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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bist?«
    Als sie gegen mich sank, schüttelte sie beruhigend den Kopf. »Uns wurde nur ein kleines Tablett mit drei Tage alten Feigentörtchen und schlecht gewordenem Traubensaft angeboten. Die Gastfreundschaft des Oberspions basiert nicht auf dem Handbuch des Guten Haushofmeisters … Ich hoffe, du hast diese Mäntel mitgenommen, Marcus.«
    Also war alles in Ordnung mit ihr. Ich half ihr nach oben, wo wir fast noch vollkommen angezogen ins Bett fielen. Mir gelang es gerade noch, mich aus meiner Übertunika zu schälen, wobei ich hoffte, dass sie die von Lentullus verursachten Blutflecken nicht gesehen hatte.
     
    Helena schlief nach mir ein, glaube ich, aber sie war als Erste auf den Beinen. Bis ich aus unserem Schlafzimmer kam, war sie schon in den Bädern gewesen, hatte sich in ein elegantes rotes Gewand gekleidet, mit passenden Granatohrringen, und begonnen, unseren Haushalt zu beruhigen – verängstigte Sklaven, entmutigte Soldaten, niedergeschlagene Kinder, Nux, die herumschlich, als hätte sie was angestellt, und Albia, genauso hundemäßig, die uns trotzig wissen ließ, wie wütend sie war, dass wir die ganze Nacht fortgeblieben waren.
    Ich hatte mir das Gesicht gewaschen und Pantoffeln angezogen. Ich hatte beschlossen, mich nicht zu rasieren oder meine Untertunika zu wechseln. Schließlich war ich hier der Herr im Haus. Ich hatte meinen eigenen Stil. Ich war kein emporgekommener, engstirniger Lakai des Establishments, der nicht gähnen konnte, wenn es ein schwarzer Tag im Kalender war. Die Leute wussten, was sie von mir zu erwarten hatten. Ich weigerte mich, durch allzu formelles Aussehen Beklemmung auszulösen.
    Sobald alle beruhigt worden waren, hatten Helena und ich endlich Gelegenheit, allein ein spätes Frühstück einzunehmen. Nachdem wir gegessen hatten, trugen wir warme Honiggetränke mit hinauf auf unsere Dachterrasse, wo die Chance bestand, ungestört zu bleiben. Ich überprüfte die Halterungen der windzerzausten Kletterrosen, während ich von Justinus und Lentullus berichtete. »Ich habe deinen Bruder angewiesen, bei den Vigiles zu bleiben. Ich hoffe, er macht das. Aber ich habe nicht die Mittel – und auch nicht mehr den Willen –, ihn dazu zu zwingen.«
    »Kann ich ihn besuchen?«
    »Ich kann dich nicht davon abhalten.«
    »Marcus!«
    »Oh, ich möchte nur nicht, dass du siehst, was die Gardisten mit Lentullus angerichtet haben.« Als Helena mich anstarrte, gestand ich: »Ja, der Junge könnte sterben. Er ist inzwischen vielleicht schon tot.«
    Helena trank langsam aus ihrem Becher. »Ist Scythax ein guter Arzt? Sollten wir einen besseren suchen?«
    »Vielleicht höre ich mich mal um, finde raus, ob es einen Spezialisten für Schwertwunden gibt, irgendeinen alten Militärarzt. Ich möchte bei den Vigiles nicht als undankbar erscheinen. Lentullus hätte schon letzte Nacht den Löffel abgegeben, wenn ich nicht an Scythax gedacht hätte.«
    Ich erzählte ihr von dem Vorfall mit dem toten Landstreicher. Helena spitzte die Lippen. Ich merkte ihr an, wie sie es in ihrer Bibliothek der Seltsamkeiten verstaute. Zu irgendeinem Zeitpunkt, wenn dazu eine Verbindung auftauchte, würde sie eine geistige Schriftrolle herausziehen und diese Geschichte zum Besten geben. Jetzt verfielen wir erst mal in Schweigen und nahmen die Merkwürdigkeiten in uns auf.
     
    »Erzähl mir doch mal, was passiert ist, Liebling. Wie ist es mit Anacrites gelaufen?«
    Ich sah, wie Helena ihre Gedanken im Stillen ordnete. »Nun ja, um am Ende zu beginnen, Ganna wurde im Haus der Vestalinnen untergebracht.«
    »Wessen Idee war das denn?«
    Helena lächelte. »Dort ist sie sicher, und die Vestalinnen werden sich um sie kümmern. Ganna hat begriffen, dass über ihr eigenes Schicksal nicht entschieden werden kann, bevor Veleda gefunden wird.«
    »Und wie schmerzhaft war es, zu dieser Lösung zu kommen?«
    Kurz angebunden erwiderte Helena: »Der Mann ist ein Schwein.« Als sie meinen entsetzten Ausdruck sah, griff sie rasch nach meiner Hand. »Oh, Anacrites hat uns nicht angerührt. Nicht so direkt. Er setzt auf geistige Demütigungen. Ich wage zu behaupten, dass er es bei dem Mädchen auch mit körperlicher Misshandlung versucht hätte, wenn ich nicht da gewesen wäre.«
    »Das ist üblich«, bestätigte ich. Ohne dem Spion Anerkennung zu zollen, ich hätte dasselbe getan angesichts eines gerissenen Feindes und getrieben durch Eile. »Noch bevor man anfängt, den Verdächtigen zusammenzuschlagen, entzieht man ihm Essen,

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