MoR 03 - Günstlinge der Götter
jung, gutaussehend und draufgängerisch gewesen sein, aber als Ehemann hatte er versagt. Lia entdeckte, daß es viele Vorteile hatte, die Frau eines reichen Mannes zu sein, auch wenn er doppelt so alt war wie sie, und mit der Zeit fing sie sogar an, ihren uninspirierenden zweiten Mann sehr zu schätzen. Sie schenkte ihm einen Sohn und ging so sehr in ihrem luxuriösen Leben auf den Gütern ihres Mannes vor Teanum Sidicinum auf, daß sie, als Scipio Asiagenus und Sulla in der Nachbarschaft ihre Lager aufschlugen, sich schlichtweg geweigert hatte, zu ihrer Mutter zurückzukehren, die, wie sie nur zu gut wußte, ihr angenehmes Leben ihren spartanischen Idealen unterstellen würde. Natürlich führte das nur dazu, daß Aurelia (nach einem Überraschungsbesuch bei Sulla, über den sie kaum mehr sagte, als daß er stattgefunden hatte) höchstpersönlich bei ihr auftauchte und sie nach Rom holte. Allerdings ohne ihre Söhne; Quintus Pedius hatte es vorgezogen, sie bei sich in Teanum zu behalten.
Julia Minor, die von allen Ju-ju genannt wurde, war Anfang des Jahres verheiratet worden, nicht lange nach ihrem achtzehnten Geburtstag. Um zu verhindern, daß sie einem nicht standesgemäßen Freier das Jawort gab, bestand Caesar darauf, die Auswahl zu treffen. Ju-ju wehrte sich heftig gegen seine selbstherrliche Übernahme einer Sache, die in die Hand zu nehmen sie sich selbst durchaus zutraute. Natürlich behielt Caesar die Oberhand und kam mit einem weiteren unglaublich vermögenden Freier heim. Er stammte aus einer alten Senatorenfamilie, im Senat war er Hinterbänkler und durchaus damit zufrieden. Er kam aus Aricia, nicht weit von Caesars Landgut bei Bovillae an der Via Appia, war also Latiner und somit über Quintus Pedius erhaben, der nur Campaner war. Nachdem Ju-ju Marcus Atius Balbus gesehen hatte, heiratete sie ihn ohne Murren. Und sie konnte sich nicht beklagen; Balbus war siebenunddreißig Jahre alt, sah aber für sein fortgeschrittenes Alter überraschend gut aus.
Da Marcus Atius Balbus im Senat saß, unterhielt er neben seinem weitläufigen Landsitz in Aricia ein domus in Rom. Ju-ju freute sich, es besser erwischt zu haben als ihre Schwester, konnte sie doch wenigstens mehr oder weniger ständig in Rom leben. Seit einiger Zeit trug Ju-ju ein Kind unter ihrem Herzen, aber das hielt Aurelia nicht davon ab, sie an diesem Nachmittag den ganzen Weg bis zu Gaius Marius’ Haus zu Fuß zurücklegen zu lassen.
»Schwangeren Frauen tut es nicht gut, wenn sie verhätschelt werden«, hatte Aurelia erklärt. »Das ist auch der Grund dafür, daß so viele von ihnen bei der Geburt sterben.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, sie würden sterben, weil sie sich ausschließlich von Bohnen ernährten«, hielt ihr Ju-ju entgegen.
»Daran auch. Pythagoräische Ärzte sind eine Landplage.«
Noch eine Frau war da, auch wenn sie keine Blutsbande mit den anderen verbanden, keine engen zumindest: die Frau des jungen Marius. Als Tochter des Scaevola Pontifex Maximus wurde sie Mucia Tertia genannt, um sie von ihren beiden berühmten Basen, den Töchtern von Scaevola dem Auguren, zu unterscheiden.
Obwohl Mucia Tertia nicht besonders schön war, hatte sie schon viele Männer um den Schlaf gebracht. Ihre blaßgrünen Augen standen unnatürlich weit auseinander und wurden von dichten schwarzen Wimpern eingefaßt, die nach außen hin länger wurden — ein Phänomen, das den Abstand zwischen ihren Augen noch zu vergrößern schien. Sie hätte es zwar nie zugegeben, aber sie selbst war es, die ihre Wimpern an den inneren Augenwinkeln mit einer winzigen Elfenbeinschere aus Ägypten kürzer trimmte. Mucia Tertia war sich ihrer ungewöhnlichen Anziehungskraft bewußt. Selbst ihre lange, gerade Nase gereichte ihr aus irgendeinem Grund nicht zum Nachteil, und ihr breiter Mund entsprach bei weitem nicht dem römischen Schönheitsideal. Wenn sie lächelte, präsentierte sie ein Gebiß, das aus Hunderten von makellos weißen Zähnen zu bestehen schien. Dabei hatte sie volle und sinnliche Lippen, und ihre cremefarbene Haut paßte hervorragend zu ihrem dunkelroten Haar.
Auch Caesar konnte sich ihrem Zauber nicht entziehen. Mit seinen siebzehneinhalb Jahren war er in sexuellen Dingen schon sehr erfahren, hatte doch jedes weibliche Wesen in der Subura danach gestrebt, diesen hübschen jungen Mann in die Wonnen der Liebe einzuweihen. Nur wenige hatten sich von Caesars Eigenart, darauf zu bestehen, daß sie gebadet und sauber waren, abschrek- ken lassen.
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