Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
blickte ihm entsetzt nach. Augenblicke später lag er zerschmettert am Boden.
„Hört das nie auf?“, flüsterte Elisabeth entsetzt.
„Für die, die dort im Blute liegen, hat es aufgehört. Wir können die Bauern jetzt um Hilfe bitten, sie werden uns nicht für Franzosen halten.“
Elisabeth packte Alains Hand und hielt sie ihm vors Gesicht.
„Dann erklär ihnen zuerst einmal das da!“
Alain blickte entsetzt auf die schwarzen Adern, die sich verstärkt zu haben schienen. Er hatte seine Krankheit in den ereignisreichen letzten Minuten völlig verdrängt.
„Und wenn wir hier nicht verschwinden“, sagte Elisabeth leise, „dann wird es uns ebenso ergehen wie deinen Kameraden dort.“
Alain brach der Schweiß aus. Erst jetzt erkannte er, was nun folgen würde: ein nie enden wollendes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man niemandem trauen durfte, sich auf niemand verlassen konnte und vor allem ständig auf der Flucht war. Für einen Moment war er unsicher, ob er nicht lieber das Schicksal seiner ehemaligen Kameraden teilen wollte.
Dann sah er Elisabeth an, sie lächelte ihm ermutigend zu. Offenbar hatte sie gelernt, mit diesem verhängnisvollen Spiel zu leben.
Dann würde er es auch lernen.
Elisabeth stand auf und versicherte sich, dass keiner der Bauern auf der Lichtung sie bemerkt hatte. Dann rannte sie weiter in den Wald hinein, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her.
Alain folgte ihr.
Johann und der Preuße ritten Seite an Seite und suchten die Straße und den Wegesrand ab. Mit einem kurzen Ächzen fasste der Preuße sich an sein Bein.
„Wie gehts deinem Bein?“, fragte Johann mit gedämpfter Stimme.
„Noch baumelt es dran“, entgegnete der Preuße trocken. „Die Paste, die mir der Kurpfuscher gegeben hat, wirkt Wunder. Um ehrlich zu sein, habe ich mich schon auf dem Bluttisch liegen sehen.“
Erinnerungen stiegen in Johann auf, in denen er und der Preuße verwundete Soldaten mit aller Kraft auf den Tisch pressten, damit ein betrunkener Schlächter seine grobzackige Knochensäge ansetzen und den Verwundeten ins Gesicht lügen konnte, indem er ihnen versprach, dass alles gleich vorbei sein werde.
Natürlich konnte dies für den Verletzten auch das Überleben bedeuten. In seltenen Fällen, wenn man nicht zu viel Blut verlor. Und sich keinen Wundbrand holte. Und auch sonst in guter Verfassung war.
Johann riss sich aus seinen Gedanken und bemühte sich, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte.
In einigem Abstand ritten Hans und Karl hinter Johann und dem Preußen und überprüften, ob die beiden vor ihnen nichts übersehen hatten.
„Entschuldige wegen vorhin“, sagte Karl schließlich. „Das mit deiner schwindsüchtigen Schwester.“
„Die Schwindsucht hatte sie ja“, bemerkte Hans trocken. „Hat dich aber nie davon abgehalten, sie anzugraben.“
„Da war sie doch wieder geheilt.“
„Von dir auch, zum Glück“, sagte Hans. Beide Männer konnten sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Ich sage dir, der Franzose führt uns an der Nase herum.“ Karl schnäuzte sich auf die Seite. „Der kann sich ja ausrechnen, dass irgendwer auf seiner Fährte ist.“
„Ich hätte mir an seiner Stelle sowieso Elisabeth geschnappt und wäre vorausgeritten. So hätte ich meine Chancen verdoppelt.“
„Du kennst doch den Adel“, warf Karl ein. „Hochmütig bis zum bitteren Ende.“
Hans schmunzelte. „Apropos Adel: Was hältst du von diesem Markus, den uns von Binden mitgegeben hat?“
Karl überlegte einen Moment. „Ist ein ruhiger Kerl. Gefällt mir.“
Plötzlich rümpfte er die Nase. „Riechst du das?“
Hans blickte in den Himmel und sog mehrmals die Luft tief ein. „Ja, da brät einer Fleisch.“
Karl gab ihm einen Schlag auf die Schulter. „Da brät nicht einer, da wird einer gebraten. Oder mehrere.“
Hans sog den Geruch erneut ein. „Stimmt, wenn sie die Pesttoten verbrannt haben, hats auch immer so süßlich gestunken.“
Karl nickte. „Dann, oder wenns wieder mal die Seele einer Hexe gerettet haben“, setzte er ernst fort und bekreuzigte sich demonstrativ.
Hans sah erneut zum Himmel. „Ich kann aber keinen Rauch erkennen.“
Er gab seinem Falben die Sporen.
„Riechts ihr das auch?“ Johann und der Preuße sahen Hans verständnislos an. „Gerade vorhin rochs, als ob Menschen verbrannt würden.“
Der Preuße zuckte mit den Schultern. Johann versuchte, eine Rauchfahne zu erkennen – vergebens.
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