MoR 03 - Günstlinge der Götter
Wahrscheinlichkeit nach meine Armee aufgelöst haben, bevor derjenige, dem ich diesen Kriegszug anvertraue, wieder nach Italien zurückkehrt. Also muß ich jeden Mann, der mir gefährlich werden könnte, unter meiner wachsamen Obhut behalten. Nur aus diesem Grund beauftrage ich dich, die Weizenernte sicherzustellen, mit der ich das undankbare Maul Roms stopfen kann.«
Pompeius atmete tief durch, schlang die Arme um seine Knie und sah Sulla direkt an. »Und was sollte mich davon abhalten, eben dies zu tun, Lucius Cornelius? Wenn ich fähig bin, einen Feldzug zu führen, bin ich dann nicht auch fähig, Umsturzgedanken zu hegen?«
Sulla sah ihn an, dann lachte er herzhaft. Um Pompeius machte er sich keine Sorgen. »Du kannst von mir aus denken, was du willst, Pompeius. Du bist Rom einfach nicht gewachsen! Bei Vatia und Dolabella sieht das schon anders aus. Sie haben die Jahre, die Beziehungen, die Vorfahren, den Einfluß und die Klienten. Aber ein dreiundzwanzigjähriger Grünschnabel aus dem Picenum, den keiner kennt? Vergiß es!«
Dabei beließen sie es. Als Pompeius etwas später auf Varro traf, teilte er seinem unermüdlichen Chronisten lediglich mit, daß er für Sulla auf Sizilien die Ernte sichern müsse. Kein Wort über das Statthalteramt, über Dolabella und Vatia oder über Carbos Todesurteil. Pompeius hatte Sulla um einen einzigen Gefallen gebeten. Er wollte seinen Schwager Gaius Memmius, der in Sullas Legion diente, zu seinem obersten Legaten ernennen. Memmius war zwar einige Jahre älter als Pompeius, war aber noch nicht Quästor gewesen.
»Sehr gut, Pompeius«, hatte Sulla auf die Bitte hin gelächelt. »Eine hervorragende Wahl. So bleibt alles in der Familie.«
Zwei Tage nachdem Pompeius mit seiner Armee nach Puteoli abmarschiert war, griffen die Samniter und die Überreste von Carbos Streitmacht Sulla von Norden und Süden gleichzeitig an. Welle um Welle brandeten die Angreifer gegen die Verteidigungsmauern, wurden aber jedesmal zurückgeschlagen. Am Abend des ersten Tages hielt Sulla immer noch die Via Latina, die im Norden stehenden Angreifer hatten also keine Möglichkeit, sich mit ihren von Süden her angreifenden Verbündeten zusammenzuschließen. Dann, in der Morgendämmerung des zweiten Tages, rieben sich die Männer in den Wachtürmen am Nord- und am Südende verwundert die Augen: Die Angreifer waren verschwunden. Sie mußten mitten in der Nacht ihre Lager abgebrochen und sich davongestohlen haben. Die den ganzen Tag über eintreffenden Berichte der Kundschafter bestätigten, daß die zwanzigtausend Mann unter dem Kommando von Censorinus, Carrinas und Brutus Damasippus auf der Via Appia in Richtung Campania unterwegs waren, während die samnitische Streitmacht die Via Latina in derselben Richtung hinabzog.
»Laßt sie ziehen«, war Sullas einzige Reaktion. »Früher oder später werden sie sich vereinen und uns auf der Via Appia direkt in die Arme laufen.«
Gegen Ende Sextilis trafen sich die Samniter mit den Überresten von Carbos Armee bei Fregellae, von wo aus sie gemeinsam auf der Via Latina ostwärts durch die Melfaschlucht weitermarschierten.
»Sie ziehen sich zum Nachdenken nach Aesernia zurück«, schloß Sulla, der keine Weisungen erteilte, die vereinte feindliche Streitmacht noch weiter zu überwachen. »Es genügt, Späher an der Via Latina bei Ferentium und an der Via Appia bei Tres Tabernae zu postieren. Mehr Vorwarnzeit brauchen wir nicht. Aesernia liegt in Samnium, und ich schicke keinen Späher ohne guten Grund in eine Gegend, in der sein Leben in ständiger Gefahr ist.«
Auch Praeneste machte wieder von sich reden. Angetrieben von seiner Ungeduld, wagte sich der junge Marius, dem die Bewohner der Stadt immer weniger Sympathien entgegenbrachten, hinaus in das Niemandsland. Am westlichen Punkt des Hügelzugs, dort, wo die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen des Tolerus und denen des Anio verlief, ließ er an dem seiner Ansicht nach schwächsten Punkt von Ofellas Bollwerk einen riesigen Belagerungsturm bauen. Da um die Stadt herum alle Bäume gefällt worden waren, die bei dem Turmbau hätten Verwendung finden können, wurden aus den Häusern und Tempeln der Stadt die nötigen Balken und Bretter herausgerissen, ohne die der Bau nicht voranschreiten konnte.
Der gefährlichste Teil der Arbeit bestand darin, eine Rampe aufzuschütten, auf welcher der Turm von der Stelle, an der er errichtet wurde, bis vor den Wallgraben geschoben werden konnte. Die damit beschäftigten
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