MoR 03 - Günstlinge der Götter
Damasippus übermittelt.
Südlich von Rom ist alles verloren. Wir können nur noch darauf hoffen, daß Carbo oben in Ariminum ein zu großer Fisch für Sulla ist, und sei es nur aufgrund seiner starken zahlenmäßigen Überlegenheit. Carbos Soldaten sind besser, als meine es waren, deren Mangel an Ausbildung und Erfahrung so gravierend war, daß sie kaum eine Stunde gegen Sullas altgediente Recken standhielten.
Das Beste wird sein, Du richtest Rom auf eine Belagerung ein, obwohl es sich vielleicht als unmöglich erweisen wird, eine so große und in ihren Loyalitäten so sehr zersplitterte Stadt zu verteidigen. Falls Rom sich weigert, sich auf eine Belagerung einzurichten, mußt Du innerhalb einer Marktwoche mit Sullas Einzug in die Stadt rechnen. Zwischen hier und Rom stehen keine Truppen mehr, die ihn aufhalten könnten. Ob er tatsächlich beabsichtigt, Rom zu besetzen, weiß ich nicht. Ich hoffe, er läßt die Stadt links liegen und wendet sich statt dessen gegen Carbo. Wenn ich bedenke, was mir mein Vater über Sulla berichtet hat, dann ist es am wahrscheinlichsten, daß er mit Hilfe von Metellus Pius Carbo in die Zange nehmen will. Ich wünschte, ich wüßte, was er vorhat. Doch ich weiß nur eins: Rom jetzt zu besetzen, wäre verfrüht. Und ich glaube kaum, daß Sulla solch einen Schnitzer begehen wird.
Es kann durchaus noch einige Zeit dauern, bis ich Praeneste wieder verlassen werde. Die Stadt hat mich bereitwillig aufgenommen — ihre Bürger erinnern sich voll Liebe an Gaius Marius und haben nicht gezögert, seinem Sohn zu Hilfe zu kommen. Sei versichert, sobald Sulla von hier abrückt und gegen Carbo ins Feld zieht, werde ich Praeneste verlassen und Rom zu Hilfe kommen. Vielleicht werden die Bürger Roms sich verteidigungswilliger zeigen, wenn ich wieder in der Stadt bin.
Im übrigen scheint es mir an der Zeit, Sullas letzte Vipernnester in unserer geliebten Stadt auszuräuchern. Töte sie alle, Damasippus. Laß Dich nicht von Deinem Herzen erweichen! Jeder Mann, der für Sulla steht und noch am Leben ist, erschwert es Rom, ihm zu widerstehen. Wenn wir aber einmal die großen Fische erledigt haben, die uns ernsthaft Schwierigkeiten bereiten könnten, dann werden die kleinen kuschen, ohne zu murren. Danach müssen alle waffenfähigen Männer Rom verlassen und sich Carbo anschließen. Das gilt auch für Dich, Damasippus.
Im folgenden die Namen einiger sullascher Vipern, die mir so aufs Geratewohl einfallen. Unser Pontifex Maximus. Der ältere Lucius Domitius Ahenobarbus. Carbo Arvina. Publius Antistius Vetus. Was das übrige Gewürm angeht, das ich nicht erwähnt habe, so verlasse ich mich ganz auf Dein Gedächtnis.
Brutus Damasippus erwies sich als sehr gehorsam. Bereits während des kurzlebigen, aber um so umfassenderen Terrors, den der alte Gaius Marius kurz vor seinem Tod über die Stadt gebracht hatte, war der Pontifex Maximus Quintus Mucius Scaevola aus keinem ersichtlichen Grund niedergestochen worden. Fimbrius, sein Möchtegern-Mörder, hatte, damals zur Rede gestellt, nur laut gelacht und nichts weiter geantwortet. Obwohl die Verletzung ernst gewesen war, hatte Scaevola überlebt und war, zäh und tapfer wie er war, bereits nach zwei Monaten wieder auf den Beinen. Diesmal aber gab es kein Entkommen, da half Scaevola auch die Tatsache nicht, daß er der Schwiegervater des jungen Marius war und diesen nie verraten hatte. Er wurde bei dem Versuch, im Tempel der Vesta Zuflucht zu suchen, niedergestreckt.
Der ältere Lucius Domitius Ahenobarbus, der nur kurz nach seinem Bruder, dem reformistischen Pontifex Maximus, zum Konsul gewählt wordfen war, wurde in seinem Haus ermordet. Zweifellos hätte Pompeius Magnus lautstark Beifall geklatscht, hätte er gewußt, daß er nun seine Hände nicht mehr mit dem Blut seines Schwiegervaters würde beflecken müssen. Auch Publius Antistius wurde ermordet, woraufhin sich seine Frau vor lauter Kummer das Leben nahm. Als sich Brutus Damasippus durch die Liste der Männer, die ihm eine Gefahr für Carbos Rom schienen, gearbeitet hatte, schmückten rund dreißig Köpfe die Rostra im unteren Forum Romanum, und selbst Männer, die sich neutral nannten, wie Catulus, Lepidus und Hortensius, verriegelten die Türen ihrer Häuser und hüteten sich, auf die Straße hinauszugehen, aus Angst, einer von Brutus Damasippus’ Meuchelmördern könnte auf den Gedanken kommen, daß auch sie den Tod verdient hätten.
Nach vollbrachter Tat flohen Brutus Damasippus und der praetor
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