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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wirklich nicht so. Ja, ich habe Carbo zugesagt, mich aufstellen zu lassen, aber. . . aber ich hatte immer die Absicht, mir anzuhören, was meine Familie dazu zu sagen hat. Wirklich! Ich kann mich immer noch anders entscheiden.«
    »Ha! Du und dich anders entscheiden!« fuhr Aurelia dazwischen.
    »Sei ruhig, Aurelia.« Julias Finger umklammerten Aurelias Handgelenk. »Ich will keinen Streit in diesem Raum.«
    »Du hast vollkommen recht, Tante Julia, ein Streit ist das letzte, was wir jetzt brauchen könnten«, ergriff Caesar das Wort und zwängte sich zwischen seine Mutter und seine Tante. »Warum hast du ja gesagt?« Caesar sah seinen Vetter mit einem bohrenden Blick an.
    »Etwas mehr Vertrauen in meine Intelligenz hätte ich mir von dir doch erhofft, Caesar.« Marius ließ sich von Caesars Frage nicht aufs Glatteis führen. »Ich habe aus demselben Grund ja gesagt, aus dem auch du ja sagen würdest, müßtest du nicht Priestermütze und Mantel tragen.«
    »Ich verstehe zwar, warum du annimmst, ich hätte ebenfalls ja gesagt, aber tatsächlich hätte ich Carbos Ansinnen abgelehnt. In suo anno ist der richtige Zeitpunkt.«
    »Außerdem verstößt es gegen das Gesetz«, warf Mucia Tertia unvermittelt ein.
    »Nein«, antwortete Caesar, bevor sein Vetter etwas erwidern konnte. »Es verstößt zwar gegen die Sitten und sogar gegen die lex Villia annalis, aber ungesetzlich ist es nicht. Das wäre es nur, wenn dein Ehemann das Amt gegen den erklärten Willen des Senats und des Volkes von Rom annähme. Der Senat und das Volk haben die Macht, die lex Villia außer Kraft zu setzen. Und genau das wird auch geschehen. Der Senat und das Volk werden die notwendigen Erlasse verabschieden. Der einzige, der dieses Vorgehen als ungesetzlich verdammen wird, wird Sulla sein.«
    Eine ungute Stille breitete sich aus.
    »Das ist das Schlimmste daran«, ließ sich schließlich Julia mit verzagter Stimme hören. »Du stellst dich gegen Sulla.«
    »Ich hätte mich so oder so gegen Sulla stellen müssen, Mama«, entgegnete der junge Marius.
    »Aber nicht als der inaugurierte Repräsentant des Senats und des Volkes von Rom. Konsul zu werden heißt, die letztendliche Verantwortung zu übernehmen, heißt, Roms Truppen ins Feld zu führen.« Eine Träne rollte über Julias Wange. »Auf dich wird sich Sullas Denken konzentrieren, und Sulla ist der gewaltigste aller Männer. Ich kenne ihn nicht so gut wie deine Tante Aurelia, Gaius, aber ich kenne ihn. Ich habe ihn sogar gemocht, in den Tagen, in denen er sich um deinen Vater gekümmert hat. Sulla hat all die kleinen Ungereimtheiten, die sich immer um deinen Vater herum zu ereignen schienen, zurechtgerückt. Er ist geduldiger und aufmerksamer, als es dein Vater war, und ein Mann von beträchtlichem Ehrgefühl. Aber eine sehr wichtige Eigenschaft hatte dein Vater mit Lucius Cornelius gemein. Wenn alle anderen Mittel versagen, seien es nun Gesetze oder die Unterstützung der Massen, sind — oder sollte ich besser sagen waren? — beide bereit, alles, und zwar wirklich alles zu tun, um ihre Ziele zu erreichen. Aus diesem Grund sind beide gegen Rom marschiert. Und aus demselben Grund wird Lucius Cornelius, wenn Rom dich wirklich zum Konsul wählt, wieder gegen Rom marschieren. Deine Wahl zum Konsul ist für ihn das Zeichen, daß Rom bis zum bitteren Ende kämpfen will, daß eine friedliche Lösung ausgeschlossen ist.« Sie seufzte und wischte sich eine Träne von der Wange. »Wegen Sulla will ich, daß du dich anders besinnst. Wenn du alt genug wärst und über ausreichend Erfahrung verfügtest, könntest du vielleicht sogar siegen. Aber du bist weder das eine, noch hast du das andere. Du kannst nicht gewinnen. Und ich werde meinen einzigen Sohn verlieren.«
    Julias Bittrede war geprägt von Vernunft und Reife — Eigenschaften, die dem jungen Marius abgingen; und so hatten sich seine Züge, während er ihrer aus dem tiefsten Inneren kommenden Rede lauschte, immer mehr verhärtet. Nun setzte er zu einer Antwort an.
    »Nun, Mater«, kam ihm Caesar zuvor, »wie Tante Julia schon gesagt hat, du kennst Sulla am besten von uns allen. Was denkst du?«
    Wenig brachte Aurelia aus der Fassung, und sie hatte nach wie vor nicht die Absicht, ihnen Einzelheiten von ihrer letzten Begegnung mit Sulla zu berichten, von jenem tragischen, schrecklichen Zusammentreffen in seinem Lager. »Du hast recht, ich kenne Sulla gut. Ich habe ihn, wie ihr alle wißt, vor nicht allzu langer Zeit getroffen. In den alten Tagen war ich

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