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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Garten hing.

    »Caesar! Caesar, wo bist du?«
    Stirnrunzelnd, eine Schreibfeder in der einen, eine Papierrolle in der anderen Hand, trat Caesar, der lediglich eine dünne Tunika trug, aus dem Arbeitszimmer seines Vaters. Die Stimme seiner Mutter hatte ihn aus seinen Gedanken aufgeschreckt.
    Seiner Mutter, die sich in viele Lagen eines feinen, selbstgesponnenen Wollstoffes eingewickelt hatte, war sein körperliches Wohlergehen wichtiger als seine geistige Tätigkeit. »Es ist bitter kalt, und du läufst in einer dünnen Tunika herum«, schalt sie ihn. »Nicht einmal Schuhe trägst du. Caesar, du weißt ganz genau, daß dein Horoskop dir für dieses Alter eine schwere Krankheit prophezeit hat. Warum versuchst du Fortuna? Um zu verhindern, daß mögliche Gefahren auch wirklich eintreten, läßt man ja bei der Geburt ein Horoskop erstellen. Sei ein braver Junge!«
    Ihre Sorge war nicht vorgetäuscht, und so schenkte er ihr jenes Lächeln, für das er bereits berühmt war, eine Art wortlose Entschuldigung, die seinem Stolz keinen Abbruch tat.
    »Was gibt’s?« fragte er. Er hatte sich bereits damit abgefunden, daß er seine Arbeit unterbrechen mußte, denn seine Mutter hatte sich zum Ausgehen angezogen.
    »Wir sind zu Tante Julia bestellt worden.«
    »Zu dieser Tageszeit? Bei diesem Wetter?«
    »Ich bin froh, daß du das Wetter bemerkt hast. Nicht daß es dich dazu bewegt hätte, dich entsprechend zu kleiden, aber immerhin.. .«
    »Ich habe eine Kohlepfanne in meinem Zimmer stehen, Mater. Zwei sogar, um genau zu sein.«
    »Dann geh zurück in die Wärme und zieh dich um. Hier, wo der Wind durch den Lichtschacht zieht, ist es bitter kalt.« Bevor er sich zum Gehen wandte, fügte sie noch hinzu: »Und hole Lucius Decumius. Wir sollen alle kommen!«
    Damit meinte sie seine beiden Schwestern. Caesar war überrascht, es mußte sich um eine wichtige Familienkonferenz handeln. Fast war er versucht, ihr zu erwidern, daß er keinen Lucius Decumius brauche, daß auch hundert Frauen unter seinem Schutz sicher wären, doch im letzten Moment nahm er sich zurück. Er würde sich sowieso nicht durchsetzen können, warum sich also groß bemühen? Aurelia hatte immer eine genaue Vorstellung davon, wie etwas getan werden sollte.
    Eingehüllt in den Staat des Jupiterpriesters, trat er eine Weile später wieder aus seinem Zimmer. Bei solchem Wetter trug er unter dem Priestermantel, den er anstelle einer Toga umgelegt hatte, drei Tuniken, Wollhosen, die bis unter die Knie reichten, und über den Füßen, die in einem Paar unförmiger Stiefel steckten, ein paai dicke Socken. Der Priestermantel war aus zwei kreisförmigen Lagen eines grauen Stoffes genäht, in deren Mitte ein Loch geschnitten war, durch das er seinen Kopf stecken konnte. Der Mantel war abwechselnd mit scharlachroten und purpurfarbenen Stoffbändern geschmückt und reichte bis an seine Knie hinunter. Immerhin, dachte er in dem Versuch, dem verhaßten Gewand wenigstens eine gute Seite abzugewinnen, brauchte er selbst in einem Schneesturm, wie er gerade draußen tobte, keine Handschuhe überzuziehen. Auf dem Kopf trug er den apex, einen engsitzenden Helm aus Elfenbein, an dessen Spitze eine dicke, aus Wolle gefertigte Scheibe steckte.
    Seit Caesar offiziell zu einem Mann geworden war, hatte er sich an die Gebote gehalten, die das Amt des Jupiterpriesters mit sich brachte. Er hatte seine Kriegsübungen auf dem Marsfeld aufgegeben, achtete darauf, kein Metall zu berühren, trug keine Knoten oder Schnallen, grüßte keinen Hund, sein Schuhwerk wurde nur aus der Haut von Tieren gefertigt, die bei einem Unfall ums Leben gekommen waren, und er aß nur Dinge, die ihm als Jupiterpriester erlaubt waren. Daß er keinen Bart trug, lag daran, daß er ein bronzenes Rasiermesser benutzte; daß er Schuhe tragen konnte, wenn seine priesterlichen Holzschuhe unangemessen waren, verdankte er seinem Erfindungsreichtum. Er hatte sich Schuhe ausge- tüftelt, die gut saßen, aber dennoch ohne die Bänder und Senkel auskamen, mit denen sie üblicherweise um Wade und Knöchel gebunden wurden.
    Nicht einmal seine Mutter wußte, wie sehr er sein Priesterdasein haßte. Als er mit fünfzehneinhalb Jahren zum Mann wurde und sich ohne Murren den inhaltsleeren Gebräuchen des Jupiterpriesteramts unterwarf, hatte Aurelia sich von einer schweren Last befreit gefühlt. Caesars anfängliche Aufsässigkeit hatte nicht angehalten. Wie hätte sie die wahren Gründe hinter seinem plötzlichen Gehorsam erahnen sollen?

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