Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
Leoben sein.
Er blickte die anderen an. „Wir reiten durch bis Leoben und weiter zum Stift, das etwas außerhalb liegt.“
„Welches Stift?“, fragte der Preuße.
„Das Stift zu Göss. Gamelin wird die Städte mit ihren Soldaten und die kleinen Hospize am Jakobsweg meiden. Aber in den größeren Klöstern, wo immer wieder Reisende und Arme aufgenommen werden, fällt er nicht auf.“
Wolff musterte ihn. „Du scheinst dich gut auszukennen.“
„Ich habe meine Erfahrungen.“
Ein kurzes Lächeln glitt über Wolffs Gesicht. „Da bin ich mir sicher.“
„Und Heinz“, fuhr Johann leise fort und streckte seine Hand aus. „Danke, dass du mir gestern den Kopf zurechtgerückt hast. Ich glaub, er sitzt jetzt wieder richtig.“
Der Preuße ergriff Johanns Hand und schüttelte sie. „Schon recht.“ Er zwinkerte. „Dann pass mal auf, dass du ihn auch auf deinen Schultern behältst, wenn es gegen Gamelin geht.“
„Ich will ja nicht drängen“, rief Markus von hinten, „aber wenn wir hier noch länger bleiben, krieg ich gleich wieder Hunger.“
Während sie sich vom Hof entfernten, drehte Karl sich noch einmal um und winkte Margarethe zu.
„Die hat dich aber ordentlich verhext“, stänkerte Hans.
Karl nickte. „Ein Prachtweib, diese Gretl. Eine Frau die weiß, was sie will.“ Sein Blick wurde träumerisch. „So eine findet man selten.“
Hans gähnte demonstrativ.
XXXVIII
Die Pförtnerin führte Elisabeth und Alain zu der kleinen Unterkunft, die für ärmere Pilger und Reisende vorgesehen war. Sie öffnete die niedrige Tür und betrat einen einfachen Raum mit schmalen Fenstern. Die Feuerstelle war kalt, aber es war trocken und sauber.
Es war alles, was Elisabeth und Alain brauchten.
„Setzt euch“, sagte die Pförtnerin freundlich und deutete auf einen grob gezimmerten Tisch mit zwei Bänken. „Man wird euch zu essen und zu trinken bringen.“
„Ich danke Euch, ehrwürdige Schwester“, sagte Elisabeth. Die Nonne nickte ihr zu und verließ den Raum.
Gedämpftes Licht fiel durch die Fenster, Stille hüllte Elisabeth und Alain ein. Beide schlossen die Augen und lehnten sich zurück. Auch wenn Elisabeth nicht wusste, was auf sie zukommen würde, hatte sie zum ersten Mal seit Tagen das Gefühl, in Sicherheit zu sein.
Die Tür ging auf und eine junge Laienschwester brachte eine hölzerne Platte mit dampfender Suppe, Brot und Käse herein, dazu zwei Krüge mit Dünnbier. Sie stellte die Platte vor die beiden hin. „Ich bin Schwester Johanna. Lasst es euch schmecken.“
„Ich danke Euch“, sagte Elisabeth. Alain nickte nur, dann fielen sie wie die Wölfe über das Essen her.
Die Laienschwester lächelte zufrieden und setzte sich zu ihnen. Elisabeth fiel auf, dass sich ihr Habit von dem der Pförtnerin unterschied: Nicht nur war ihr Gesicht nicht verhüllt, der Wollstoffschleier auf ihrem Haupt war außerdem weiß – der der Pförtnerin war schwarz gewesen.
Während sie aß, dachte Elisabeth an den Augenblick zurück, als das Tor des Klosters aufgegangen war. Sie hatte die Pförtnerin angestarrt, als stünde ein fremdes Wesen vor ihr. Ihr Gesicht war von einem schwarzen Kreppschleier aus Seidenflor verhüllt, das ebenfalls schwarze Ordenskleid wurde unter der Brust von einem Ledergürtel zusammengehalten. Darüber trug die Nonne das Skapulier, einen über den Kopf gestülpten breiten Stoffstreifen, der vorn und rückwärts bis zum Kleidsaum herabfiel. Unter einem schwarzen Wollstoffschleier war ein weißer Unterschleier, der Hals und Kopf bedeckte und bis über die Schultern reichte.
Alles in allem hatte die Gestalt auf Elisabeth einen bedrohlichen Eindruck gemacht, der sich aber nach den ersten freundlichen Worten der Pförtnerin augenblicklich zerschlagen hatte.
Göss war in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung gewesen, fand Elisabeth. Sie musterte das Gesicht von Johanna, es war breit, offen und von gesunder Gesichtsfarbe, wie das einer Bauerstochter.
Ohne Scheu blickte die Laienschwester Elisabeth und Alain an. „Wenn ihr fertig seid, können wir euer Gewand trocknen. Ihr müsst nass bis auf die Knochen sein.“
Elisabeth und Alain wechselten einen schnellen Blick. Wenn jemand entdeckte, dass sie die Krankheit hatten, würde sich das wie ein Lauffeuer verbreiten. „Ich danke Euch, aber das ist nicht nötig“, sagte Elisabeth.
„Wie ihr wollt.“ Die Laienschwester musterte sie genauer. „Wo kommt ihr her?“
Elisabeth zögerte. „Aus Lienz“, sagte sie schließlich,
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