MoR 03 - Günstlinge der Götter
Maximus. Doch diese beiden waren verwandt mit dem jungen Marius und hatten sozusagen ein ureigenes Interesse daran, dem neuen ersten Konsul alles Gute zu wünschen.
Da tauchte der jüngere Marcus Junius Brutus am Ende von Carbos Liege auf und wurde, wie Caesar auffiel, von dem in solchen Dingen sonst eher zurückhaltenden Carbo mit ungewöhnlicher Heftigkeit begrüßt. Daraufhin entschloß sich der junge Marius, nach geselligerem Umgang zu suchen, und überließ Brutus seinen Platz, der Caesar im Vorbeigehen zunickte, ihn aber ansonsten kaum beachtete. Das war das Beste an seiner Position als Jupiterpriester: Weil er politisch bedeutungslos war, kümmerte er niemanden, und Carbo und Brutus sprachen völlig offen.
»Wir können uns zu einem gelungenen Schachzug gratulieren«, sagte Brutus und griff mit seinen Fingern nach dem Barsch.
»Hhmm.« Carbo warf das Hühnchen mit einem Ausdruck des Widerwillens weg und langte nach Brot.
»Du könntest dich ruhig etwas begeisterter zeigen.«
»Worüber? Über den jungen Marius? Er ist so hohl wie ein ausgeblasenes Ei, Brutus. Ich habe ihn in dem vergangenen Monat oft genug erlebt, das kannst du mir glauben. Er wird zwar den Januar über die fasces halten, aber an mir wird die ganze Arbeit hängenbleiben.«
»Und? Hast du etwas anderes erwartet?«
»Ach, ich weiß nicht...« Carbo zuckte mit den Schultern und warf das Brot weg; Caesars Bemerkung über den Verzehr von Scheiße hatte ihm den Appetit verdorben. »Vielleicht hatte ich gehofft, daß er doch noch so etwas wie Vernunft entwickeln würde. Immerhin ist er Marius’ Sohn, und seine Mutter ist eine Julierin. Das müßte doch einiges wert sein.«
»Ist es aber nicht, oder wie soll ich dich verstehen?«
»Nicht das verrotzte Taschentuch deiner Großmutter! Das Beste, was ich über ihn sagen kann, ist, daß er nützlicher Zierat ist. Mit ihm an der Seite sehen wir sehr schmuck aus, und er zieht uns scharenweise neue Soldaten an Land.«
»Vielleicht liegt ihm das Kriegshandwerk mehr«, sagte Brutus und wischte seine Hände an einem Leinentüchlein ab, das ihm ein Sklave reichte.
»Vielleicht. Ich vermute aber eher das Gegenteil. An deinen Ratschlag werde ich mich halten, da kannst du Gift darauf nehmen.«
»Welchen Ratschlag?«
»Ihm nicht gleich die besten Soldaten zu geben.«
»Oh!« Brutus warf das Leinentüchlein hinter sich, ohne darauf zu achten, ob es dem stumm neben Caesar stehenden Diener gelang, es aufzufangen. »Ist Quintus Sertorius nicht hier? Ich hatte gehofft, ihn wenigstens bei dieser Gelegenheit in Rom anzutreffen. Immerhin ist er der Vetter unseres neuen ersten Konsuls.«
Carbo lachte, aber es klang nicht glücklich. »Sertorius, mein lieber Brutus, hat unserer Sache den Rücken gekehrt. Er hat Sinuessa seinem Schicksal überlassen und sich nach Telamon davongemacht. Dort hat er aus den etrurischen Klienten des Gaius Marius eine Legion aufgestellt und ist mit den Winterwinden nach Tarraco gesegelt. Mit anderen Worten, er hat sein Amt als Statthalter des diesseitigen Spanien sehr früh angetreten. Ohne Zweifel baut er darauf, daß es noch vor Ablauf seiner Amtsperiode hier zu einer Entscheidung kommt.«
»Dieser Hasenfuß!« rief Brutus aufgebracht aus.
Carbo stieß einen obszönen Laut aus. »Nein, Sertorius doch nicht. Ich würde ihn eher als eigenartig bezeichnen. Hast du jemals bemerkt, daß er keine Freunde hat? Und keine Frau? Und — dafür sollten wir alle den Göttern dankbar sein — auch nicht Gaius Marius’ Ehrgeiz. Wenn er den besäße, Brutus, dann wäre er jetzt erster Konsul.«
»Ich für meinen Teil bedauere, daß er uns im Stich gelassen hat. Mit ihm hätten wir den Sieg schon so gut wie sicher in der Tasche gehabt. Abgesehen von seinen militärischen Talenten weiß er nämlich auch, wie Sulla kämpft.«
Statt zu antworten, würgte Carbo und hielt sich den Bauch. »Ich glaube, ich werde mich zurückziehen und ein Brechmittel nehmen. Die Speisen, die unser Frischling hat auffahren lassen, bekommen meinem Magen nicht.«
Brutus half ihm von der Liege auf und führte ihn zu der auf der anderen Seite des Podiums mit Wandschirmen abgetrennten Ecke der Halle, wo mehrere Diener damit zugange waren, ein ganzes Arsenal von Töpfen und Schüsseln für diejenigen bereitzuhalten, die ein gewisses Bedürfnis verspürten.
Caesar sandte Carbo einen verächtlichen Blick hinterher und entschied, daß er die wichtigste Unterhaltung auf diesem Inaugurationsfest bereits miterlebt hatte. Mit
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