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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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verschaffen.
    Turin selbst war von einer gezackten Verteidigungsmauer beinahe kreisförmig umgrenzt, die von dutzenden Ravelins und Bastien gesichert und von einem Wassergraben geschützt wurde. Innerhalb der Stadt waren die Straßen einem Schachbrettmuster gleich angeordnet. Türme und Kirchtürme, Denkmäler und weitläufige Paläste mit blauen Dächern reckten sich in den Himmel. Vereinzelte Brände an Gebäuden der Wehrmauer zeugten von der Hartnäckigkeit der Belagerer, ihre unbedeutende Größe jedoch von der guten Organisation der Verteidiger.
    Im Südwesten beendete ein besonders schwer befestigtes Bollwerk den ringförmigen Verteidigungswall – die Zitadelle. Der letzte Zufluchtsort einer bald gestürmten Stadt, dachte Johann.
    Aber noch war es nicht so weit.
    Im Osten drängte sich die Stadt an den Po, dessen Ufer ebenfalls schwer befestigt waren und so einen Zangenangriff auf die Stadt verhinderten.
    „Die Stadt ist uneinnehmbar“, sagte Wolff bewundernd.
    „Nichts ist uneinnehmbar“, konterte Johann, „aber der Blutzoll wird gewaltig sein. Der Erbauer der Festung, wie hieß er doch gleich?“ Johann schwieg für einen Augenblick, dann schnippte er mit den Fingern. „Emanuele Filiberto, das war sein Name. Er hat alles dafür getan, dass sich Belagerer die Zähne ausbeißen, und damit meine ich auch das, was dem Auge verborgen bleibt.“ Johann deutete auf die tiefwurzelnde Bepflanzung des Glacies, die das Ausheben von Gräben zu einer langsamen Schinderei werden ließ.
    Wolff nickte und schmunzelte. „Der Wall sieht aus wie der von Wien. Und an dem hat sich schon der Muselmane verkühlt.“
    „Ja, aber das ist zwanzig Jahre her, und der Türke ist kein herausragender Belagerer. Der Franzose schon.“ Johann deutete zur Nordseite der Stadt, wo sich ein weitläufiges Feldlager erstreckte. Vor diesem Lager breitete sich ein spinnennetzartiges Grabensystem zur Stadt hin aus. Von dort aus nahmen Mörser die Bastien unter Beschuss – der Ursprung der Lichtblitze und des Donners.
    Wolff sah Johann irritiert an. „Für einen desertierten gemeinen Soldaten bist du aber außerordentlich gut über Kriegsführung unterrichtet.“
    „Abt Bernardin hat mir das eine oder andere Werk zu lesen gegeben. Er meinte, Bildung höre nicht an der Klostermauer auf.“
    „Na dann, wie schätzt du die Lage ein?“
    „Die Belagerung wird noch einige Wochen dauern, die Approchen sind noch nicht nah genug an die Wehrmauern herangegraben. Erst dann werden sie Mineure einsetzen können. Ich glaube auch nicht, dass das gesamte französische Heer von La Feuillade vor uns lagert, es hieß, das seien über vierzigtausend Mann. Ich schätze aber, dass dies nicht mehr als zehntausend sind.“
    „Eine Vorhut also, die die Stärke der Verteidiger testen soll.“
    Johann nickte. „Die Stärke der Verteidiger gegen Mörser und Mineure und ihre Widerstandskraft gegen eine fatale Krankheit.“
    „Wenn ich Gamelin wäre, würde ich sie einfach hineinkatapultieren“, sagte Wolff.
    Johann sah ihn entsetzt an.
    „Du weißt, wie ich das meine –“, verbesserte sich Wolff hastig.
    „Schon gut“, entgegnete Johann. „Aber Menschen über vierzig Fuß hohe Mauern zu schleudern, wäre nicht sehr wirkungsvoll, da sie beim Aufschlag das Zeitliche segnen würden. So etwas klappt vielleicht mit Pesttoten, aber Gamelins Infizierte müssen leben, um die Krankheit zu verbreiten. Strategisch vernünftiger wäre es, eine Mine in die Stadt oder ihr Grabensystem zu treiben und dann einige Kranke einzuschleusen.“
    „Dann könnten die Franzosen doch auch gleich in die Stadt eindringen.“ Wolff runzelte die Stirn.
    „Damit alles in einem Flaschenhals endet und die Verteidiger in aller Ruhe einen Franzosen nach dem anderen abschlachten können, während die anderen noch im Tunnel sind? Du bist ein guter Soldat, Wolff, aber von strategischem Vorgehen hast du keine Ahnung.“
    „Das sehen meine Liebchen aber anders“, entgegnete Wolff trocken.
    Grinsend schlug Johann ihm auf die Schulter. „Die letzten Meilen schaffen wir noch, oder?“
    Als Antwort schritt Wolff den Hügelkamm zu seiner Linken entlang. Aber schon nach wenigen Schritten stutzte er – durch die Baumwipfel blitzte ein goldenes Kreuz.
    Wolff deutete Johann, leise zu sein. In gebückter Haltung schlich er durch dichte Wacholderbüsche, die ideale Deckung boten. Johann folgte ihm.
    Nach kurzer Zeit erspähten die beiden Männer das Gebäude, auf dem das goldene Kreuz angebracht

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