrem Eintritt ins heiratsfähige Alter gewesen, und obwohl inzwischen längst alle Erwachsenen tot waren, die damals eine Rolle gespielt hatten — Mutter und Vater, Tante und Onkel, Großmutter und Stiefvater —, galt Drusus’ Verdikt noch immer.
    Es war also keine Übertreibung, wenn behauptet wurde, Servilia sei so begierig gewesen, zu heiraten und das Haus ihres Onkels zu verlassen, daß es sie kaum kümmerte, wen sie zum Mann bekam. Wer immer es war, er würde sie aus ihrer verhaßten Vormundschaft befreien. Aber dann seufzte sie doch erleichtert auf, als sie seinen Namen vernahm. Ein Mann aus ihrer Klasse, mit einem vergleichbaren Hintergrund! Kein kleiner Adliger vom Land, wie sie stets befürchtet hatte und wie Onkel Drusus es ihr zu seinen Lebzeiten wiederholt angedroht hatte.
    So zog sie, eine frischgebackene und sehr dankbare Braut, mitsamt ihrer enormen Mitgift von zweihundert Talenten oder fünf Millionen Sesterzen in das Haus des Marcus Junius Brutus. Und was noch besser war, ihre Mitgift blieb in ihrem Besitz. Mamercus hatte das Geld klug angelegt, und sie verfügte über ein reichliches Einkommen. Zudem hatte er bestimmt, daß Servilias Vermögen nach ihrem Tod an ihre Töchter fallen sollte. Da Marcus Junius Brutus selbst kein armer Mann war, betrübte ihn diese Regelung nicht im geringsten, im Gegenteil, hatte er damit doch eine Frau aus dem höchsten patrizischen Adel, die stets in der Lage sein würde, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Ob es sich um Sklaven, den Lohn für Bedienstete, Gewänder, Schmuck, Häuser oder sonst etwas handelte, sie würde ihre Unkosten aus eigener Tasche bestreiten müssen. Sein Geld war sicher!
    Abgesehen von der Freiheit, zu gehen, wohin es ihr gefiel, und zu besuchen, wen sie wollte, entpuppte sich ihre Heirat mit Brutus schnell als eine ausgesprochen lustlose Angelegenheit. Allzulange hatte Brutus das Leben eines Junggesellen geführt, ohne Mutter oder eine andere Frau im Haus. Sein Tagesablauf war fest geregelt, und eine Frau hatte darin keinen Platz. Es gab nichts, was er mit ihr teilte, nicht einmal, so empfand sie es, seinen Körper. Wenn er Freunde zum Essen einlud, gab er ihr vorher zu verstehen, daß sie das Speisezimmer meiden sollte, sein Arbeitszimmer war ihr sowieso verboten. Niemals wandte er sich an sie, um mit ihr etwas zu besprechen, niemals zeigte er ihr, was er gekauft oder erstanden hatte, niemals begehrte er ihre Gesellschaft, wenn er einen seiner Landsitze aufsuchte. Was seinen Körper betraf — nun, damit suchte er sie von Zeit zu Zeit in ihrem Zimmer auf, versetzte sie aber in keinster Weise in Erregung. Plötzlich, so fand sie, lebte sie in einer viel größeren Zurückgezogenheit, als sie nach den langen Jahren ohne Rückzugsmöglichkeit ertragen konnte. Da ihr Ehemann es außerdem

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