Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
war: ein trommelförmiger Bau gleich einem Dom, wenn auch in wesentlich kleinerer Dimension. An das Kirchengebäude war ein längliches Haus angeschlossen.
Davor patrouillierten Soldaten in grauer Infanterieuniform mit blauen Rockaufschlägen, auf dem Kopf einen schwarzen Dreispitz, bewaffnet mit Steinschlossgewehren.
„Franzosen“, flüsterte Wolff.
„Ja, die sichern vermutlich den Geländeüberblick für die Artilleriebeobachter“, sagte Johann. „Ziehen wir uns lieber zurück.“
Die beiden Männer drehten sich um und blieben wie angewurzelt stehen: Vor ihnen stand ein Mann in dunkelbrauner Mönchskutte, den Wamst mit einem hellen Band geschnürt. Die Kapuze hatte er so tief ins Gesicht gezogen, dass seine Augen nicht erkennbar waren, nur der üppige Bart wucherte hervor. In seiner Rechten hielt er einen Weidenkorb, der mit Beeren gefüllt war.
„Pilger aus Österreich?“, fragte er mit starkem italienischen Akzent.
Johann und Wolff nickten hastig.
Der Mönch drehte sich um und ging in den Wald. Unsicher wechselten Johann und Wolff einen Blick. Der Mönch winkte ungeduldig. „Folgt mir.“
Als sie außer Sichtweite des Klosters und der Wachen waren, blieb der Mönch stehen und wandte sich wieder Johann und Wolff zu. Er schob seine Kapuze nach hinten, eine gepflegte Tonsur wurde sichtbar. Stechend blaue Augen blickten die beiden Männer an. „Zunächst einmal gehe ich davon aus, dass ihr nicht hier seid, um die frische Luft des Piemonts zu genießen. Also sprecht leise. Des Weiteren ist es mir völlig einerlei, wer ihr in eurer Heimat wart, denn ihr gebt mit euren Kutten vor zu sein, wer ihr nicht seid. Ich will nur wissen: Was wollt ihr hier?“ Der Mönch sprach mit einer Bestimmtheit, die Wolff und Johann durch Mark und Bein drang.
„Nun?“, fragte er ungeduldig.
Johann erwog kurz, sich des Mannes zu entledigen, beschloss aber ebenso schnell, es nicht zu tun. Hätte er sie verraten wollen, hätte er nur die Soldaten zu rufen brauchen.
„Hauptmann Wolff von der Wiener Rumorwache“, sagte Wolff und stand stramm.
„Johann List. Wir wollen weder etwas von euch noch von den Franzosen“, begann Johann. „Aber wir wollen etwas, das die Franzosen haben. Jemanden“, korrigierte er sich schnell.
Durchdringend sah der Mönch Johann an. Ihm kam es vor, als blickte der Mann bis auf den Grund seiner Seele. „Wir Kapuziner ergreifen keine Partei, auch nehmen wir an keinen Kampfhandlungen teil. Wohl aber kümmern wir uns um jene, die darunter leiden“, erklärte er, und seine Stimme verlor etwas von ihrer Schärfe. „Ich glaube euch, und deshalb rate ich: Seid auf der Hut! Das gesamte Umland Turins wimmelt von Spähern der Franzosen, die mit jedem kurzen Prozess machen, der ihnen nicht zu Gesicht steht. Sie haben bereits viel Leid über Rivoli, Gunze und Lucento gebracht, und es wird jeden Tag schlimmer.“
„Wir trachten nach nichts dergleichen“, versicherte Wolff und starrte auf die Beeren im Korb des Kapuziners.
„Dann wünsche ich euch, dass ihr findet, wonach ihr sucht. Und dass ihr das nicht mit leerem Magen tun müsst.“ Der Mönch hielt Wolff den Korb hin.
Dieser nahm beide Hände voll Beeren und stopfte sie sich in den Mund. „Ich danke Euch“, brachte er undeutlich hervor.
„Gott mit Euch. Möge er Euch helfen, die Besetzung Eures Hauses zu überdauern“, sagte Johann und nahm ebenso beide Hände voll Beeren.
Der Mönch lächelte und wollte sich gerade verabschieden, als ihm noch etwas einfiel: „Meidet das Castello del Valentino flussabwärts des Pos. Das haben die Franzosen ebenfalls okkupiert. Und entledigt euch der Kutten. Die Franzosen verpflichten viele Männer aus dem Umland, in normaler Kleidung werdet ihr weniger auffallen.“
Er zwinkerte ihnen kurz zu. „Es ist mir sowieso ein Rätsel, wie jemand, der noch beide Augen im Kopf hat, euch für fromme Pilger halten kann.“
„Die Menschen sehen nur, was sie sehen wollen“, sagte Johann.
„Ein weises Wort. Geht mit Gott.“ Mit einem angedeuteten Kreuzzeichen verabschiedete sich der Mönch.
Johann und Wolff sahen sich an, die Münder mit Beerensaft rot verschmiert.
„Und jetzt?“ Wolff kaute immer noch.
„Jetzt steigen wir den Hügel hinab und übernachten nahe dem Ufer. Morgen kundschaften wir aus, wie wir uns ins Lager der Franzosen schleichen können.“
„Glaubst du, Elisabeth ist bereits im Lager?“
„Ich will es mir gar nicht erst vorstellen“, entgegnete Johann und tat doch das
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