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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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weil ihr das am unverfänglichsten schien.
    „Eine schöne Stadt“, nickte Johanna, „ich hab Verwandte dort. Wo wohnt –“
    „Direkt in der Stadt“, sagte Elisabeth etwas schärfer als beabsichtigt, dann wandte sie sich demonstrativ wieder ihrem Essen zu. Ihr Tonfall tat ihr bereits leid; die Schwester wollte sich vermutlich einfach nur unterhalten. Aber Elisabeth war am Ende ihrer Kräfte und hatte nicht mehr die Geduld, sich plausible Lügengeschichten auszudenken.
    Warum hatte sie überhaupt Lienz gesagt? Sie war mit Johann und Pater von Freising nur einmal kurz in der Stadt gewesen, damals auf ihrem Weg nach Wien. Jeder, der sich in der Stadt nur ein bisschen auskannte, würde sofort erkennen, dass sie nicht von dort waren.
    „Ihr müsst verzeihen, wir sind sehr müde“, sagte Alain ruhig. „Ich möchte Euch in meinem und im Namen meines Weibes noch einmal für das Essen danken, und dafür, dass wir hier sein dürfen.“
    Johanna lächelte. „Ihr müsst euch nicht entschuldigen. Es steht einer Laienschwester auch nicht zu, Fragen zu stellen, aber ich darf ein bisschen neugieriger sein als meine hochwohlgeborenen Schwestern.“ Sie zwinkerte Elisabeth zu, diese lächelte unwillkürlich zurück.
    Plötzlich ging die Tür auf und eine ältere Nonne blickte herein. „Die Terz beginnt gleich.“
    Die Laienschwester stand auf. „Ruht euch aus. Ich komme später wieder.“
    Elisabeth und Alain nickten mit vollem Mund. Hinter den beiden Nonnen fiel die Tür zu.
    „Ich kann nicht mehr“, sagte Alain und schob die Platte weg.
    Auch Elisabeth war satt und fühlte sich langsam besser. Zwar waren ihre Kleider immer noch nass, aber der Hunger war gestillt und sie waren endlich in Sicherheit. Sie schloss die Augen.
    „Wir haben keine Zeit zum Schlafen, Elisabeth. Die Terz wird nicht mehr lange dauern – wie sieht dein Plan aus?“
    Unwillig öffnete Elisabeth die Augen wieder. „Wenn Schwester Johanna zurückkommt, werde ich sie fragen, ob die Äbtissin uns empfängt.“
    Alain betrachtete sie amüsiert. „Ich nehme an, es ist das erste Mal, dass du in einem Kloster bist?“
    „Und wenn?“
    „Man kann nicht so einfach zur Äbtissin eines Klosters. Sie und die anderen Nonnen leben in strenger Klausur.“
    „Und was ist dann mit Johanna?“
    „Johanna ist eine Laienschwester – das sind die Töchter aus nicht-adeligen Familien. Sie verrichten außerhalb der Klausur die alltäglichen Arbeiten, die Adelstöchter bleiben hingegen unter sich und widmen sich vor allem dem Gebet.“
    Elisabeth blickte ihn verwundert an.
    Alain zuckte mit den Achseln. „Eine meiner Schwestern ist ins Kloster gegangen.“
    „Ich dachte schon, du wolltest selbst Mönch werden“, sagte Elisabeth spöttisch.
    Alain musterte sie ernst. „Das war eine der Möglichkeiten. Die andere war, wegzugehen und sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.“
    „Und euer Château?“
    „Ist im Besitz meines Bruders. Er und ich sind –“
    In diesem Moment ging die Tür erneut auf. Vergnügt kam Schwester Johanna herein. „Ich sehe, dass es euch geschmeckt hat. Sehr gut!“ Sie nahm die leere Platte.
    Elisabeth zögerte kurz, dann gab sie sich einen Ruck. „Wir würden gern bei der Frau Äbtissin vorsprechen. Ist dies möglich?“
    Johanna schüttelte den Kopf. „Die hochwohlgeborene Frau Äbtissin empfängt keine Besucher, nur hohe Geistliche oder kaiserliche Gefolgschaften.“
    Elisabeth blickte sie eindringlich an. „Würdest du trotzdem zu ihr gehen und ihr sagen, dass Pater Konstantin von Freising uns geschickt hat?“
    Johanna zögerte, dann nickte sie. „Ich werde es ihr ausrichten lassen.“
    „Ich danke dir. Du weißt nicht, wie wichtig das für uns ist.“
    Die junge Schwester lächelte. „Macht euch aber keine Hoffnungen. Die letzte weltliche Person, die unsere ehrwürdige Frau Äbtissin empfangen hat, war der Kaiser selbst.“
    Katharina Benedikta Freiin von Stürgkh, Äbtissin des Stiftes Göss, genoss die Stille, die im Kapitelsaal herrschte. Nach der Lesung im Kreuzgang hatte sie sich hierher zurückgezogen, um in Ruhe nachdenken zu können.
    Es war wie immer so kalt im Saal, dass ihr Atem kleine Wölkchen bildete. Deshalb war sie auch hierhergekommen – niemand hielt sich im Kapitelsaal länger auf als nötig. Sie wusste, dass die jüngeren Schwestern den Saal mit seinen gedungenen Säulen und dem niedrigen Gewölbe „das Grab“ nannten, was sie, wenn sie es hörte, mit Strenge unterband. Innerlich musste sie

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