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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Unterhaltungen, die an sein Ohr drangen, während die Senatoren sich zu ihren bevorzugten Liegen begaben. Einigen war von ihrer Stellung her vorgeschrieben, wo sie Platz zu nehmen hatten, etwa jenen, die ein Friedensrichter-, ein Priesteroder ein Augurenamt innehatten. Die meisten Senatoren aber konnten ihre Plätze frei wählen und sich an den Köstlichkeiten laben, die aus dem unerschöpflichen Reichtum des jungen Marius quollen.
    Die Reihen waren dünn besetzt, kaum hundert Männer befanden sich in der Versammlungshalle. Viele Senatoren waren zu Sulla geflohen, und auch von denen, die der Inauguration der Konsuln beigewohnt hatten, standen bei weitem nicht alle auf Seiten der Konsuln oder stimmten ihren Plänen zu. Quintus Lutatius Catulus etwa war sicherlich kein Gefolgsmann Carbos; sein Vater, Catulus Caesar, war ein unversöhnlicher Feind des Marius gewesen und bei Gaius Marius’ Blutbad umgekommen; und sein Sohn war aus demselben Holz geschnitzt, wenn auch nicht so begabt oder so gebildet wie sein Vater. Bestimmt, sinnierte Caesar, lag das an der Verdünnung des julischen Blutes durch die Mutter, einer Domitia Ahenobarbi. Ihre Familie war zwar berühmt, aber ganz bestimmt nicht der Intelligenz ihrer Mitglieder wegen. Caesar mochte Catulus nicht, ein Vorurteil, das von dessen Aussehen herrührte; er war dünn, untersetzt und hatte von seiner Mutter das rote Haar und ihre Sommersprossen geerbt. Catulus war mit der Schwester des Mannes verheiratet, der sich neben ihm auf derselben Liege ausgestreckt hatte. Dieser Mann wiederum, Quintus Hortensius, war mit Catulus’ Schwester Lutatia verheiratet. Hortensius, noch Anfang Dreißig, war unter Cinnas und Carbos Herrschaft zum führenden Advokaten Roms aufgestiegen und wurde von manchen sogar als der klügste Rechtsgelehrte in der Geschichte Roms gepriesen. Hortensius war ein gutaussehender Mann, dessen sinnliche Unterlippe seine Vorliebe für die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens verriet — und sein auf Caesar ruhender Blick seine Vorliebe für schöne junge Männer. Caesar, erfahren im Umgang mit solchen Blicken, machte jeden weiterführenden Gedanken, der sich in Hortensius’ Geist vielleicht formen mochte, zunichte, indem er eine unmögliche Grimasse schnitt und mit den Augen schielte. Hortensius errötete und wandte sich schnell wieder zu Catulus um.
    Just in diesem Augenblick kam ein Diener zu Caesar und teilte ihm mit, daß sein Vetter ihn zu sehen wünsche. Caesar erhob sich von der untersten Sitzreihe, auf der er sich niedergelassen hatte, und schlurfte in seinen an den Fersen offenen Holzschuhen auf die andere Seite der Halle, wo der junge Marius und Carbo lagen. Er küßte seinen Vetter auf die Wange und setzte sich auf die Kante des kurulischen Podiums hinter der Liege.
    »Ißt du nichts?« fragte der junge Marius und schob sich ein Stück Fisch in den Mund.
    »Es gibt nicht viel, das ich essen darf.«
    »Stimmt, hab’s vergessen«, schmatzte der junge Marius mit vollem Mund. Er schluckte den Fisch hinunter und deutete auf die riesige Platte, die auf dem Tisch vor ihm stand. »Aber davon kannst du essen, soviel du willst.«
    Caesar betrachtete den teilweise zerlegten Fisch ohne jeden Enthusiasmus; es war ein Barsch aus dem Tiber. »Ich danke dir«, sagte er, »aber ich konnte noch nie eine Tugend darin erkennen, Scheiße zu essen.«
    Diese Bemerkung ließ den jungen Marius vor Belustigung glucksen, hielt ihn aber nicht davon ab, sich weiter an dem Fleisch einer Kreatur zu laben, die sich von den Exkrementen ernährte, die aus Roms Kanalisation in den Tiber strömten. Carbos Magen war, wie Caesar amüsiert feststellte, weniger robust. Carbos Hand, die sich eben noch nach dem Barsch ausgestreckt hatte, zuckte zurück und griff statt dessen nach einem gerösteten Hühnchen.
    Natürlich fiel Caesar da, wo er jetzt stand, viel mehr auf. Aber das hatte auch seine guten Seiten, denn auch er konnte jetzt mehr sehen. Und während er mit dem jungen Marius scherzte, blickten seine Augen in die Runde. Mochte Rom mit der Wahl eines sechsundzwanzigjährigen ersten Konsuls glücklich sein, etliche der den Festlichkeiten beiwohnenden Männer waren es offensichtlich ganz und gar nicht. Das galt vor allem für Carbos Günstlinge, für Brutus Damasippus, Carrinas, Marcus Fannius, Censorinus, Publius Burrienus, Publius Albinovanus den Lucaner... Natürlich gab es auch einige, die sehr zufrieden aussahen, Marcus Marius Gratidianus etwa oder auch Scaevola Pontifex

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