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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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einen verrottenden Baumstamm. „Das ist unsere Deckung“, murmelte er und ließ sich langsam ins kalte Wasser gleiten. Er bemerkte Johanns Zögern. „Was ist? Kannst du nicht schwimmen?“
    „Schon, aber ich versteh nicht –“
    Wolff verdrehte die Augen, steckte sich das Rohr in den Mund und ließ sich so tief ins Wasser gleiten, dass nur noch die Augen zu sehen waren. Dann stand er wieder auf und nahm das Rohr aus dem Mund. „Verstanden? Oder soll ich es dir aufzeichnen?“
    „Schon gut“, murmelte Johann und stieg zu Wolff ins Wasser, froh darüber, dass er die Buchseiten Tage zuvor in eine Flasche gesteckt und bei einem markanten Wegweiser vergraben hatte.
    Langsam ließen sich die beiden Männer von der Strömung des Flusses Richtung Süden treiben.
    Immer schneller zog das Ufer an ihnen vorbei. Durch das Schilfrohr bekam Johann gerade genug Luft, um nicht in Panik zu geraten.
    Langsam kam das Kastell näher. Ob dort Wachen Ausschau hielten, war nicht zu erkennen.
    Wolff hob seine Hand aus dem Wasser und deutete mit dem Daumen nach unten. Dann verschwand sein Kopf ganz unter der Wasseroberfläche.
    Johann holte sicherheitshalber nochmals tief Luft, dann tauchte auch er ab.
    Die Kälte des Flusses war überwältigend, sein Rauschen ohrenbetäubend. Die Luft in Johanns Lungen wurde knapp. Er riss die Augen auf. Im klaren Wasser sah er Wolff vor sich, wie er mit ruhigen Gesten seiner rechten Hand das Gleichgewicht zu halten versuchte, während er mit der Linken den Stamm festhielt.
    Johann hatte Angst, durch das Schilfrohr zu atmen, er wollte an die Oberfläche.
    Atme!
    Etwas in Johann sperrte sich, der Stimme in seinem Inneren Folge zu leisten. Vielleicht war es doch möglich, den Kopf nur ein wenig hinauszustrecken …
    Atme, du Narr!
    Johann schloss die Augen. Sein Brustkasten zog sich zusammen und verkrampfte sich.
    Dann sah er plötzlich Elisabeth vor sich. Und ihm wurde bewusst, dass er sie nie wiedersehen würde, wenn er nun auftauchte und sie entdeckt würden.
    Dann atme endlich!
    Gierig sog er am Schilfrohr – und atmete dann so ruhig unter Wasser, als hätte er nie etwas anderes getan.
    Eine gefühlte Ewigkeit später kletterten Johann und Wolff zitternd aus dem kalten Wasser und sahen sich um. Sie hatten eine kleine Holzbrücke passiert, das Kastell war nur noch in weiter Ferne auszumachen. Vor ihnen versperrten mannshohe Sträucher die Sicht.
    Sie hatten es geschafft, unbeobachtet vorbeizukommen.
    „Ich muss meine Meinung revidieren, Wolff. Dein strategisches Vorgehen ist nicht zu verachten.“
    Dieser zwinkerte Johann zu, stellte sich breitbeinig vor das nächstbeste Gewächs und verrichtete seine Notdurft. Johann prüfte, ob ihnen am anderen Ufer niemand gefolgt war.
    „Bei der Temperatur hab sogar ich Probleme, ihn zu finden“, scherzte Wolff. „Will nicht wissen –“ Er stockte.
    Johann wandte sich ihm zu und sah den Leutnant regungslos verharren, als wäre er in der Bewegung versteinert.
    „Was ist?“ Johann schritt auf ihn zu, als Wolff langsam die Äste der Sträucher beiseiteschob, dann sah er es auch: Auf der Straße hinter ihnen, die schnurgerade zum Kastell führte, waren an den Bäumen Männer und Frauen jedes Alters aufgehenkt.
    Johann schluckte. An die Gräuel des Krieges würde er sich wohl nie gewöhnen – und das war gut so. Er schritt durch die Sträucher und versuchte, feindliche Soldaten zu erspähen, aber die Straße war menschenleer.
    Johanns Schritte knirschten unnatürlich laut auf dem Schotter der Straße, als er sich dem ersten Baum näherte. Er nahm mehrere tiefe Atemzüge, aber es lag kein Verwesungsgeruch in der Luft.
    Das ist erst ein, höchstens zwei Tage her, dachte er.
    Manche der Gehenkten sahen aus, als würden sie schlafen. Andere hatten Augen und Mund weit aufgerissen, die Gesichter verzerrt, gezeichnet vom Antlitz des Todes.
    Die Leiber schwangen sanft im Wind hin und her, gleich Marionetten, vom Puppenspieler verlassen. Die Äste ächzten unter ihrer Last, Totenvögel waren keine zu sehen. Die Kleidung der Strangulierten war unversehrt, manche trugen ihr Arbeitsgewand. Die Gesichter waren nicht geschwollen oder von Blessuren entstellt.
    Man hat sie also nicht gefoltert, sondern einfach hierhergekarrt. Von einem Moment auf den anderen aus ihrem Leben und in den Tod gerissen.
    Johann sah genauer hin. Allen waren die Hände am Rücken mit grobem Strick zusammengeschnürt. Die Haut um die Handgelenke war aufgewetzt und bläulich verfärbt – wie die

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