Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
im Kloster gut mit der Heilkunst auskennt.“
Von Freising blickte auf. Markus hatte die Augen geöffnet und deutete auf den Verband. „Ich habe viele Männer an solchen Verletzungen sterben sehen, nachdem die Fleischer auf den Schlachtfeldern sie zusammengeflickt haben. Aber ich habe noch keinen gesehen, der sofort wieder aufs Pferd gestiegen ist.“
„Das habe ich allein ihr zu verdanken.“ Von Freisings Blick wurde schwärmerisch. „Die Äbtissin war vor ihrem Amt die Apothekerin des Stiftes – eine der besten, die Göss je hatte.“
Markus musterte ihn neugierig. „Die Äbtissin selbst hat Euch verarztet? Sie scheint Euch sehr zugetan zu sein.“
Von Freising lächelte, sagte aber nichts.
„Nun, dagegen ist nichts zu sagen“, befand Markus. „Wir alle sind nur Menschen, auch die Diener des Herrn.“
Von Freising schüttelte den Kopf. „Es ist nicht so, wie du denkst.“
„Pater, ich wollte nicht –“
„Du solltest schlafen. Wir brauchen unsere Kräfte.“
Markus blickte ihn ruhig an. „Das gilt auch für Euch.“
Von Freising lächelte. „Ich danke Dir für deine Sorge. Ich werde beten und dann ebenfalls ruhen.“
Markus schloss die Augen wieder. Bald verrieten tiefe Atemzüge, dass er eingeschlafen war. Von Freising blickte ins Feuer. Er dachte an die Äbtissin und an all das, was geschehen war .
Die Hysterie nach den Teufelsaustreibungen in Loudun. Die Klöster im eisernen Griff der Inquisition.
Die lodernden Scheiterhaufen, auf denen die Nonnen verbrannt wurden.
Göss, eine Stimme –ihre Stimme. „Pater von Freising, helft uns!“
Und wie er die Inquisition im letzten Moment davon abhalten konnte, nach Göss zu gehen.
In seinem Leben hatte er viel gesehen, auch Dinge, die er nicht erklären konnte. Aber er war immer der Meinung gewesen, dass man zuerst natürliche Erklärungen zu Rate ziehen musste.
Und bei den Nonnen, denen man vorgeworfen hatte, vom Leibhaftigen besessen zu sein, hatte er keinen Teufel gesehen. Wohl aber in den Augen derer, die kamen, um ihn auszutreiben.
Auch Sovino würde den Teufel in sich tragen, wenn er über das Dorf herfiel. Er würde seine Mission erfüllen und zum wiederholten Male im Namen des Erlösers jene vernichten, die anders waren.
Aber diesmal würde von Freising kämpfen. In Wien mochte er versagt haben – in Tyrol würde er siegen. Und wenn er dabei sterben würde, konnte er dem Schöpfer immerhin mit erhobenem Haupt gegenübertreten.
Von Freising warf noch einige Holzstücke ins Feuer und begann, lautlos zu beten.
LIX
Elisabeths Handgelenke, die sich an den rauen Stricken wundgescheuert hatten, schmerzten immer stärker. Sie war an einen Pfahl gefesselt und konnte nur im Sitzen schlafen. Die Zeit schien stehengeblieben zu sein, nur das Donnern der Kanonen, das Wiehern von Pferden und das befehlsgewohnte Schreien von Männern bezeugte, dass sich die Welt außerhalb des Zeltes, in dem sie gefangen war, weiterdrehte.
Nachdem Gamelin und Brenner mit ihr auf französische Truppen gestoßen waren, hatte man ihr für den weiteren Ritt die Augen verbunden. Der Kanonendonner war immer lauter geworden, was Gamelin in beinahe euphorische Stimmung versetzt hatte, und schließlich hatte man sie hier angebunden, wie ein Vieh, das seiner Schlachtung harrte.
Auch wenn Elisabeth es sich nicht eingestehen wollte – die Zeit verflog und die Hoffnung auf Rettung schwand mit jedem Augenblick.
Auf einmal hörte sie Schritte, Gamelin trat ins Zelt.
„Steh auf, mein Täubchen! Es gibt keinen Grund, sich vor mir zu erniedrigen.“
Elisabeth rappelte sich hoch. Erst jetzt merkte sie, wie sehr ihr die Knie wehtaten.
„Ich habe soeben Kunde darüber erhalten“, fuhr er gut gelaunt fort, „dass Maréchal La Feuillade in zwei, vielleicht drei Tagen hier eintreffen wird. Es hat sich also gelohnt, auf ihn zu warten.“
Obwohl sie wusste, was das bedeutete, blickte Elisabeth ihn ungerührt an.
„Und dann geht es los.“
„Ich werde nichts tun, was deinem Plan zur Umsetzung verhilft“, sagte Elisabeth.
„Aber das brauchst du ja auch nicht.“ Gamelin zog einen Dolch aus seinem Stiefelschaft und hielt ihn an Elisabeths Handgelenk. „Ich werde einfach ein bisschen in dein weißes Fleisch schneiden und dein Blut auf die Wunden anderer Gefangener schmieren lassen. Dann wollen wir doch sehen, ob nicht vor den Augen La Feuillades etwas geschieht, das für unsere Soldaten ein Segen und für die Turiner zum Fluch wird.“
Elisabeth spuckte ihm ins
Weitere Kostenlose Bücher