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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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Gegenteil.
    LVIII
    Das Gämsenjunge hatte sich weit von den anderen entfernt, rupfte das Moos von den Steinblöcken und fraß es genüsslich. Es bemerkte nicht die dunkle Silhouette am Himmel, die lautlos über ihm kreiste. Als es den schrillen Kampfschrei hörte, war es zu spät – der Adler schoss aus den Wolken herab und glitt mit gespreizten Krallen auf das Gämsenjunge zu.
    Die anderen Gämsen, die in einiger Entfernung grasten, stoben auseinander. Das Junge blökte jämmerlich und versuchte zu fliehen, aber vergeblich – schon war der Adler über ihm, schlug ihm die Krallen in den Schädel und zerrte es in die Lüfte empor. Binnen weniger Augenblicke war das Gämsenjunge tot. Triumphierend verschwand der Adler mit seiner Beute zwischen den schroffen Bergen.
    Versonnen blickte der Preuße dem Adler nach. „Eine bewährte Taktik. Zustoßen und verschwinden.“
    Von Freising und Ludwig hatten die Szene ebenfalls beobachtet. „Wir Tyroler verfahren seit Jahrhunderten so mit allen Invasoren“, sagte Ludwig. „Das Gelände nutzen, den Feind zermürben. Die Bayern haben das letztes Jahr blutig erfahren müssen.“
    „Dann seid ihr klüger als unsere hohen Herrn Generäle“, antwortete der Preuße nachdenklich. „Die haben nichts Besseres zu tun, als so lange Soldaten aufeinanderzuhetzen, bis einer übrigbleibt und sich Sieger schimpfen darf.“
    Ludwig lächelte bitter. „Letztendlich bleibt es sich gleich. Die Soldaten sterben.“
    Sie erreichten die Passhöhe, die von einem mächtigen Wetterkreuz beherrscht wurde. Im Schatten des Kreuzes blickten die drei auf ein Tal hinab, das von Wäldern und Wiesen bedeckt war. Einzelne Bäume klammerten sich an die steinigen Hänge, die vom Tal zu den Bergen hinaufführten. Wolken verbargen die Gipfel.
    Alles wirkte verlassen, keine Rauchfahne kündete von menschlichem Leben.
    „Und da müssen wir durch?“ Der Preuße war skeptisch.
    Von Freising nickte. „Dieses Tal, danach links über ein Joch. Dann ist es nicht mehr weit.“
    „Wenigstens etwas.“ Der Preuße streckte sich und gähnte. „Es wird bald dunkel. Ich nehme nicht an, dass es hier irgendwo eine Unterkunft gibt?“
    Von Freising schüttelte den Kopf. „Der Weiler gestern früh war der letzte bewohnte Ort. Am Ende des Tals ist ein Bauernhof, in dem ich während meiner früheren Visitationen Quartier bezogen habe. Aber der Hof ist“, er zögerte, „mittlerweile auch verlassen. Und wir werden ihn heute nicht mehr erreichen.“
    Der Preuße zuckte mit den Achseln. „Irgendeinen Platz zum Schlafen finden wir schon.“ Er blickte zurück, sah, dass Markus, Hans und Karl noch etwas unterhalb der Passhöhe waren. Vorsichtig ritten sie den schmalen Weg herauf, aus dem immer wieder ganze Teile abgebrochen waren, an denen man vorbeibalancieren musste.
    Der Preuße ließ seinen Blick von den Männern über die einsame Passhöhe wandern, fixierte dann das Wetterkreuz.
    Im Gegensatz zu den unzähligen liebevoll gepflegten Heiligenbildern und Kruzifixen, die sie bisher in Tyrol gesehen hatten, war es alt und verwittert. Der Preuße kniff die Augen zusammen – auf das Kreuz war mit roter Farbe etwas gemalt worden. Er glaubte, eine Art Symbol zu erkennen, aber die Farbe war verblasst und ließ keine genaue Deutung mehr zu.
    „Ich kenne Tyrol sehr gut, aber so etwas habe ich noch nie gesehen“, sagte Ludwig.
    „Die Zeichen findet man überall in dieser Gegend“, erklärte von Freising. „Es sind Bannzeichen. Gegen sie .“
    „Sie scheinen dem Dorf nicht sehr geholfen zu haben“, bemerkte der Preuße trocken. „Immerhin –“
    „Auf Schritt und Tritt ein Kreuz“, hörten sie auf einmal die Stimme von Hans hinter sich. „In Tyrol kann sogar der Herrgott noch was über Frömmigkeit lernen!“
    Sie drehten sich um. Hans, Karl und Markus hatten die Passhöhe erreicht und ritten auf sie zu. Vor dem Kreuz zügelten sie ihre Pferde. „Ich habe jetzt schon genug von diesem Land“, sagte Karl mürrisch. „Seit Tagen nur Täler und Berge. Nirgendwo ein Wirtshaus.“
    Der Preuße grinste. „Du und Markus habts in Innsbruck eh für eine Kompanie vorgefressen und -getrunken. Ein Wunder, dass der Ludwig nicht mehr verlangt hat.“
    Ludwig grinste ebenfalls. „Wegen Johann hab ich einen Freundschaftspreis gemacht.“
    „Das Essen war in Innsbruck“, maulte Karl weiter. „Das ist ja schon gar nicht mehr wahr.“
    „Wärst lieber bei deiner Margarethe und würdest dich durchfüttern lassen, was?“, stichelte

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