MoR 03 - Günstlinge der Götter
Fuß hohe Mauer um Praeneste ziehen und alle zweihundert Schritt einen sechzig Fuß hohen Turm errichten. Zwischen der Stadt und der Mauer muß ein zwanzig Fuß tiefer und zwanzig Fuß breiter Graben ausgehoben und so dicht mit Spitzpfählen bepflanzt werden, wie das Rohrgras in den seichten Stellen im Fucinersee steht. Wenn du damit fertig bist, soll ein Teil der Soldaten hinter Praeneste in die Berge aufsteigen und die von der Stadt in den Hochapennin führenden Schleichwege bewachen. Niemand darf in die Stadt hinein, niemand aus ihr heraus. Ich will diesem hochnäsigen Versager unmißverständlich klarmachen, daß er hinter den Mauern von Praeneste verfaulen wird.«
Sulla verzog seine Lippen zu einem säuerlichen Lächeln. Anstelle der raubtierhaft langen Eckzähne, die er früher bei jedem Lächeln entblößt hatte, eröffnete sich jetzt der Blick auf einen zahnlosen Mund. Ofella erschauerte. »Dasselbe gilt für die Einwohner von Praeneste. Sie sollen keinen Augenblick vergessen, daß sie die Gesellschaft des jungen Marius ertragen müssen, solange sein Herz noch schlägt. Ich will, daß ihnen diese Nachricht jeden Tag sechsmal von einem Ausrufer kundgetan wird. Es ist eine Sache, einem liebenswerten jungen Mann mit wohlklingendem Namen zu Hilfe zu eilen, aber eine ganz andere, zu verstehen, daß dieser liebenswerte junge Mann Tod und Verderben mit in die Stadt geschleppt hat.«
Sulla ließ Ofella mit zwei Legionen vor Praeneste zurück und zog weiter in das nördlich von Rom gelegene Veii. Ofella und seine Soldaten legten sich mächtig ins Zeug. Glücklicherweise fanden sich in dieser Gegend dicke Schichten vulkanischen Tuffgesteins, das sich so leicht wie Käse schneiden ließ, aber hart wie Fels wurde, wenn es längere Zeit der Luft ausgesetzt war. So schritt der Mauerbau in rasantem Tempo voran, und auch der Wallgraben zwischen der Mauer und Praeneste wurde von Tag zu Tag tiefer. Die ausgehobene Erde wurde zu einem zweiten Wall aufgeschichtet, und innerhalb des weiten Niemandslands, das sich jenseits der Belagerungsanlagen erstreckte, blieb kein Baum stehen, der groß genug war, um als Rammbock Verwendung zu finden. Auch auf den Bergen hinter der Stadt wurde zwischen der Stadtmauer und den Lagern der Soldaten, welche die Schleichwege bewachten und damit die einzige Verbindung der Stadt nach außen blockierten, jeder größere Baum gefällt.
Ofella war ein strenger Baumeister. Er mußte sich bei Sulla einen Namen machen, und hier bot sich seine große Chance. Unablässig trieb er seine Männer an, die kaum Zeit fanden, sich über ihre schmerzenden Rücken und schlaffen Muskeln zu beklagen. Auch die Soldaten hatten einen Ruf zu gewinnen, denn die eine der beiden Legionen war bei Sacriportus von Marius abgefallen, während die andere einstmals auf das Kommando Scipio Asiagenus’ gehört hatte. Ihre Loyalität war noch nicht bewiesen, und eine gute, solide Mauer sowie ein tiefer Graben würden Sulla zeigen, daß sie sein Vertrauen verdient hatten. Alles, was sie hatten, waren ihre Hände und ihr Schanzgeschirr. Aber sie zählten über zehntausend Paar Hände und ebenso viele Schaufeln. Außerdem hatten sie fähige Zenturionen, die ihnen zeigten, wie man beim Bau einer Belagerungsanlage vorging. Und Ofella, ein typischer Römer, was die methodische Ausführung einer Aufgabe anging, war ein Baumeister, dem selbst ein Unternehmen von solch monumentalem Charakter kein allzu großes Kopfzerbrechen verursachte.
Innerhalb von zwei Monaten war Praeneste von einer Mauer und einem Wallgraben eingeschlossen. Das Mauerwerk war über acht Meilen lang und kreuzte die Via Praenestina und die Via Labicana an zwei Stellen, so daß die Straßen nur noch bis Tusculum und Bola befahrbar waren. Darüber hinaus war kein Verkehr mehr möglich, und den römischen Rittern und Senatoren, die wegen der Befestigungen ihre Landgüter nicht mehr erreichen konnten, blieb nichts anderes übrig, als untätig zu warten und den jungen Marius zu verfluchen. Die Bauern in der Gegend um Praeneste hingegen rieben sich schon jetzt die Hände: Wenn die Belagerung beendet und die Mauer geschliffen wurde, dann würden sie hier Tuffsteine im Überfluß finden, um Mauern, Häuser, Scheunen und Ställe zu bauen.
Vor Norba, wo Mamercus mit einer von Marcus Crassus frisch ausgehobenen Legion sabinischer Soldaten hingeeilt war, wurden ähnliche Anstrengungen unternommen, wenn auch bei weitem nicht im selben Umfang wie vor Praeneste. Mamercus hatte den
Weitere Kostenlose Bücher